"Quizduell" im Ersten:Die App funktioniert - ein knappes Jahr zu spät

ARD-Show startet die Ratesendung Quizduell mit Jörg Pilawa

Beweist Selbstironie: Quizduell-Moderator Jörg Pilawa

(Foto: Uwe Ernst/ARD)

Wetten, dass es wieder nicht klappt? Moderator Jörg Pilawa hat die Herausforderung von Oliver Pocher angenommen. Tatsächlich gibt es bei der Neuauflage des "Quizduells" keine Probleme: Endlich ist die App im Fernsehen angekommen. Doch für Jugendlichkeit sorgt etwas anderes.

TV-Kritik von Elisa Britzelmeier

Dass es ein Kampf wird, ist von Anfang an klar. Moderator Jörg Pilawa macht das schon mit seinem Outfit deutlich: Im Boxermantel kommt er ins Studio. Er ist angetreten, sich selbst, seine Sendung, die ARD, ja die Zukunft des Fernsehens überhaupt zu verteidigen. Pilawa versucht es noch einmal: Die Verbindung von Smartphone und Sofa, von Internet und Fernsehen, vielleicht auch von Jung und Alt. Pilawa versucht den Neustart von "Quizduell".

Herausgefordert hat ihn Oliver Pocher, ebenfalls im Boxer-Outfit. Im Mai vergangenes Jahr war der erste Anlauf, die erfolgreiche App ins Fernsehen zu bringen, gründlich daneben gegangen. Vier Studiokandidaten gegen potenzielle 16 Millionen Quiz-Spieler am Smartphone, das war die innovative Idee. Doch ein Hackerangriff und lahmgelegte Server machten die Sendung eher zum Gegenstand von Spott und Häme als zu einem Meilenstein der Zuschauer-Beteiligung im Fernsehen.

Bereits im Vorfeld warb der Sender überraschend selbstironisch: In einem Trailer verspricht Jörg Pilawa, dass diesmal alles pannenfrei bleiben werde - und schon fliegen die Scheinwerfer von der Studiodecke, raucht und kracht es, Feuerwehrmänner rennen schreiend durchs Bild. "Aber die App, die funktioniert", verkündet Pilawa und strahlt vor dem Chaos im Hintergrund wie eh und je.

Derlei Pannen sind für einen Berufs-Witzbold wie Pocher natürlich willkommen. Er fühlte sich dazu berufen, Pilawa zu einer Wette herauszufordern: Wetten, dass es wieder nicht klappt? Pilawa hielt bereitwillig dagegen: "Ich behaupte, dass die Quizduell-App in meiner ersten Sendung am 2. Februar 2015 reibungslos funktioniert" - das war vorab auf der Homepage seiner Sendung zu lesen.

Die App läuft

Die ARD nutzt die Vorschuss-Aufmerksamkeit und lässt die Zuschauer online entscheiden: Wer verliert, muss sich in der nächsten Sendung live die Haare färben lassen, von Promi-Friseur Udo Walz. Und so macht Pilawa die ohnehin im Raum stehende Frage - Klappt's mit der Technik? - zum Mittelpunkt seiner Show.

Um es gleich vorwegzunehmen: An diesem Montagabend läuft die App tatsächlich. Mehr als 100 000 Nutzer spielen daheim mit, gibt das Erste bekannt. Als "Team Deutschland" treten sie gegen das Studio-Team an.

Einige User melden zwar Probleme, doch im Großen und Ganzen scheinen die Programmierer des Ersten alles im Griff zu haben. Man hat vorgesorgt, mit mehrfachen Testrunden, einer komplett neuen App und einem überarbeiteten Sendungskonzept. Statt vier stehen nun zwei Kandidaten bei Pilawa im Studio. Ganz so, wie es der ARD-Vorabend-Zuschauer aus "Das Quiz" (ebenfalls mit Jörg Pilawa) schon kennt. In dieser Ausgabe sind es Doris Schmidts, 26, die mal Miss Germany war und jetzt was mit Marketing macht, und ihre beste Freundin Sabine Langendorf, 52, Architektin. Die beiden sind als "Team Red Ladies" angetreten.

