Neue Amazon-Serie "Bosch":Noch ein einsamer Cop

Krimiserie Bosch startet bei Amazon

Trinkt Whisky zu Cool Jazz: Titus Welliver (Harry Bosch) in einer Szene der Krimiserie "Bosch".

(Foto: dpa)

Populäre Strandlektüre macht eben noch lange keine gute Fernsehserie: Amazon verfilmt die Krimireihe "Bosch" von Michael Connelly und schafft es nicht, alten Klischees Neues hinzuzufügen.

Von Alexander Menden

Michael Connelly wirkt erschöpft. Und der Jetlag, der beim Kurzbesuch des Autors aus Los Angeles in London durchschlägt, ist dafür nur zum Teil verantwortlich. Aber Connelly, der als Krimi-Autor weltweit 58 Millionen Bücher verkauft hat, reißt sich sichtlich zusammen. Schließlich ist er eigens nach England geflogen, um ein Herzensprojekt anzupreisen, die neue Amazon-Krimiserie Bosch.

Alle zehn einstündigen Episoden über Connellys L.A.-Cop werden von diesem Freitag an den Prime-Kunden des Dienstes zur Verfügung stehen, im Originalton: eine synchronisierte Fassung soll im Sommer folgen. Die erste Folge können alle Amazon-Kunden gratis sehen.

Hieronymus "Harry" Bosch, gespielt von TV-Veteran Titus Welliver, ist von der ersten Episode an in Schwierigkeiten: Die Verfolgung eines Mordverdächtigen endet damit, dass er den Mann erschießt und sich vor Gericht verantworten muss. Der Workaholic geht trotzdem weiter seinem Job nach und entdeckt dabei in den Hügeln um Hollywood das Grab eines ermordeten Kindes. Harrys Bemühungen, diesen grausigen "Cold Case" aufzuklären, stehen im Mittelpunkt der ersten Staffel von Bosch.

Connelly hofft auf vier weitere Staffeln

Mit rauer Stimme erzählt Michael Connelly von der Odyssee, die die Rechte an seinen Stories durchliefen, bis sie schließlich als erstes Drama-Projekt von Amazon im Internet landeten: Wie er nach langem Gerangel die Filmrechte an seiner Romanserie zurückkaufte, die er 1994 an Paramount veräußert hatte. Und wie Amazon 2012, als noch kaum jemand den Online-Händler als Filmfirma auf der Rechnung hatte, bei ihm anklopfte und anbot, Bosch zu produzieren. "Sie wussten aus ihren Verkaufszahlen, wie populär meine Bücher waren. Deshalb haben sie mir als ausführendem Produzenten vertraut." Connelly hat die Geschichte für die erste Staffel aus den drei Romanen "Die Frau im Beton", "Kein Engel so rein" und "Echo Park" amalgamiert. Er hofft auf vier weitere Staffeln.

Aber das wird vom Erfolg der ersten Staffel abhängen. Die ersten Reaktionen sind nicht sonderlich begeistert, was ein weiterer Grund dafür sein mag, dass Connelly nicht gerade fröhlich wirkt: Am Tag vor dem Gespräch in London ist im amerikanischen Variety-Magazin eine wenig positive Kritik erschienen. Sie endet mit der Feststellung, Bosch illustriere zunächst mal nur, was für ein gewaltiger Schritt es von populärer Strandlektüre zu einer guten Fernsehserie sei.

Stereotypen ohne neuen Dreh

Tatsächlich reihen die ersten Folgen Klischees aneinander: Der einsame Cop, der mit psychischen Folgen aus seiner Zeit als Soldat kämpft und beim Whiskytrinken Cool Jazz auf Vinyl hört. Die attraktive Kollegin, mit der sich eine Beziehung anbahnt. Der psychopathische Killer, der Bosch stets einen Schritt voraus zu sein scheint. Letztlich schaffen es weder Connelly noch Hauptdarsteller Welliver, wegen Rollen in Deadwood und The Good Wife noch in guter Erinnerung, diesen Stereotypen einen neuen Dreh zu geben. Man glaubt, jede Szene schon einmal irgendwo gesehen zu haben, und zwar besser.

Für Amazon hängt weniger vom Erfolg von Bosch ab als für Connelly. Gerade hat die Comedy-Serie Transparent zwei Golden Globes gewonnen; im Laufe des Jahres folgen weitere Dramaserien. Doch wie viele weitere Folgen Bosch auch gewährt sein mögen, eins ist für Connelly klar: "Wir haben genau die Serie gemacht, die wir machen wollten."

Bosch, von Freitag an auf Amazon Prime.

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