Krimi "Tod eines Mädchens" im ZDF:Mancher Kniff ist unverschämt abgekupfert

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Wer ist verantwortlich für den Tod des Mädchens Jenni Broder (Annika Schrumpf)? Im Film scheint der Täter manches Mal entlarvt - doch dann geht die Mörderjagd von vorne los. (Foto: ZDF/Stefan Erhard)

Der ZDF-Zweiteiler "Tod eines Mädchens" erinnert bis ins Detail an die dänische Serie "Kommissarin Lund". An einer entscheidenden Stelle ist er aber deutlich besser.

Von Martin Wittmann

Eine Schülerin rennt durch den Wald, immer wieder dreht sie sich um, sie ist augenscheinlich auf der Flucht. Später findet man ihre Leiche im Wasser. Die Kommissarin, eigentlich schon auf dem Weg zu ihrem neuen Revier, muss ihren Abschied verschieben. Tag und Nacht ermittelt sie nun. Die Familie kommt zu kurz, an Schlaf ist nicht zu denken. Der hinzugezogene Polizist, der den Fall mit der Kommissarin zusammen lösen soll, erweist sich als unsensibler Misanthrop. Während sie sich den Beteiligten mit Fingerspitzengefühl nähert, schreit und ätzt er sich durchs Präsidium. Immer wieder scheint der Täter endlich gefunden zu sein, wenn nicht von der Polizistin, dann vom ZDF-Zuschauer. Der sieht nebenbei die Familie des Mädchens zerbrechen. Die Mutter verliert fast den Verstand, während es den Vater zur Selbstjustiz treibt.

Dies ist die Geschichte der dänischen Serie Kommissarin Lund - Das Verbrechen, 2007 gedreht. Wer sie gesehen hat, mehr als 1000 Minuten lang, der kennt den Täter - und könnte sich, mag man meinen, die 180 Minuten Tod eines Mädchens sparen. Schließlich passt die Inhaltsangabe genauso zu dem ZDF-Zweiteiler von Regisseur Thomas Berger. Bis hin zum Täter.

Fremde Anleihen schaden keineswegs

Ein billiger Abklatsch, eine dreiste Kopie? So einfach ist es dann doch nicht. Die Geschichte mag wahrlich nicht originell sein, mancher Kniff unverschämt abgekupfert. Doch schaden die fremden Anleihen dem Krimidrama keineswegs, es funktioniert trotzdem. Oder vielleicht gerade deswegen? Der Film ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Geschichte einen in den Bann ziehen kann, obwohl man sie womöglich in ganz ähnlicher Form schon einmal gesehen hat. Und das hat mehrere Gründe.

Neuankömmling Simon Kessler (Heino Ferch, rechts) hilft Kommissarin Hella Christensen (Barbara Auer), den Mord an einer Schülerin aufzuklären. (Foto: Marion von der Mehden/ZDF)

Erstens schaut der Film gut aus. Die Kamera nähert sich der imposanten Ostseeküste nämlich ähnlich souverän von oben herab wie Kommissar Simon Kessler seinen neuen Kollegen. Kessler wird dargestellt von Heino Ferch, der für die bibberkühle Rolle zwar wenig Amplitude im Spiel braucht, seine Arbeit aber so überzeugend verrichtet - das ist der zweite Grund - wie der Rest des Ensembles: Barbara Auer, Jörg Schüttauf, Hinnerk Schönemann, Nina Petri, Johann von Bülow, Rainer Bock, Chris Veres und vor allem Anja Kling, die die Mutter des getöteten Mädchens spielt.

Drittens gelingt es dem Film, seinen Zuschauer in die gewünschten Fallen zu locken: Die Überführung des jeweiligen vermeintlichen Täters wirkt ebenso logisch wie dessen anschließende Entlastung. Oder war er es doch?

Viertens nimmt sich der Film einerseits genügend Zeit, um den Protagonisten nicht nur auf die Finger, sondern auch in die Augen zu schauen, bis hin zu den quälenden Nahaufnahmen der ungläubigen Gesichter zum Schluss; fünftens und andererseits aber auch nicht zu viel Zeit, die Wendungen und falschen Fährten ermüden nie. Da hat die Lund damals leider viel mehr getrödelt. Oder sich verrannt im Sumpf. Was das angeht, dachten sich die Macher von Tod eines Mädchens nun offenbar, ausnahmsweise und zum Glück: Dieses Tempo muss man der Lund lassen.

Tod eines Mädchens , ZDF, 20.15 Uhr; Teil 2 am Mittwoch, 20.15 Uhr.

© SZ vom 09.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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