Ammerland:Fastenspeise Brotfisch

Fischer Sebald aus Ammerland kreiert aus kleingewachsenen Renken, an denen Wirte meist kein Interesse zeigen, feine Fischspezialitäten. Sein Angebot lockt Kunden von weit her an

Von Sabine Bader, Ammerland

In dieser Woche ist alles ein wenig anders. Denn die Fischpflanzerl in der Fischerei Sebald in Ammerland werden nicht am Donnerstag herausgebacken, wie sonst immer, sondern schon dienstags. Schließlich ist Aschermittwoch, da will man gerüstet sein. Dabei ist es derzeit spärlich mit dem Fischfang am Starnberger See. So sind Fischer Matthias Sebald nur acht Renken ins Netz gegangen. Sein Bruder Sepp, der sich ums Räuchern und Filetieren der Tiere kümmert, hat die Erfahrung gemacht, dass der Fang um Aschermittwoch herum ausgesucht mager ist. "Das ist so eine Art Gesetz", sagt er.

Kein Wunder also, dass von den 34 Fischern am See den Winter über meist nur acht mit ihren Booten unterwegs sind. Die anderen machen Pause vom Fischfang. Denn erstens gehen um diese Zeit nur wenige Tiere ins Netz und zweitens sind die, die es tun, ziemlich klein. Der Grund: Es sind nur sehr wenig Nährstoffe im See und damit ist auch nur spärlich Nahrung für die Fische vorhanden. Schließlich haben viele Bauern am Ufer die Landwirtschaft aufgegeben. Und auch der Ringkanal trägt dazu bei, dass das Wasser seit vielen Jahren ausgesucht sauber ist, was die Badegäste im Sommer zwar freut, aber die Fischgröße nachhaltig schmälert.

Matthias Sebald hat aus dieser Not eine Tugend gemacht. Da sich kleinere Renken schlecht verkaufen lassen - Wirten ist das Herauslösen der Filets oft zu mühsam und die Kunden im Laden ziehen größere Stücke vor - hat Sebald die Fischpflanzerl konzipiert: Renken- und Saiblingfilets gehören zu den Zutaten, dazu Semmeln, Karotten, Zwiebeln, Eier, Lauch und ein Gewürz. "Dieses bleibt geheim", sagt seine Frau Sonja. Die Pflanzerl, die Sebalds Schwester Inge formt, werden dann in Sesam gewälzt und in frischem Fett herausgebacken. An guten Tagen im Hochsommer sind es schon mal um die 300. Bis aus Garmisch und München kommen die Kunden donnerstags. Manche nutzen die kleine Reise zum wöchentlichen Seespaziergang. Die Pflanzerl sind der Renner.

Ammerland: Reichlich Auswahl: Sonja Sebald präsentiert in ihrem Laden in Ammerland die Fischspezialitäten.

Reichlich Auswahl: Sonja Sebald präsentiert in ihrem Laden in Ammerland die Fischspezialitäten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Dabei ist die Erklärung ganz schlicht. "Ich wollte die kleinen Renken einfach nicht wieder hineinwerfen", sagt Sebald. Denn die Tiere haben das nötige Alter und müssen raus. Darum hat er sich noch etwas einfallen lassen, was sich mit kleinwüchsigem Fang - oft unter 200 Gramm pro Tier - machen lässt: gefrorene Renkenfilets mit Kartoffelkrusterl, zum selber Backen. Die kommen offensichtlich ebenfalls gut an - dafür spricht zumindest, dass die Kühltruhe im Laden schnell wieder leer ist. Wer als Fischer hier am See finanziell durchkommen will und keine Ferienwohnungen und Mietshäuser vorzuweisen hat, der muss sich eben etwas einfallen lassen.

Die Renke ist der "Brotfisch" am Starnberger See, auch wenn es natürlich auch Hechte, Saiblinge und Aale hier gibt. Dass es mit dem Renkenbestand auch so bleibt, dafür tragen die Fischer gemeinsam Sorge. Alljährlich im Dezember geht es darum ans Laichfischen. Dafür wird der Fischlaich der weiblichen Tiere abgestreift und im Bruthaus in Allmannshausen zu Brütlingen herangezogen. Im Frühjahr geht es dann zurück in den See. Dort gehen den Fischern an guten Sommertagen im Juni, Juli und August dann schon mal bis zu 200 Fische ins Netz. Eine Zahl, an die am Aschermittwoch natürlich nicht zu denken ist, obwohl es wünschenswert wäre.

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