Taktik des BVB:Klopp pokert im Mittelfeld

Borussia Dortmund - La Manga Training Camp Day 4

Anweisungen, an einen seiner Wichtigsten: BVB-Coach Klopp mit Ilkay Gündogan.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Vieles lief schief in Dortmund, in der Rückrunde soll nun alles besser werden: Vor dem Spiel in Leverkusen stellt sich die Frage, wie Trainer Jürgen Klopp sein Team taktisch verändert. Möglich ist eine Variante mit Sahin und Gündogan - die birgt jedoch Risiken.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Große Teile der Fußballrepublik vertreten die Überzeugung, dass es für den BVB in der Rückrunde dieser Bundesligasaison nur eine Richtung geben kann: nach oben. Viel zu gut besetzt sei dieser mit Millionensummen zusammengestellte Kader und viel weiter nach unten kann es ja nun mal nicht gehen. In Dortmund selbst reagieren sie allerdings allergisch auf all die Schulterklopfer. So hat Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sämtliches Gerede vom internationalen Geschäft auf den Index verbannt: "Wer sich heute noch mit Europa beschäftigt, ist ein Gegner von Borussia Dortmund."

Wieviel lief eigentlich schief?

Um aus dem Keller zu kommen, müssen sie in Dortmund einiges gerade rücken, selbst wenn Trainer Jürgen Klopp während des Trainingslagers im spanischen La Manga noch mit der merkwürdigen Einschätzung überraschte, "wir haben nicht viele Fehler gemacht". Eine Aussage, die angesichts des kolossalen Absturzes für Kopfschütteln sorgte. Prompt widersprach Sportdirektor Michael Zorc: "Nein, das können wir wirklich nicht sagen als Tabellen-17. Es lief einiges schief."

Zuletzt war das kurz vor Weihnachten beim deprimierenden Auftritt in Bremen zu erleben, als die Abstände zwischen den Linien bei der Borussia so groß waren, dass Werder leichtes Spiel hatte. Begründet wurden solche Missstände beim BVB vor allem mit der fehlenden Fitness einer Mannschaft, die aufgrund der WM zu wenig Vorbereitung hatte - zudem plagten das Team Verletzungen. Klopp glaubt nun an den Aufschwung, weil "die Mannschaft physisch jetzt in einem ganz anderen Zustand ist als vor der Saison". Eine Überzeugung, die auch Nuri Sahin vertritt. Der türkische Nationalspieler hat beobachtet, "dass wir körperlich extrem weit und gut vorbereitet sind".

Dortmund glaubt an die Fitness

Das wird auch nötig sein, um wieder mehr von dem auf den Platz zu bringen, was die Borussia in Europa so bekannt machte: Powerfußball, aggressives Anlaufen des Gegners und überfallartiges Umschaltspiel nach Ballgewinnen. Das alles ist nur möglich mit einem Personal, das bei 100 Prozent ist.

Doch nicht nur an der Fitness hat es in der ersten Saisonhälfte gemangelt: Ständig sorgten wechselnde personelle und taktische Ausrichtungen dafür, dass die Sicherheit abhanden kam. Die Probleme prasselten mitunter von außen herein, teilweise war man aber auch selbst schuld: 4:1:4:1, 4:3:3 oder auch ein 4:4:2 mit einer Raute im Mittelfeld und zwei Stürmern: In Dortmund gab es zuletzt viele Aufstellungen zu bewundern - eine Linie gab es nicht.

Warum Gündogan und Sahin ein Risiko sind

Nun wird Klopp zurückkehren zu den Basics: 4:2:3:1. Und das, obwohl zwei Stammkräfte für die Planstelle des defensiven Abräumers vor der Viererkette ausfallen: Sebastian Kehl und Sven Bender können ihre Zweikampfqualitäten derzeit verletzungsbedingt nicht zeigen. Stattdessen könnte Klopp mit Ilkay Gündogan und Nuri Sahin auf die spielerische Variante setzen, falls sich der angeschlagene Gündogan rechtzeitig spielfähig meldet. Statt der Doppel-Sechs hätte der BVB damit quasi eine Doppel-Acht: Zwei kreative Kräfte hinter den drei offensiven Mittelfeldspielern.

Diese Option hat den Vorteil, dass es in der Spieleröffnung wesentlich mehr Möglichkeiten gäbe. Ein wichtiger Aspekt, denn die gefürchteten langen Bälle von Mats Hummels landeten zuletzt oft im Niemandsland. Der Weltmeister war nicht fit und sah sich häufig nach der Balleroberung frühzeitig in der eigenen Hälfte vom Gegner zugestellt.

Lücken in der Rückwärtsbewegung

Eine Grundformation mit Gündogan und Sahin beinhaltet allerdings das Wagnis, in der Rückwärtsbewegung Lücken zu öffnen. Das aggressive Tackling und das resolute Zulaufen von Räumen gehören nun mal nicht zu den größten Stärken der Nationalspieler. Insofern wäre diese taktische Grundausrichtung mutig, doch Klopp ist ein vergleichbares Risiko schon öfters eingegangen.

Bliebe noch Marco Reus, auf den sie bei der Borussia die größten Hoffnungen setzen. Er wird in der offensiven Dreierkette wohl auf einer der Außenpositionen zum Zug kommen, weil er dort seine Schnelligkeit und seine Stärken im Spiel Eins-gegen-Eins am besten ausspielen kann. Übrigens: An seiner Seite könnte neben Neuzugang Kevin Kampl auch Henrikh Mkhitaryan auflaufen, auch wenn der glücklose Armenier zum Sinnbild der Dortmunder Krise geworden ist. Schwamm drüber, meint Sportdirektor Michael Zorc: "Mit ihm ist deutlich mehr Leichtfüßigkeit in unserem Spiel."

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