Treffen der EU-Innenminister:Mit Massenüberwachung gegen den Terror

  • Drei Wochen nach den islamistischen Anschlägen in Paris beraten die EU-Innenminister über Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus.
  • Die EU setzt auf eine bessere Überwachung an den Grenzen. Die Fahnder sollen künftig potenzielle Dschihadisten mit europäischem Pass leichter an der Ein- und Ausreise hindern können.
  • Deutschlands Innenminister de Maizière fordert eine Selbstverpflichtung großer sozialer Netzwerke wie Google, Twitter und Facebook, brutale Inhalte zu löschen.

EU verstärkt die Überwachung der Grenzen

Die EU setzt im Kampf gegen den Terrorismus auf eine bessere Überwachung der Grenzen und Maßnahmen im Internet. Fahnder können künftig potenzielle Dschihadisten mit europäischem Pass leichter an der Ein- und Ausreise an den Außengrenzen der EU hindern. Die EU-Kommission beschloss entsprechende Änderungen an der europaweiten Fahndungsdatenbank "Schengener Informationssystem SIS". Vermehrte Kontrollen und ein schnellerer Datenaustausch über Terrorverdächtige sei nun möglich, teilte die EU-Behörde in Brüssel mit.

Terrorfahnder könnten dann die Pässe von Verdächtigen noch an der Grenze entwerten und diese festnehmen. Auf diese Weise wollen die EU-Staaten gewaltbereite Europäer, die sich etwa der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien anschließen wollen, am Reisen hindern. "Wir müssen Informationen zusammentragen, um Verdächtige zu entdecken und Terroranschläge zu vereiteln", mahnte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos bei einem Treffen der EU-Innenminister in Riga.

Anlasslose Speicherung von Fluggastdaten

Die Geheimdienste sollen mehr Informationen über potenzielle Dschihadisten austauschen. Die EU-Staaten wollen zudem die Daten von Flugpassagieren ohne Anlass speichern, um sie Fahndern zugänglich zu machen (PNR). EU-Kommissar Avramopoulos sagte, das Abkommen über den Austausch dieser Daten - wie Name, Kreditkarte und Speisewünsche - müsse rasch beschlossen werden. Das Europaparlament blockiert bislang den Vorschlag für ein europäisches Fluggastdatensystem.

Um einreisende Terroristen aufzuspüren, arbeiten Europa und die USA zusammen. Seit 2012 erhalten die USA auf Basis des PNR-Abkommens die Daten von EU-Passagieren auf Flügen in die USA. Dazu gehören Name, Adresse, Sitzplatz- und Kreditkartennummer von Passagieren aus Europa. Ähnliche Abkommen hat die EU mit Kanada und Australien. Strittig ist noch, wie Europa mit diesen Daten umgeht.

Google, Facebook und Twitter sollen brutale Inhalte löschen

Bei dem Treffen vereinbarten die Minister zudem, mehr zu tun, um die Radikalisierung von jungen Europäern zu verhindern. Dies soll in Kooperation mit großen Internetanbietern wie Google, Facebook oder Twitter erfolgen. De Maizière sagte: "Wir wollen in engen Kontakten mit den großen Anbietern dafür sorgen, dass sie freiwillig einen Teil von wirklichen Brutalitäten aus dem Netz nehmen."

De Maizière sprach sich ähnlich wie im Kampf gegen Kinderpornografie für eine Selbstverpflichtung der Unternehmen aus: "Wir können das nicht gesetzlich verbieten." Dass nach dem Anschlag von Paris Videos mit Erschießungsszenen von Polizisten nach Aufforderung aus dem Netz genommen wurden, seien "gute und wichtige Zeichen".

Handlungsbedarf sah de Maizière auch im Bereich der Verschlüsselung, über die Verdächtige etwa in E-Mails kommunizieren können, ohne dass die Sicherheitsbehörden mitlesen können. Auch hier dürfe der Rechtsstaat "nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte haben als außerhalb des Internets", sagte er. Belgiens Innenminister Jan Jambon sagte, man müsse "frühzeitig dschihadistische und terroristische Botschaften erkennen und sie dann aus dem Internet entfernen".

Der EU-Anti-Terror-Koordinator Gilles de Kerchove möchte zudem die europäische Polizeibehörde Europol einsetzen, um illegale Inhalte wirksamer aus dem Netz zu nehmen. Der Anti-Terror-Kampf wird auch Thema beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 12. Februar in Brüssel sein.

Überwachungsmaßnahmen konnten Anschläge von Paris nicht verhindern

Bei Terroranschlägen in Paris waren Anfang Januar 17 Menschen getötet worden. Allerdings fand die Radikalisierung der Brüder Kouachi und von Amedy Coulibaly nicht über das Internet statt, vielmehr über Kontakt zu islamistischen Predigern. Auch existieren in Frankreich seit Jahren eine ganze Reihe an Überwachungsmaßnahmen, darunter die umstrittene Vorratsdatenspeicherung.

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