Finale der Handball-WM:Triumph des alten Europa

Frankreich gewinnt das Finale der Handball-WM gegen Gastgeber Katar und ist jetzt Rekordweltmeister. Der Weltverband vermeldet Rekorde - Kritik an Schiedsrichtern oder leeren Hallen ist unerwünscht.

Von Joachim Mölter, Doha

Am Schluss gab es noch einen netten Plausch zwischen Danijel Saric und Nikola Karabatic auf dem Spielfeld, zwischen dem katarischen Torwart und dem französischen Torjäger, beide mit Wurzeln auf dem Balkan, beide einst Teamgefährten beim FC Barcelona und an diesem Sonntagabend die jeweils besten Spieler ihrer Mannschaft im Finale der Handball-WM von Doha. Der eine mit 14 abgewehrten Würfen, der andere mit fünf erzielten Toren.

Aber gewonnen hatten die Franzosen, 25:22 (14:11), also tätschelte Saric seinen Gegenüber Karabatic liebevoll am Kopf und beglückwünschte ihn zum Titelgewinn, dem mittlerweile fünften für Frankreich nach 1995, 2001, 2009 und 2011. Damit sind die Franzosen alleiniger Rekord-Weltmeister; Schweden und Rumänien haben je viermal den Titel geholt.

Es war in jedem Fall klar, dass es ein historischer Abend werden würde für den Welt-Handball. Hätten die Franzosen, die seit 20 Jahren kein Finale verloren haben, das sie erreicht hatten, nun in Doha den Kürzeren gezogen, hätte das bedeutet, dass erstmals in der Geschichte des Handballs ein außereuropäisches Land einen globalen Titel bekommen hätte. Für die alten europäischen Handball-Großmächte eine bis dato unvorstellbare Situation. Der Aufstieg Katars an die Weltspitze kommt ihnen daher etwas unheimlich vor.

Aber bei diesem Turnier in Doha hat sich eben einiges verschoben. So war etwa für den Sonntagmittag die traditionelle Abschluss-Pressekonferenz anberaumt worden, als Teilnehmer waren aber zunächst nur angekündigt: Scheich Joaan Bin Hamad Bin Khalifa Al-Thani, der Präsident des Organisationskomitees; Ahmed Mohammed Al-Shaabi, der Präsident des katarischen Handball-Verbandes; Thani Abdulrahman Al-Kuwari, der Generaldirektor des Organisationskomitees. Erst kurzfristig wurde die Liste ergänzt um Hassan Moustafa, den Präsidenten des Weltverbandes IHF, und Miguel Roca, seinen Vizepräsidenten.

Die Episode zeigt, wer bei diesem Turnier in Katars Hauptstadt das Sagen hatte - nicht die IHF. Hassan Moustafa durfte nur vordergründig auf der Bühne das große Wort führen, beaufsichtigt von den neben ihm sitzenden Einheimischen verlas er die üblichen Rekordzahlen. Als da sind: Fernsehübertragungen in 177 Länder, fast dreimal so viele wie vor zehn Jahren (66), fast eine Milliarde Zuschauer weltweit. "Wir sind auf dem richtigen Weg, um unseren Sport auch außerhalb Europas bekannt zu machen", resümierte Moustafa.

"Handball ist ein sauberer Sport"

Dazu passte ihm, dass nicht nur erstmals ein außereuropäisches Team das Endspiel erreicht hatte, sondern dass bereits im Achtelfinale die Zahl der außereuropäischen Teilnehmer gestiegen ist im Vergleich zu 2013, von zwei auf fünf. Dass es auch schon mal mehr waren (nämlich sechs im Jahr 1999), verschwieg er ebenso diskret wie die Zuschauerzahlen in Doha.

Nur wenn Katars Mannschaft spielte, war die Halle voll; bei anderen Partien schauten oft nur ein paar Hundert Leute zu. Dafür gab Moustafa stolz eine weitere Höchstleistung bekannt: 125 Doping-Proben wurden genommen, alle waren negativ. Das veranlasste ihn zu der kühnen Behauptung: "Handball ist ein sauberer Sport."

Das haben viele Beobachter in Katar anders gesehen, nicht nur bezogen auf mögliche Leistungsmanipulationen. Doch den Vorwurf, die Schiedsrichter hätten die gastgebende Mannschaft auf deren Weg ins Finale bevorzugt, wies IHF-Vizepräsident Roca zurück: "Es sind die besten Gespanne hier, aber auch die machen Fehler. Es sind auch nur Menschen." Die Endspiel-Schiedsrichter Novotny/Horacek aus Tschechien wollten offenbar von Beginn an Zweifel an ihrer Integrität zerstreuen; sie verhängten bereits in der ersten Viertelstunde drei Zeitstrafen gegen Katar.

Katars Team war in aller Welt zusammengekauft worden, aber das ist im Handball regelkonform

Auch im weiteren Verlauf ließen sie dem Asienmeister weniger durchgehen als in der vorherigen K.o.-Rundenspielen. Die Franzosen taten sich trotzdem schwer, nach einer scheinbar beruhigenden 13:7-Führung (23.) ließen sie Katar mehrmals bis auf ein Tor herankommen, auf 14:13 (32.), 18:17 (40.), 20:19 (45.), ehe sie sich dank ihrer größeren Routine absetzten.

Katars Mannschaft war ja eigens für dieses Turnier zusammengewürfelt worden mit sehr viel Geld. Doch die Kritik an dieser Praxis hatte IHF-Präsident Moustafa bereits am Nachmittag beiseite gewischt. Auf die Frage, ob er etwas gegen den im Handball sehr leichten Wechsel der Nationalität unternehmen wolle, der es Katar ermöglicht hatte, zwölf Spieler aus aller Welt für seine 16 Mann umfassende WM-Auswahl zu engagieren, antwortete er: "Das ist eine Entscheidung des Kongresses, die wir zu respektieren haben. Und diese Entscheidung treffen alle 200 IHF-Mitglieder, nicht nur Katar. Katar hat bloß die Möglichkeiten genutzt, die das Regelwerk bietet."

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