Münchner Sicherheitskonferenz:Waffen für Kiew? Merkel ist "da sehr zweifelnd"

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Besonders spannend wurde es bei der anschließenden Fragerunde.

(Foto: AFP)
  • Bei ihrem Auftritt bei der Sicherheitskonferenz hat Kanzlerin Merkel wenige Details über ihr Treffen mit Russlands Präsident Putin verraten.
  • Eine militärische Lösung des Ukraine-Konflikts hält die Kanzlerin für ausgeschlossen, Waffenlieferungen an Kiew lehnt sie ab.
  • Am Ende wird Merkel persönlich: Als Siebenjährige habe sie den Mauerbau miterlebt und dann gelernt, dass es manchmal viel Ausdauer und einen langen Atem benötige, um am Ende mit den eigenen Prinzipien zu siegen.

Von Stefan Braun

Angela Merkel bleibt ruhig. Die Bundeskanzlerin war am Donnerstag viele Stunden in Kiew, sie kam in der Nacht nach noch längeren Gesprächen aus Moskau zurück, und sie weiß am Samstagmorgen noch keineswegs, ob ihre Bemühungen um eine Entschärfung der brandgefährlichen Ukraine-Krise erfolgreich sein werden.

Trotzdem lässt sich die deutsche Kanzlerin in München nicht aus der Fassung bringen - und erst recht lässt sie sich nicht von jenen überzeugen, die nach Waffen für die Ukraine rufen. Der US-Senator Robert Corker fragt sie danach, andere, vornehmlich Briten und Amerikaner, wiederholen das. Doch Merkel antwortet dem Republikaner mit einem ,,Ich bin da sehr zweifelnd''. Sie trägt das nicht so laut vor wie Joschka Fischer 2003, als er den drohenden Irakkrieg harsch kritisierte. Aber es besteht kein Zweifel, dass das ihre Version jenes berühmten "I am not convinced" ist.

Waffen und Soldaten werden Putin nicht zum Einlenken bewegen

Sie verstehe zwar den Impuls, sagt Merkel, aber sie könne sich keine Aufrüstung der Ukraine vorstellen, mit der man Wladimir Putin überzeugen könnte, militärisch nicht mehr gewinnen zu können. Ihre unmissverständliche Botschaft: Sie glaubt nicht daran, Putin mit Waffen und Soldaten zum Einlenken bewegen zu können. "Das ist die Realität, und man muss sich mit der Realität auseinandersetzen."

Trotzdem sieht sie sich nicht schwach, gar wehrlos im Ringen mit Moskau. ,,Unsere Stärke ist die Wirtschaft'', mahnt Merkel stattdessen. Deshalb sei es falsch, dauernd an der Wirksamkeit von Sanktionen zu zweifeln. "Mit so was gewinnt man eine Schlacht nicht", warnt die Kanzlerin in Anwesenheit zahlreicher Staatschefs und Außenminister, darunter Petro Poroschenko aus der Ukraine und US-Vizepräsident Joe Biden. Mit beiden trifft sie anschließend zum Dreiergespräch zusammen.

Über die Details der aktuellen Verhandlungen mit Kiew und Moskau schweigt sie in München. Zu heikel ist offenkundig die Lage in den aktuellen Gesprächen und zu unklar ist derzeit vor allem, was im anstehenden Ringen mit Kiew und Moskau noch möglich und nötig werden könnte, um wenigstens eine Waffenruhe zu erreichen. An anderen Stellen aber wird sie deutlich.

Beifall vom Ukrainer Poroschenko, böse Blicke vom Russen Lawrow

Zum wahrscheinlich ersten Mal redet sie mit keinem Wort mehr über die prorussischen Separatisten, sondern nur noch davon, was Russland auf der Krim und in der Ostukraine getan hat. Deutlicher kann sie als Kanzlerin nicht mehr machen, wen sie verantwortlich macht für diesen Krieg in Europa. Sie will nicht mehr drumrum reden, wer Angreifer ist und wer Opfer. Wenig überraschend gibt es von Poroschenko an der Stelle viel Beifall und von Russlands Außenminister Sergeij Lawrow böse Blicke.

Ähnlich klar ist die deutsche Regierungschefin bei der Frage, ob sie für eine Entschärfung des Konfliktes die Krim-Annexion oder andere Eroberungen in der Ostukraine akzeptieren könnte. Merkels klare Botschaft: Zur Anerkennung der territorialen Integrität und zur Freiheit jedes einzelnen Landes, über seine Zukunft selber zu entscheiden, gibt es für sie keine Alternative. Die KSZE-Schlussakte von 1975 und das Budapester Memorandum von 1994 will sie nicht schwächen lassen oder gar aufgeben. Beides ist nun mal von der Sowjetunion und später von Russland unterschrieben worden.

So nüchtern sie bis dahin ist, so persönlich wird sie am Ende ihres knapp einstündigen Auftritts. Sie habe als Siebenjährige erlebt, wie die Berliner Mauer gebaut wurde. Sie habe gelernt, dass damals niemand einen Krieg begann, um die verschärfte Spaltung Europas zu verhindern. "Das war eine realistische Einschätzung. Und diese Art der realistischen Einschätzung gibt es auch heute."

Zugleich aber habe sie auch nicht vergessen, dass der lange Atem und das unbeirrte Festhalten am Ziel der deutschen Einheit dazu geführt hat, "dass ich heute hier sitze." Es brauche also möglicherweise viel Geduld, viel Kraft, viel Zeit. Aber man dürfe nicht aufgeben, betont Merkel. Denn: "Ich bin 100 Prozent überzeugt, dass wir mit unseren Überzeugungen siegen werden."

Allein: Das kann dauern.

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