Dresden:Rechtsextreme verprügeln Asylbewerber

  • In Dresden haben Unbekannte einen Asylbewerber zusammengeschlagen - und den Hitlergruß gezeigt.
  • Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und die Stiftung Amadeu Antonio haben im vergangenen Jahr 153 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gezählt, davon 35 Brandanschläge.
  • Zudem dokumentierten sie 77 tätliche Angriffe auf Flüchtlinge.
  • Die meisten Vorfälle ereigneten sich in demnach in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Sachsen und Bayern.

Angreifer zeigten Hitlergruß

Ein libyscher Asylbewerber ist am Sonntagabend in der Dresdner Innenstadt von vier Männern zusammengeschlagen worden. Wie die Polizei am Montag mitteilte, ereignete sich der fremdenfeindliche Angriff an einer Straßenbahnhaltestelle. Einer der Tatverdächtigen habe den Hitlergruß gezeigt und "Ausländer raus!" sowie "Deutschland den Deutschen!" gebrüllt. Der Libyer konnte schließlich vor den Angreifern flüchten. Einer der Angreifer warf eine Bierflasche nach ihm. Das Operative Abwehrzentrum Sachsen der Polizei hat die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung übernommen.

Dokumentation: 153 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte

Vor Bekanntwerden dieses jüngsten Falls, hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl gemeinsam mit Amadeu-Antonio-Stiftung einen Bericht über Angriffe gegen Asylbewerber vorgestellt. Demnach gab es 2014 mehr als 75 tätliche Angriffe auf Flüchtlinge und doppelt so viele Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte. Die meisten "rassistisch motivierten Körperverletzungen" seien in Sachsen bekannt geworden. "Es ist katastrophal, dass Menschen, die hier Schutz suchen, rassistische Anschläge und Übergriffe befürchten müssen", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Die beiden Organisationen zählten im vergangenen Jahr 153 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, davon 35 Brandanschläge und 118 Sachbeschädigungen. Zudem dokumentierten sie 77 tätliche Angriffe auf Flüchtlinge und 256 flüchtlingsfeindliche Kundgebungen oder Demonstrationen. Pro Asyl und die Amadeu-Antonio-Stiftung sehen in den Zahlen ein "erschreckend hohes Maß an flüchtlingsfeindlicher Hetze und Gewalt".

Die meisten Anschläge auf Unterkünfte gab es der Erhebung zufolge in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Sachsen und Bayern.

Immer mehr rechte Straftaten gegen Flüchtlingsheime

In Sachsen hat es im Zeitraum 2012 bis November 2014 insgesamt 57 rechtsmotivierte Straftaten gegeben, die im Zusammenhang mit einer Asylunterkunft stehen. 34 der Fälle fanden zwischen Januar und November 2014 statt. Im Jahr 2013 waren es 15 (2012: acht), die Zahl verdoppelt sich also von Jahr zu Jahr.

Dies gilt auch für Gesamt-Deutschland. Schon von 2012 auf das Jahr 2013 vedoppelte sich die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime.

Der Einfluss der Pegida-Demos

Der Mitteilung zufolge berichteten Flüchtlinge und Migranten zudem, dass rassistische Pöbeleien im Zuge der islamkritischen Pegida-Demonstrationen in Dresden "deutlich" zugenommen hätten. Burkhardt warnte davor, "diese Bewegung salonfähig zu machen."

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, warnt: "Wie auch immer sich Pegida offiziell von Rassismus und Gewalt distanzieren mag. Eine Bewegung, die massiv von rassistischen Ressentiments geprägt ist und sich selbst als "Volkes Wille" inszeniert, schafft ein Klima, das rassistische Gewalttäter motiviert, den vermeintlichen "Volkswillen" zu vollstrecken".

Anschläge auf Asylbewerberheime und Flüchtlinge in Bayern

Einen besonders schweren Fall gab es im Dezember 2014 in Bayern. Drei geplante Flüchtlingsunterkünfte in Mittelfranken niedergebrannt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. An einem der benachbarten Gebäude im Ortskern von Vorra (Kreis Nürnberger Land) wurden Hakenkreuze und andere fremdenfeindliche Schmierereien entdeckt.

Im Januar desselben Jahres zündete ein Unbekannter ein Asylbewerberheim in Germering bei München an. Die 60 Bewohner konnten rechtzeitig flüchten. Die Ermittler fahnden nach einem 30 Jahre alten Mann, den zwei Bewohner gesehen haben wollen.

In einem Flüchtlingsheim in Burbach in Nordrhein-Westlfalen quälten und beleidigten Wachleute eines privaten Sicherheitsdienstes die Asylbewerber, zu deren Schutz sie eigentlich da waren. Einer der Beschuldigten hatte ein "Hass"-Tattoo am Hals, ein anderer sich "Ruhm und Ehre" unter die Haut stechen lassen. Sie sollen nachts durch die Flure des Heimes gelaufen sein, auf der Suche nach Streit, "SS-Trupp" wurden sie genannt.

Eine Auflistung aller Vorfälle finden Sie hier.

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