Deutsche Handballer im WM-Viertelfinale:Bereit für 10 000 brüllende Kataris

Qatar 2015 M65 GER vs EGY

Im Viertelfinale: Carsten Lichtlein (vorne) und das deutsche Nationalteam.

(Foto: dpa)

Vielarmiger Lichtlein, leichte Gegenstöße: Deutschland demonstriert bei der Handball-WM Stärke und zieht ins Viertelfinale ein. Dort wartet der Gastgeber: das von den Schiedsrichtern hofierte Katar.

Von Carsten Eberts

Voll war die Lusail Multipurpose Hall in Doha auch im WM-Achtelfinale nicht, viele der weißen Sitzschalen blieben leer. Und trotzdem kann die deutsche Handball-Nationalmannschaft für sich verbuchen, das erste Auswärtsspiel dieser Weltmeisterschaft schadlos überstanden zu haben. Zu Tausenden waren die ägyptischen Handballfreunde ins drei Flugstunden entfernte Katar gereist, um für "eine absolute geile Stimmung in der Halle" zu sorgen, wie Rückraumspieler Paul Drux lobend erwähnte. Genutzt hat den Ägyptern die Überlegenheit freilich nichts, die Deutschen gewannen das WM-Achtelfinale locker 23:16 (12:8) und stehen in der Runde der letzten Acht.

"Wir haben das Spiel schnell in den Griff bekommen", urteilte der stets besonnene Bundestrainer Dagur Sigurdsson, "die Abwehr- und die Torhüterleistung waren sehr, sehr stark." Wieder einmal konnte sich das Team auf Keeper Carsten Lichtlein verlassen, der eine unfassliche Quote von 56 Prozent gehaltener Bälle aufweisen konnte. Lichtlein warf sich in die ägyptischen Würfe, bekam stets irgendwelche Gliedmaßen an den Ball. "Sieben oder acht Arme" habe Lichtlein gehabt, scherzte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. Was kein Scherz war: Irgendwann hatten die Ägypter schlichtweg Angst, sich mit Lichtlein anzulegen.

Doch es war nicht nur der Torwart, der den ungefährdeten Sieg ermöglichte. Innerhalb einer Turnierwoche haben sich in der verjüngten, zu Teilen neu zusammengewürfelten deutschen Mannschaft Automatismen eingestellt, die vor Beginn des Turniers kaum jemand für möglich gehalten hätte. Bekanntlich erreichte Deutschland die WM nur durch eine umstrittene Wildcard.

Im Viertelfinale wartet der Gastgeber

Viele Tore sahen verblüffend einfach aus, etwa Mitte der zweiten Halbzeit, als Stefan Kneer in der Abwehr den Ball an die Finger bekam, das Spielgerät nach vorne in den Lauf von Patrick Groetzki schleuderte. Der wieselte davon, zog die Gegenspieler auf sich, passte im richtigen Moment zu Uwe Gensheimer. Und der? Drehte den Ball einfach um den ägyptischen Torwart herum ins Netz. Schon zur Halbzeit waren es vier Tore Vorsprung, zwischenzeitlich sogar neun, am Ende sieben.

Im Viertelfinale wartet nun Katar, der WM-Gastgeber, und der dürfte etwas schwerer zu knacken sein. "Gegen Katar wird es noch ein bisschen lauter", sagte Drux. "Eine ganz andere Nummer", urteilte auch Gensheimer, "es wird noch einmal ein Auswärtsspiel." Die Halle dürfte dann mit 10.000 brüllenden Kataris erstmals richtig voll werden. Der kühle Kopf, der der Mannschaft dieser Tage so oft bescheinigt wird, ist dann so richtig gefragt. Gegen Katar in dieser Konstellation - nach diversen Einbürgerungen stehen nur noch vier gebürtige Wüstenstaatler im Kader - hat Deutschland ohnehin noch nie gespielt.

Auch die Schiedsrichter sind ein Faktor

Dass es dann auch auf die Schiedsrichter ankommt, muss der Vollständigkeit halber leider erwähnt werden. Denn es ist nicht so, als wären die Referees bei den bisherigen Auftritten Katars kein Faktor gewesen. Bitterböse hatten sich die unterlegenen Österreicher nach dem Achtelfinale beschwert, es sei unmöglich gewesen, einen Angriff abzuschließen - weil in der Schlussphase ohnehin jede Offensivaktion als Stürmerfoul abgepfiffen wurde. "Ich glaube, Katar wird Weltmeister", sagte Österreichs Teamchef Patrekur Johanesson süffisant. Das würde auch einen Viertelfinalsieg gegen Deutschland bedeuten, auch wenn das DHB-Team aktuell deutlich stärker einzuschätzen ist als der Nachbar aus der Alpenrepublik.

Am Montagabend in Doha war für solch unangenehme Randaspekte noch keine Zeit. Die Deutschen ließen den Tag bei katarischer Küche im Restaurant "Al Murjan" ausklingen. Alle waren hochzufrieden, Vizepräsident Hanning verteilte fröhlich die Getränke. So durfte Lichtlein, der Torhüter, nach seiner starken Leistung "ein Getränk mehr haben".

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