Krisentreffen zur Schuldenkrise:So haben sich Brüssel und Athen geeinigt

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Finanzminister unter sich: Der Spanier De Guindos im Gespräch mit dem Griechen Varoufakis. (Foto: REUTERS)
  • Auf dem Finanzminister-Treffen in Brüssel einigt sich Griechenland mit seinen Euro-Partnern auf eine Verlängerung des Hilfsprogramms um vier Monate.
  • Bevor die Vereinbarung umgesetzt wird, muss die griechische Regierung bis Montag eine Liste mit den Reformen vorlegen, die sie während der Verlängerung umsetzen will.
  • Die entscheidenden Fragen des Krisentreffens sollen an Griechenlands Finanzminister Varoufakis vorbei geregelt worden sein - in Telefonaten mit dem griechischen Premier Tsipras.

Von Javier Cáceres und Cerstin Gammelin, Brüssel

Um 20.30 Uhr am Freitagabend war es soweit. Nach "intensiven Verhandlungen", sagte Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Euro-Gruppe, habe sich Griechenland mit den Finanzministern von 18 Euro-Ländern grundsätzlich auf eine Verlängerung des laufenden Rettungsprogramms um vier Monate bis 30. Juni 2015 geeinigt. Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF), die zu den Kreditgebern des dramatisch verschuldeten und auf weitere finanzielle Hilfe angewiesenen Landes gehören, stimmten der Vereinbarung zu.

Bevor die Vereinbarung umgesetzt wird, muss die Regierung von Premierminister Alexis Tsipras eine Liste mit den Reformen vorlegen, die sie während der Verlängerung umsetzen will. Diese Reformen basieren auf den Verpflichtungen des bisherigen Rettungsprogramms. Die Regierung hat aber die Flexibilität zugestanden bekommen, die Reformen auszutauschen, soweit sie in Summe die Verpflichtungen und Haushaltsziele erfüllen.

Zeit für ein mögliches drittes Rettungsprogramm

Die Liste muss am Montagabend vorliegen, dann werden die Experten der Kreditgeber von IWF, EZB und Euro-Ländern die Maßnahmen prüfen, ob sie geeignet sind, die Verpflichtungen zu erfüllen. Vorausgesetzt, die Institutionen halten sie für geeignet, wird die Verlängerung formal bestätigt - und den nationalen Parlamenten zugeleitet, die darüber abstimmen müssen. Die Verlängerung muss bis zum 28. Februar erfolgt sein. An diesem Tag läuft das Rettungsprogramm bisher aus. Auch der Bundestag muss zustimmen.

Das Ziel der Verlängerung sei der "erfolgreiche Abschluss" des ursprünglich 2012 vereinbarten Rettungsprogramms, wobei die neu vereinbarte Flexibilität bei den Reformen angerechnet wird. Zudem soll Zeit gewonnen werden, um eine mögliche Anschlussvereinbarung, also ein drittes Rettungsprogramm, zu vereinbaren.

Nur wenn das Programm erfolgreich abgeschlossen wird, soll Athen die noch verbliebenen finanziellen Hilfen erhalten. Dazu zählen eine Kreditrate in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF, die Gewinne der EZB aus dem Verkauf griechischer Staatsanleihen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro sowie die noch im hellenischen Bankenfonds geblockten Gelder in Höhe von 10,9 Milliarden Euro. Dieses Geld darf jedoch nur zur Rekapitalisierung der Banken - und nicht für die Staatskasse verwendet werden.

Griechenlands Regierung verpflichtete sich dem gemeinsamen Statement zufolge zu weitreichenden Reformen. Bereits begonnene Reformen dürfen nicht einseitig aufgehoben werden. Athen verpflichtet sich zudem, alle Kredite aller Kreditgeber vollständig und bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Die Euro-Partner kamen der Bitte Athens nach, bei der Kalkulation der Schuldentragfähigkeit für 2015 die Einnahmeausfälle aufgrund der Wahlen zu berücksichtigen. Der Einnahmenüberschuss, den die Regierung erwirtschaften muss, darf 2015 von den Vorgaben abweichen.

Um einen erneuten Eklat zwischen den beiden entscheidenden Finanzministern - Yanis Varoufakis aus Griechenland und Wolfgang Schäuble aus Deutschland - zu vermeiden, hatte die Euro-Gruppe für das Treffen am Freitag eine besondere Verhandlungsführung vorbereitet. Die Verhandlungsführer um Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem praktizierten das sogenannte Beichtstuhlverfahren. Schäuble und Varoufakis mussten einzeln ihre Forderungen vortragen.

Griechenlands Bürger heben täglich so viel Geld wie möglich ab

Letztlich seien aber die entscheidenden Fragen an Varoufakis vorbei geregelt worden - in Telefonaten mit dem griechischen Premier Alexis Tspiras in Athen. Für den Fall einer Nicht-Einigung stellte Tsipras auch den Antrag auf ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am Sonntag. Doch am Freitagabend hieß es, dass dieser Notfallplan nicht angewendet werden müsse.

Bei der sich jetzt abzeichnenden Lösung spielte auch die Europäische Zentralbank eine entscheidende Rolle. Denn die griechischen Bürger heben täglich so viel Geld wie möglich von ihren Konten ab. Allein am Donnerstag waren es 1,5 Milliarden Euro. Die griechischen Banken können Bürger und Firmen nur noch mit Barem versorgen, weil die EZB ihnen eine Notfinanzierung erlaubt.

Die Notenbank hat den Rahmen dafür zuletzt bereits auf 68,5 Milliarden Euro erhöht. Es ist zu erwarten, dass sie diesen Rahmen nicht substanziell erhöht. Um die Kapitalflucht ins Ausland zu unterbinden, wäre Athen gezwungen, Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Diese sind grundsätzlich streng verboten.

© SZ vom 21.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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