Flutschutz:Eine Million Kubikmeter Wasser

Lesezeit: 2 min

Ein Regenrückhaltebecken bei Niederwörth könnte Erding vor Hochwasser schützen. Die Entscheidung fällt im Sommer, jetzt laufen noch Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit

Von Antonia Steiger, Erding

Im Sommer soll die Entscheidung fallen, auf welche Weise Erding künftig vor Hochwasser geschützt wird. Bis dahin liegen alle Untersuchungsergebnisse vor - zum Boden, zum Artenschutz und auch zu den Kosten. Besonderes Augenmerk richtet Thomas Atzenhofer vom Wasserwirtschaftsamt München dabei auf den Boden, der in dieser Region von "sehr spezieller" Art sei, wie er sagt. Er muss eines Tages Hochwasserschutzmauern oder Deiche tragen.

Anfangs seien viele Maßnahmen denkbar gewesen, sagt Atzenhofer. Übrig geblieben sind nach näherer Überprüfung zwei Varianten: der sogenannte lineare Hochwasserschutz entlang der Sempt mit Schutzmauern in Altenerding und Langengeisling und einem Deich in Bergham und als Alternative dazu ein gewaltiges Rückhaltebecken bei Niederwörth, das mehr als eine Million Kubikmeter Wasser zusätzlich fassen müsste. "Zusätzlich", betont Atzenhofer - denn schon jetzt ist diese Fläche Überschwemmungsgebiet. Auch für dieses Becken wäre ein Deich nötig.

Mit diesem Regenrückhaltebecken wäre Erding gut geschützt. Das Wasser würde sich dort sammeln. Nur fünfzig Kubikmeter pro Sekunde würden abfließen, der Rest bliebe liegen, bis er dran ist. Zusätzlich wären laut Atzenhofer "nur noch ein paar kleinere Maßnahmen" im Stadtgebiet nötig. Ohne das Rückhaltebecken müssen in Erding an drei Stellen Deiche und Mauern errichtet werden: Ein Deich von einem Kilometer Länge südlich von Aufhausen würde Bergham und Aufhausen vor Wasser schützen; er würde einen Winkel aufweisen und so ein eigenes - sehr viel kleineres - Rückhaltebecken schaffen. Hochwasserschutzmauern entlang der Sempt wären in Altenerding auf einer Länge von 1350 Metern nötig, dazu käme eine kleinere Maßnahme in Langengeisling.

Von zentraler Bedeutung für eine Entscheidung ist die Bodenbeschaffenheit. Der Boden weise Einschlüsse von Torf und "breiigen weißen" Almkalk auf, wie Atzenhofer sagt. Es müsse geklärt werden, ob für einen Deich zwei, vier oder fünf Meter Boden ausgetauscht werden müssten. Machen könne man alles, sagt er. "Aber irgendwann ist das nicht mehr wirtschaftlich." Für den Deich bei Niederwörth würden drei Hektar benötigt. Muss man zwei Meter Boden austauschen, sind das 60 000 Kubikmeter.

Gelassen verfolgt der Wörther Bürgermeister Thomas Gneißl (ÜPWG) das Geschehen, auch wenn er weiß, dass ein Regenrückhaltebecken, das zum Teil auf Wörther Gebiet liegt, von Landwirten kritisch gesehen wird. Im Moment könne er nicht sagen, wie die Haltung der Gemeinde sei, sagt er. Er werde über den Fortgang informiert, das habe ihm der Erdinger OB Max Gotz (CSU) zugesichert. Es ist in der Tat nicht ungewöhnlich, wenn ein Regenrückhaltebecken nicht in der Kommune eingerichtet wird, die geschützt werden soll, bestätigt Atzenhofer. Wörth würde von einem solchen Becken auch profitieren, auch dort gab es Überschwemmungen.

Untersucht wird aber auch die Verhaltensweise des Grundwasserspiegels - eine Sorge, die vor allem die Wörther umtreibt. Dazu werden in den nächsten Tagen vier Messstellen zwischen Wörth und Erding in den Boden gerammt. Aber auch Flora und Fauna werden mit dem Start der Vegetationsperiode kartiert. Liegen die Ergebnisse vor, wird eine Ingenieurbüro einen digitalen Plan ausarbeiten, auf dessen Grundlage die Kostenschätzungen erfolgen. "Mehr als drei Millionen Euro", so viel wird es auf jeden Fall kosten, sagt Atzenhofer. Deswegen unterliege auch die spätere Suche nach einem ausführenden Ingenieurbüro detaillierten Forderungen.

Als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet Atzenhofer die Brücke über die Petersbergstraße in Erding, die die Stadt auf Bitten des Wasserwirtschaftsamtes abreißen wird. Unter den Anwohnern gibt es dagegen heftigen Widerstand. Die Brücke habe beim letzten Hochwasser "massiv den Abfluss behindert", zudem sei es zu Verschiebungen am Untergrund gekommen. Die Forderung, die Brücke so schnell wie möglich wieder aufzubauen, hält Atzenhofer für unerfüllbar. Erst wenn das Hochwasserschutzkonzept steht, können Aussagen über die Höhe des Wasserspiegels getroffen werden. "Je nachdem was wir planen, wird die Brücke anders ausschauen."

© SZ vom 04.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: