Zerfall der Bewegung:Aus Pegida entstehen freie Radikale

Nach Oertels Rücktritt fehlt Pegida eine mäßigende Stimme. Die Bewegung ist kopflos - und wird noch extremer als bisher.

Kommentar von Ulrike Nimz

Schon lange hatte die Chemie nicht mehr gestimmt bei Pegida. Nun ist nach Lutz Bachmann auch Kathrin Oertel zurückgetreten. Die islamfeindliche Bewegung hat damit innerhalb weniger Tage Stimme und Gesicht verloren. Doch schon jetzt vom Ende zu sprechen, wäre verfrüht.

Das Ringen um die ideologische Ausrichtung von Pegida hat bereits vor Wochen begonnen, und es ist noch nicht beendet. Hatte Oertel zunächst versucht, sich von extremen Positionen in den eigenen Reihen loszusagen, könnte nun nach ihrem Weggang eine mäßigende Stimme fehlen. Pegida ist im Sinne des Wortes kopflos.

Viele der "besorgten, ganz normalen Menschen", von Politikern jüngst mit Dialogangeboten verwöhnt, werden sich abwenden, abgeschreckt von den inneren Querelen. Einer Bewegung, die auch davon lebt, dass sie Menschen in dem Glauben zusammenbringt, im Besitz der einzigen, unbequemen Wahrheit zu sein, stehen offene Streitigkeiten nicht gut zu Gesicht. Und wer ist schon gern in der Nähe, wenn etwas vermeintlich Großes in sich zusammenstürzt?

Übrig bleiben jene, die Hass und Fremdenfeindlichkeit ohnehin seit Jahren auf die Straße tragen. Um den 13. Februar wollen in Dresden wieder Neonazis der Opfer der Bombardierung Dresdens gedenken. Politik und Biochemie sind sich bisweilen nicht ganz unähnlich: Wo Dinge zerfallen, entstehen freie Radikale.

© SZ vom 29.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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