Deutsche Bank:Eine Nummer kleiner

Deutsche Bank in Frankfurt am Main

Miserables Geschäftsjahr: Die Zwillingstürme der Deutschen Bank von einer benachbarten Baustelle aus gesehen.

(Foto: dpa)
  • Am Donnerstag legt die Deutsche Bank ihre Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vor - und sie werden vermutlich miserabel ausfallen.
  • Die beiden Co-Chefs Jain und Fitschen haben bisher zu wenig getan, um die Bank neu zu positionieren und bleiben eine klare Strategie weiterhin schuldig.
  • Im Hintergrund laufen sich derweil bereits die potenziellen Nachfolger warm - zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Denn Sticheleien wie gezielte Indiskretionen bremsen den Umbau.

Kommentar von Andrea Rexer

In den vergangenen Jahren war das Muster stets gleich: Es kam ein Skandal der Deutschen Bank ans Licht, die Öffentlichkeit regte sich auf, die beiden Chefs der Bank spielten den Vorfall herunter, warfen das Wort Kulturwandel ein, beschworen den inneren Zusammenhalt in der Bank und beließen sonst alles beim Alten. Doch nun ist ein Punkt erreicht, an dem Jürgen Fitschen und Anshu Jain nicht mehr einfach so weiterwursteln können. An diesem Donnerstag legt die Bank die Zahlen für das vergangene Jahr vor. Aller Voraussicht nach werden es miserable Zahlen sein. Sie sind nur das sichtbarste Zeichen davon, dass eine gravierende Änderung kommen muss.

Wie unzufrieden Aufsichtsratschef Paul Achleitner mit der Leistung der Doppelspitze ist, zeigte sich schon im November, als er den Vorstand umbaute und einen potenziellen Thronfolger installierte: Finanzchef Marcus Schenck tritt erst im kommenden Mai seinen Posten an, gilt aber jetzt schon als klarer Favorit, falls die Doppelspitze das nächste Jahr nicht überleben sollte. Dass sich auch mindestens drei weitere Kandidaten Hoffnung auf einen Karriereaufstieg machen - Privatkundenvorstand Rainer Neske, Strategiechef Stefan Krause und Europachef Stephan Leithner - sorgt für große interne Unruhe. Denn schon jetzt positionieren sich die Nachfolger, das mittlere Management versucht, sich schon jetzt in Stellung zu bringen, weil sich oben der Wind drehen könnte. Kein Wunder also, dass in den vergangenen Wochen haufenweise Indiskretionen an die Öffentlichkeit gelangten. Sie sind Ausdruck des Machtkampfes, der hinter den Kulissen stattfindet.

Den Chefs ist die öffentliche Strategie-Debatte entglitten

So wurde nach außen getragen, dass die Bank ihre Strategie von Grund auf überprüfen will. Keine Denkverbote solle es dabei geben. Sogar der Verkauf der Konzerntochter Postbank wurde öffentlich lanciert. Derartige Unruhe in der Bank gab es zuletzt, als um die Nachfolge von Josef Ackermann gekämpft wurde. Damals waren die jetzigen beiden Co-Vorstandschefs in der Angreiferrolle, jetzt schauen sie hilflos zu, wie ihnen die Debatte um eine dringend notwendige neue Strategie in der Öffentlichkeit entglitten ist. Bisher machten sie kaum mehr als vage Andeutungen, in welche Richtung die Bank marschieren könnte. Das öffnet Spekulationen Tür und Tor. Dass die beiden nun die Debatte darüber zeitlich nach hinten verschoben haben und nicht persönlich zur Jahrespressekonferenz kommen wie bisher, sondern sich hinter Telefonapparaten verstecken, verstärkt den Effekt nur noch überflüssigerweise. Über die Strategie solle erst zu einem unbestimmten Tag X im "zweiten Quartal" gesprochen werden. Führungsstärke demonstriert man so nicht.

Andererseits tun die Chefs gut daran, nicht auf Druck von Indiskretionen aus den eigenen Reihen sich unüberlegt einen neuen Kurs aufdrücken zu lassen. In den vergangenen Jahren hat sich das regulatorische Umfeld gravierend verändert. Beide hatten gehofft, dass die Aufseher am Modell der Universalbank nicht rütteln werden. Doch das Gegenteil ist passiert: International steuern die Regulatoren auf eine Bankenlandschaft zu, die den USA in den 70er-Jahren gleicht - ein Trennbankenmodell. Große Allrounder, die alles können und alles wollen, sind der Politik suspekt. Vor allem sollen Banken nicht mehr länger mit Spareinlagen riskante Investmentbanking-Deals finanzieren. Natürlich kann man darüber streiten, ob diese Vision der Politik das Bankensystem sicherer machen wird. Wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür gibt es nämlich nicht: Die meisten Banken sind in der Geschichte pleitegegangen, weil sie simple Kredite vergeben haben. Ein Geschäft, das sie in einem Trennbankenmodell weiterhin betreiben dürfen.

Der Lobbyismus der Deutsch-Banker hat versagt

Deutsche Bank Führungspersonal

Wer bei der Deutschen Bank inzwischen den Ton angibt ist klar: Aufsichtsratschef Paul Achleitner (Mi.) ist mit der Leistung seiner bei den Top-Angestellten Anshu Jain (li.) und Jürgen Fitschen (re.) unzufrieden.

(Foto: REUTERS)

Jain und Fitschen hatten gehofft, über Lobbyismus etwas erreichen zu können, doch der Kampf ist verloren. Die große Universalbank ist ein Modell von gestern. Heute muss es eine Nummer kleiner sein.

Wie könnte eine neue Deutsche Bank in der neuen regulatorischen Welt aussehen? Das Institut könnte zu seinen Wurzeln zurückkehren und sich als Unternehmerbank präsentieren, mit all jenen Facetten, die dazu notwendig sind. Die klassische Firmenkundenbank gehört ebenso dazu wie der weltweite Zahlungsverkehr und die Beratung von vermögenden Kunden, die ja häufig Manager oder Unternehmensbesitzer sind. Verkleinert werden müssten in dieser Logik das Privatkundengeschäft und das Investmentbanking, das künftig nur mehr auf Unternehmenskunden zugeschnitten werden könnte. Ihre hochfliegenden Träume, zu den fünf größten Banken der Welt zu gehören jedenfalls, müssten Jain und Fitschen damit jedoch schnellstens begraben.

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