15 Jahre Payback:Tausche Privatsphäre gegen Häkel-Set

Bundesgerichtshof berät über Datenschutz bei Payback-Systemen

Seit 15 Jahren sammelt Loyalty Partner, das Unternehmen hinter der Payback-Karte, Kundendaten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Zum Geburtstag des Datensammlers Payback wird abgerechnet. Die gesammelten Datenmassen stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Konsumenten.

Kommentar von Hanna Maier

Nur die Paybackkarte vorzeigen und schon ist der Wocheneinkauf zwanzig Cent billiger. Das klingt, als habe jemand die Supermärkte ausgetrickst und verteile nun Geld an alle, die klug genug sind zu sparen. Ist aber nicht so. Denn natürlich zahlt jeder für die paar Cent Ersparnis - nur eben nicht mit Geld, sondern mit etwas viel Wertvollerem: Mit seiner Privatsphäre.

Eigentlich müssten die Konsumenten die machtvolle Partei in der Dreiecksbeziehung zwischen Kunden, Datensammlern und Unternehmen sein. Denn sie sind die Besitzer eines unfassbar begehrten Beinahe-Rohstoffs: ihre Bedürfnisse, die in Daten codiert wurden. Und Bedürfnisse sind das Gold des Einzelhandels.

Es klingt nur wie ein Geschenk

Der Drang der Payback-Nutzer zu sparen, wird knallhart ausgenutzt. Für jeden Euro, den die Kunden auf ihre Bonus-Karte buchen lassen, bekommen sie Punkte gutgeschrieben. Es winken Prämien und minimale Rabatte auf Einkäufe. Für 2099 gesammelte Punkte winkt beispielsweise ein Häkel-Set. Wert im Einzelhandel: 12,99 Euro.

Das klingt, als sei es ein Geschenk. Eine nette Geste, der Konzerne, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Wer nur zwei Sekunden darüber nachdenkt, dem ist aber klar: Die Leute von Payback, das sind keine Robin Hoods.*

Doch scheinbar ist die Angst vor einer Rabattverweigerung größer, als die vor Datenkraken. Die etwa 20 Millionen Deutschen mit einem Payback-Konto legen für Häkel-Sets, Messerblöcke und Einkaufstaschen alle ihren privaten Daten offen. Je öfter die Kundennummer gescannt wird, desto schärfer umrissen ist das Bild des Konsumenten. Wo wurde was und wie viel davon gekauft? Welche Produkte könnten diesen Kunden in Zukunft interessieren? Und vor allem: Wie häufig können die Daten dieses Kunden weitergegeben werden? Verbraucherschützer kritisieren, dass es für Kunden aufwändig ist, der Weitergabe ihrer Daten zu widersprechen. Heißt: Wer die Geschäftsbedingungen unterschreibt, willigt ein, keinen Einfluss mehr darauf zu haben, wer alles von der letzten Shoppingtour erfährt. Payback erwidert, dass der Karteninhaber "jederzeit die Kontrolle" über die Datenweitergabe habe.*

Payback-Kunden sind wie Hänsel und Gretel

Payback-Kunden verhalten sich damit wie Hänsel und Gretel. Im Konsumwald lassen sie auf dem Weg zum Pfefferkuchenhaus hinter sich aber keine Brotkrumen, sondern Daten-Pakete fallen. Payback und seine Partner sind die Krähen, die das Brot auffressen. Sie verfolgen die Spur genau, registrieren alle großen und kleinen Schritte und jeden Parameter.

Sie tun das, weil es sich lohnt. Der Handel mit Daten ist offenbar so lukrativ, dass das Münchner Unternehmen von der US-Kreditkartenfirma American Express übernommen wurde. Das riecht schwer nach der Hoffnung, europäische Kunden- und Datenschutzrechte ließen sich im Zuge der Globalisierung aufweichen. Payback beteuert, alle Daten nach deutschem Recht zu speichern.*

Schutz ist kaum möglich

Natürlich ist Payback nicht allein im Datenhandel. Wer Online bei Amazon einkauft, Apple-Produkte und Google verwendet oder Facebook nutzt, verschenkt sich genauso. Sie alle sind Krähen, die um unsere Brotkrumen kämpfen. Bisher hilft noch nicht viel dagegen. Kunden können fast nur durch Passivität und Verweigerung ihre privaten Daten für sich behalten - oder indem sie sich besonders aktiv schützen. Beides erfordert aber ein Bewusstsein dafür, dass Häkel-Sets und andere "Geschenke" eben nicht mehr wert sind, als die eigene Privatsphäre.

Statt also auf das nächste Prozent Rabatt zu hoffen, sollten Kunden auf Vergleichsportalen die wahren Preisvorteile suchen. Oder online ihr soziales Netzwerk wechseln. Oder Verschlüsselungscodes für ihre Mails einrichten. Das ist alles kompliziert? Natürlich - schließlich sollen es Konsumenten nicht leicht haben, ihre Daten für sich zu behalten.

Die Konzerne sind sogar schon so weit, dass es mittlerweile Portale gibt, auf denen man seine Daten freiwillig verkaufen kann. Damit die Werbung personalisiert werden kann, heißt es. Die Krähen fliegen Hänsel und Gretel eben nicht mehr nur hinterher - wenn die es erlauben, lassen sie sich von ihnen tragen.

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Payback verkaufe die gesammelten Daten weiter - also potenziell auch an Firmen außerhalb des Payback-Netzwerks. Dies ist aber nicht der Fall. Wir haben den entsprechenden Satz entfernt. Das Unternehmen hinter Payback, Loyalty Partner, macht zudem nicht 15,2 Milliarden Euro Umsatz; die Zahl bezieht sich auf den Umsatz aller Einkäufe, die im Jahr 2011 mit einer Payback-Karte registriert wurden (PDF). Desweiteren haben wir diesen Satz gestrichen: "Vor allem aber riecht das danach, dass diese Massen an Käuferdaten nicht in Europa bleibt." Payback betont, dass die Daten in Deutschland gespeichert werden.

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