Banken in Griechenland:Jetzt lieber Kasse machen

  • Hunderte Millionen Euro fließen jeden Tag von Konten bei griechischen Banken ab.
  • Griechenlands Regierung denkt Berichten zufolge deshalb über Kapitalverkehrskontrollen nach.
  • Neben vielen anderen Problemen ist nach wie vor ungelöst, dass das Land weiter keinen Staatspräsidenten hat.

Analyse von Christiane Schlötzer

Der Jungunternehmer sagt: "Ich habe mein Geld schon in Österreich." Die Lehrerin fragt: "Soll ich mein Konto leeren?"Erst waren es nur die Reichen, die ihre Euros ins Ausland retteten, jetzt hat die Panik auch Kleinsparer erfasst. Griechische Banken verlieren jeden Tag 300 bis 500 Millionen Euro. In 14 Wochen, so hat die US-Bank JP Morgan bereits vorgerechnet, sind die Depots so leer, dass nichts mehr geht. Die Regierung in Athen denkt daher nach Angaben von Insidern bereits über Kapitalverkehrskontrollen nach: Für solche Regelungen, die Überweisungen ins Ausland behindern, braucht es ein Gesetz. Das Parlament in Athen müsste es beschließen. Dies, so heißt es in der griechischen Hauptstadt nun, würde wohl erst passieren, sollte das jüngste Ultimatum der EU am Freitag ohne Einigung verstreichen.

Zuletzt gab es solche Regelungen- damals eine Premiere im Euro-Raum - im Frühjahr 2013 in Zypern. Auf dem Höhepunkt der zyprischen Finanzkrise spuckten alle Bankautomaten zudem nur noch kleine Summen aus. Um die Geldmaschinen aber stets gut gefüllt zu halten, ließ die Europäische Zentralbank mehrmals frische Scheine einfliegen. Die Zyprer standen geduldig Schlange vor den Automaten und blieben auch sonst eher gelassen, trotz des Dramas. Viele Menschen auf der Mittelmeerinsel verloren mit dem Untergang mehrerer zyprischer Banken große Teile ihres Ersparten. Aber sie wussten auch, dass Zypern nicht aus der Euro-Zone fliegen wird. Das ist in Griechenland nun anders.

Viele Griechen haben in fast fünf Jahren Dauerkrise schon sehr viel verloren, sie möchten nicht auch noch den europäischen Anker aufgeben. Zwischen 64 und 81 Prozent der Befragten, je nach Untersuchung, sprechen sich für den Verbleib ihres Landes im Euro-Raum aus. Die Älteren erinnern sich gut an Zeiten, in denen es in Griechenland Devisenkontrollen für Ausreisende gab. "Ich möchte nie wieder 200 Mark in meinen schmutzigen Socken schmuggeln müssen", sagt ein 50-jähriger Unternehmer aus Thessaloniki.

Das auch noch: Premier Tsipras muss seinen Kandidaten für das Präsidentenamt durchbringen

Die Regierung von Alexis Tsipras versuchte am Dienstag, die Ängste zu dämpfen. Finanzminister Yanis Varoufakis meinte, es sei immer noch "eine sehr gute, ehrenhafte Lösung" möglich im Streit mit den anderen Euro-Finanzministern über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms. Dabei hätten Tsipras und Varoufakis durchaus einigen Spielraum, wie aktuelle Umfragen verraten: Nur ein Drittel der Griechen sagt, die Regierung müsse nun sofort alle Wahlversprechen umsetzen.

Was derzeit kaum noch jemand in Athen interessiert: Das Land hat immer noch keinen neuen Staatspräsidenten. Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou hat für Mittwochabend die erste Wahlrunde angesetzt. An der Frage, wer dem 85 Jahre alten Amtsinhaber Karolos Papoulias folgt, war die konservative Regierung von Antonis Samaras Ende Dezember gescheitert.

Die Kandidatensuche gestaltete sich auch für Syriza schwierig. Der linke Flügel der Partei blockierte einen Aufstieg von Dimitris Avramopoulos, derzeit EU-Kommissar für Inneres, ins höchste Staatsamt. Tsipras hätte den Konservativen in Brüssel gern durch einen Syriza-Mann ersetzt. Am Dienstagabend, praktisch in letzter Minute, nominierte die Regierung nun Ex-Innenminister Prokopis Pavlopoulos für den repräsentativen Posten. Der 64-jährige Professor für Verwaltungsrecht ist auch ein Konservativer. Für seine Wahl sind 180 Stimmen nötig. Die Regierung verfügt nur über 162 Sitze.

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