Abgabe auf Brennelemente:Schlappe für Atomkonzerne

Ein Mitarbeiter des Kernkraftwerks Krümmel bei Geesthacht während Wartungsarbeiten neben dem Brennelemente-Lagerbecken und dem Flutraum mit dem geöffneten Reaktor.

Steuer auf Brennelemente: Ein Mitarbeiter des Kernkraftwerks Krümmel neben dem Brennelemente-Lagerbecken

(Foto: dpa)
  • Der Generalanwalt des EuGH hält die Brennelementesteuer für rechtmäßig.
  • Deutsche AKW-Betreiber müssen für ihre Brennelemente Steuern zahlen.
  • Die Konzerne wehren sich heftig gegen die milliardenschwere Belastung.
  • Der EuGH hat noch nicht geurteilt, die Einschätzung des Generalanwaltes gilt aber als richtungsweisend.

Analyse von Markus Balser, Berlin

Das Plädoyer des EuGH-Generalanwaltes

Deutschlands größte Energiekonzerne haben bei ihren Klagen gegen die Atombrennstoffsteuer eine schwere Schlappe erlitten. Die seit 2011 erhobene Abgabe des Bundes verstoße nicht gegen EU-Recht, erklärte Generalanwalt Maciej Szpunar vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die entsprechenden EU-Richtlinien stünden einer solchen Steuer nicht entgegen.

Damit sinken die Chancen der AKW-Betreiber auf Milliarden-Rückzahlungen des Staates. Deutschlands AKW-Betreiber gehen in mehreren Verfahren gegen die Zahlung vor, weil sie die Steuer für nicht rechtens halten. Geklagt haben die größten deutschen Energieversorger Eon, RWE und EnBW.

Die Einschätzung des Generalanwalts ist für das zwar Gericht nicht bindend. Sie gilt aber als Vorentscheidung für das Urteil des EuGH, das bis zum Sommer erwartet wird. Denn meist folgt das Gericht seiner Einschätzung. Im konkreten Fall muss der EuGH über die Rechtmäßigkeit der Brennelementesteuer für das Atomkraftwerk Emsland bei Lingen entscheiden, das RWE und Eon gemeinsam betreiben.

Die Klage der Konzerne

Geklagt hatte die Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH, weil sie etwa 154 Millionen Euro Kernbrennstoffsteuer zu zahlen hatte. Das Finanzgericht Hamburg legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Dass diese zusätzliche Steuer nur von AKW-Betreibern erhoben werde, sei "keine staatliche Beihilfe" für andere Arten der Stromerzeugung, heiß es in den Schlussanträgen des Generalanwalts, der die Klage damit zurückweist. Das Urteil hätte Bedeutung für alle noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland.

Um die Brennelementesteuer liefern sich Bundesregierung und AKW-Betreiber seit Jahren einen erbitterten Rechtsstreit. Denn für beide Seiten geht es dabei um viel Geld. Seit Anfang 2011 müssen die Konzerne für jedes Gramm Kernbrennstoff 145 Euro an den Fiskus abführen. Eon hat nach eigenen Angaben bislang 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer gezahlt, RWE 1,23 Milliarden und EnBW 1,1 Milliarden.

Die Brennelementesteuer

Diese bereits vor der Katastrophe von Fukushima-1 beschlossene Steuer gehörte zum Sparpaket der Bundesregierung und sollte ursprünglich jährlich 2,3 Milliarden Euro zur Konsolidierung des Haushalts beitragen. In der Branche verstand man sie auch als Gegenleistung für die im Herbst 2010 zunächst beschlossene Laufzeitverlängerung der damals noch 17 deutschen Reaktoren. Mit dem Ausstieg aus der Atomkraft nach der Katastrophe von Fukushima-Daiichi schwanden nicht nur die geschätzten Einnahmen des Bundes durch die verbliebenen Kraftwerke auf 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Unternehmen begannen auch, sich heftig gegen die Steuer zu wehren.

Die Hoffnung der Stromkonzerne

Auch nach der Vorentscheidung geben die deutschen Versorger die Hoffnung auf ein anderslautendes Urteil noch nicht auf. "Wir werden nun zunächst das endgültige Urteil des EuGH abwarten", sagt ein Eon-Sprecher. Der Konzern halte die Steuer nach wie vor für europarechtswidrig. Auch RWE halte an seiner Position fest, teilte der Konzern mit. Die Aktienkurse von Eon und RWE brachen jedoch nach der Bekanntgabe ein und verloren zeitweise bis zu vier Prozent an Wert. Die Konzerne hoffen nun vor allem auf Hilfe aus Karlsruhe. Denn das Verfahren ist neben dem EuGH auch beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Mit einem Urteil rechnen die Konzerne noch in diesem Jahr.

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