Zwischendrin facht Pilawa die Spannung immer wieder an - was wird nur aus der Wette? Als sein Monitor ausfällt, wird Pilawa dramatisch: "Jetzt erleben wir gleich wieder den Super-GAU hier!" Der Super-GAU bleibt aus, das Spiel geht weiter, Team Deutschland punktet. Am Ende erklärt Pilawa seine Wette für gewonnen. Pocher wird sich die Haare färben lassen müssen. Pilawa kann seinen Wetten-Dass-Moment genießen, sein T-Shirt mit der flotten Aufschrift "Wetten App" kommt zur vollen Geltung und er ähnelt noch ein bisschen mehr Markus Lanz.

Was will die ARD mit dieser Sendung?

Doch was will die ARD überhaupt mit dieser Sendung erreichen? Eine App ins Fernsehen zu bringen, das sollte ja in erster Linie der Versuch sein, das junge Publikum für sich zu begeistern. Die Leute, für die es fast selbstverständlich ist, beim Fernsehen den Second Screen - also Smartphone oder Tablet - in der Hand zu halten. Oder die sich ohnehin schon längst vom Fernsehen verabschiedet haben und nur noch Internet-Streams schauen. "Dringend notwendig" für die Fernsehsender nennen Forscher wie der Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität derartige Second-Screen-Versuche.

Quizduell schien besonders geeignet. Schließlich war das ja mal eine der erfolgreichsten Apps in Deutschland. Freundschaften drohten darüber zu zerbrechen, Vorlesungen und Meetings fanden nur noch mit verminderter Aufmerksamkeit statt, und der ein oder andere Quizduell-Daddler war so vertieft, dass er gefährlich nahe an der Bahnsteigkante gesichtet wurde. Doch das ist lang her - gefühlt hatte die Begeisterung für die App vor einem Jahr ihren Höhepunkt erreicht. Und ihn eigentlich schon beim ersten TV-Versuch im Mai überschritten.

Inzwischen dürften die meisten begeisterten Quizduell-Spieler von damals die App längst gelöscht haben - und ausgerechnet da kommt das Erste mit einer Neuauflage der Fernsehsendung daher. Dass alles schon ein wenig abgestanden schmeckt, spürt man trotz aller beschworenen Spannung die ganze Sendung über. Im Studio sorgt in erster Linie die 26-jährige Kandidatin Schmidts für die gewollte Frische und Jugendlichkeit.

Die meisten Zuschauer sehen nicht unbedingt so aus, als würden sie sonst ununterbrochen am Smartphone hängen. Zwischendrin erklärt Pilawa nochmal, was dieses Quizduell eigentlich ist ("Das ist halt so eine App, die man auf seinem Telefon spielen kann gegen andere Menschen"). Aha. Dann sagt er, die Zuschauer daheim könnten nun die nächste Kategorie wählen - doch auf dem Smartphone ist das zu diesem Zeitpunkt längst passiert. Das Internet ist eben schneller als das Fernsehen.

Es gibt weitere Trailer, mit denen das Erste für Quizduell wirbt, kleine Animationsfilme, auch sie sind witzig gemeint. Ein bärtiger Herr im Jogginganzug spaziert darin herum, potenzieller Quizduell-Zuschauer und Mitspieler, aber nicht gerade das hellste Köpfchen. In einem Filmchen möchte er "Teil eines richtigen Teams" sein, statt immer nur allein die Videospiel-Drachen zu besiegen. In einem anderen wünscht er sich eine sinnvolle Betätigung werktags ab 18 Uhr. "Da haben wir was für Sie! Auf dem Sofa sitzen, Fernsehen kucken und dabei auch noch mit dem Smartphone daddeln", preist die Sprecherstimme aus dem Off an. Der Jogginganzugträger ist verblüfft. "Ja ist denn das möglich? Geht denn das überhaupt?" Geht schon. Aber will man das überhaupt?

Quizduell, Montag bis Freitag, 18 Uhr bis 18.50 Uhr, ARD.

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