Lanzinger Trio:Stubenmusik und Rock, Funk und Klassik

Starnberg Krankenhaus, Konzert

Das Lanzinger Trio sprengt den Rahmen des Konventionellen, und zwar gerade trotz und zugleich wegen der konventionellen Besetzung mit Zither, Gitarre und Hackbrett.

(Foto: Georgine Treybal)

An den Musikantenstadl denkt niemand mehr, wenn das Lanziger Trio zeigt, dass man mit Zither, Gitarre und Hackbrett auch etwas ganz anderes machen kann als klassische Stubenmusik. Und doch tritt die Band - ausgerechnet - bei einem Volksmusikwettbewerb an.

Von Markus C. Schulte von Drach

Es gibt so wenig wirklich Neues auf dem Rock- und Popmusikmarkt, dass es noch immer auf allen Kanälen gefeiert wird, wenn Bands aus der Steinzeit des Rock sich neu erfinden oder Bob Dylan wieder ganz der alte ist. Neuentdeckte Songwriter werden bejubelt, die sich von ihren Vorgängern aus den vergangenen vierzig Jahre eigentlich nur im Geburtsjahr unterscheiden. Und neue Schnulzen gehen uns mit den gleichen Harmoniefolgen zu Herzen wie schon unseren Großeltern. Und der eine Star wird für seinen Minimalismus gefeiert, der andere für die bombastische Bühnenshow.

Aber hin und wieder, hier und da, hebt doch einmal ein exotisches Blümchen das Haupt und demonstriert, dass es auch noch anders geht. Eine Band, auf die das zutrifft, tritt am 15. Februar in München bei einem - ausgerechnet - Volksmusikwettbewerb an. Richtig gelesen: Volksmusik. Und dann spielt dieses Trio auch noch mit einer Besetzung a la Stubenmusik.

Keine typische Volksmusik

Wer sich jetzt aber abwendet, macht einen Fehler. Denn weder das Lanzinger Trio noch der Volksmusikpreis, den das Theater im Fraunhofer gemeinsam mit dem Münchner Kulturreferat an "alpenländische Musikanten" vergibt, sind das, wonach es klingt.

Mit dem Preis werden keine Musikantenstadl-Auftritte belohnt. Eingeladen werden Künstler, deren Musik gerade keine typische Volksmusik ist, sondern lediglich typische Merkmale derselben aufweist. In der Vergangenheit hat zum Beispiel bereits La Brass Banda hier auf sich aufmerksam gemacht. Nun ist ein Bläsersatz wie bei den Jungs ohne Schuhe weder in der Volksmusik ungewöhnlich, noch in der Pop- oder Rockmusik. Und Hubert von Goisern hat dem alpenländischen Rock schließlich auch schon den Weg bereitet.

Gelegentlicher Klamauk

Das Lanzinger Trio sprengt da den Rahmen des Konventionellen deutlich stärker, und zwar gerade trotz und zugleich wegen der konventionellen Besetzung mit Zither, Gitarre und Hackbrett. Jörg Lanzinger, Reinhard Schelzig und Komalé Akakpo ist es nämlich völlig wurscht, was es an Konventionen oder an Erwartungen seitens der Zuhörer gibt in Bezug auf ihre Instrumente.

Sie verwenden sie einfach gerade für die Musik, nach der ihnen der Sinn steht. Und weil das neben der Stubenmusik vor allem Rock, Jazz, Funk und auch Klassik ist, setzt sich ihre Musik aus Elementen aller dieser Richtungen zusammen. Und das ist absolut ernst gemeint - darüber täuscht auch der Klamauk nicht hinweg, den sich die drei Musiker gelegentlich mit geliehenen musikalischen Motiven erlauben.

Geradezu idiotisch

Mit beeindruckender Selbstverständlichkeit beweisen sie, dass weder Instrumente auf einen bestimmten Musikstil festgelegt sein müssen, noch Musikstile auf bestimmte Instrumente. Erlebt man die drei Musiker live, erweist sich eine solche Vorstellung als geradezu idiotisch. Und wer sich nur die Aufnahmen anhört, kommt sowieso nicht gleich drauf, dass hier nur 169 Saiten im Spiel sind, und sonst nichts.

Ein Schlagzeug wird nicht gebraucht, wenn Akakpo mit den Schlägeln das Hackbrett bearbeitet. Reinhard Schelzig nutzt seine Gitarre gleichzeitig als Melodie- und Rhythmusinstrument sowie als Bass.Die Sounds, auf die Keyboarder gemeinhin zurückgreifen, um Klangteppiche zu erzeugen, vermisst man dank Lanzingers Zither nie. Und darüber tanzen die Melodien mit- oder gegeneinander, die alle drei ins Rennen schicken.

Die Musik des Lanzinger Trios sprengt dann konsequenterweise auch immer wieder mal weitere Konventionen - etwa die, dass man sich innerhalb eines Stückes den Hörern zuliebe möglichst an einen Takt und Rhythmus halten sollte. Wobei selbst komplexe Passagen nicht wirken, als wollten die drei nur mal richtig dick auftragen. Das haben sie auch nicht nötig. Alle drei sind großartige Musiker - ausgebildet am Richard-Strauß-Konservatorium, der Hochschule für Musik und Theater in München. Sie beherrschen ihre Instrumente so gut, dass sie ihre Musik mit hörbarer Leichtigkeit und mit sichtlich viel Spaß liefern.

Einsatzmöglichkeiten des Hackbretts ausweiten

Kürzlich hat das Trio seine dritte CD "Hoi" veröffentlicht - es ist nach "Freillig" die zweite, die bewusst keine Stubenmusik sein soll. Für diese Musikrichtung haben sie zwischenzeitlich eine eigene Scheibe rausgebracht. Die allerdings belegt, dass die Grenze zwischen Volksmusik und Folk tatsächlich manchmal fließend ist.

Die drei Musiker, die auch als Musiklehrer arbeiten, engagieren sich jeweils noch in anderen Bands oder arbeiten mit dem einen oder anderen Orchester zusammen. Akakpo will darüber hinaus nicht nur die musikalischen Einsatzmöglichkeiten des Hackbretts ausweiten. Er arbeitet auch daran, das Instrument selbst weiterzuentwickeln. Im vergangenen Jahr hat er das Stipendium für Musiker der Hauptstadt München bekommen, das ihm ermöglichen soll, ein im Tonumfang erweiteres Hackbrett zu realisieren.

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