Urteil:Frauen-Ehre mit Fäusten verteidigt

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Allzu wehrhaft hat ein Elektroinstallateur die Ehre seiner Lebensgefährtin verteidigt. Das Amtsgericht verurteilt den 41-Jährigen wegen Schlägerei zu einer Geldstrafe.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Allzu wehrhaft hat ein 41-jähriger Elektroinstallateur die Ehre seiner Lebensgefährtin verteidigt - zu dieser Auffassung gelangte Amtsrichter Helmut Berger, der den Mann seit 1975 in Deutschland lebenden am Montag zu einer Geldstrafe in Höhe von 45 Tagessätzen verurteilte. Zu der Verhandlung kam es aufgrund eines Streits, den sich Mustafa Y. (Name geändert) Ende September vergangenen Jahres vor einem Supermarkt an der Tölzer Demmeljochstraße mit einem dort tätigen Gebäudereiniger lieferte.

Die Frau gab an, der Fensterputzer habe sie dort, am Eingang stehend, wiederholt "mit weitaufgerissenen Augen" angeglotzt, "wie ein Tier", wodurch sie sich "sehr belästigt gefühlt" habe. Sie sagte dies ihrem Freund, mit dem sie gerade einkaufen gehen wollte, und nicht lang, da flogen schon so derb die Fäuste, dass die Polizei und ein Krankenwagen gerufen werden mussten.

Vor Gericht sagte der Angeklagte Y., seine Lebensgefährtin sei aufgrund der unangemessenen Blicke "sehr aufgewühlt" gewesen, und er lasse es nicht zu, dass da jemand seine Frau beleidige. Die Aggression sei dessen ungeachtet aber gar nicht von ihm ausgegangen, sondern von dem Fensterputzer, den er zur Rede gestellt habe, und der sei dann gleich mit seinem Putzgerät auf ihn losgegangen. Er habe sich nur dadurch schützen können, indem er die Arme über den Kopf gelegt habe. Beim Weggehen habe der Arbeiter ihm dann noch "Scheiße-Frau" nachgerufen.

Das Opfer schilderte den Hergang wiederum genau umgekehrt: Er habe Mustafa Y. aufgefordert, ihn in Ruhe zu lassen. Im übrigen frage er sich, so der Fensterputzer, wieso der Angeklagte ihm 500 Euro Schmerzensgeld angeboten habe, wenn er doch gar nicht schuldig sei. Der Anwalt Y.'s erläuterte dies so, dass es sich dabei nur um das Angebot eines Täter-Opfer-Ausgleichs gehandelt habe, mit dem man eine Hauptverhandlung im beidseitigen Interesse hätte vermeiden können.

Ausschlaggebend für die Verurteilung war am Ende die Aussage einer Zeugin, die direkt am Eingang zum Supermarkt gestanden und die Entwicklung unmittelbar mitverfolgt hatte. Dort habe sich wegen der Streiterei schon ein Schlange gebildet, und Y. habe eine eindeutig drohende Haltung eingenommen. "Es lag direkt in der Luft, dass es jetzt gleich knallt", schilderte die Zeugin ihre Eindrücke, Y. sei "hochaggressiv aufgetreten". Sie habe dem aufgebrachten Mann dann erklärt, "dass in Deutschland ein Mann eine Frau und eine Frau einen Mann anschauen darf".

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war die Aussage dieser Zeugin "konsistent", eine Einstellung des Verfahrens wie dies Y.'s Verteidiger angeregt hatte, komme deshalb nicht in Betracht. Der Rechtsanwalt änderte danach seine Strategie, stellte in seinem Plädoyer die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Abrede und forderte Freispruch mit der Begründung, sein Mandant habe in einer "klassischen Notwehrsituation" gehandelt. Richter Berger hielt sich mit seinem Urteil in der Mitte: Auch aus seiner Sicht war Y. Auslöser der Schlägerei, dessen Aussagen und die seiner Lebensgefährtin seien erkennbar abgesprochen gewesen. Den ursprünglichen Strafbefehl auf 90 Tagessätze milderte der Richter aber auf die Hälfte ab.

© SZ vom 24.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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