Gasversorgung durch Gazprom:Russland droht Ukraine erneut mit Lieferstopp

  • Die Ukraine soll fällige Rechnungen nicht gezahlt haben - die Vorauszahlungen decken angeblich eine Versorgung für die kommenden zwei Tage. Sollten keine neuerlichen Zahlungen eingehen, droht laut Gazprom ein Lieferstopp.
  • Russland hatte schon mehrmals damit gedroht, die Gaslieferungen nach Westeuropa wegen des Streits zu drosseln.
  • Ende März läuft ein zwischen der Ukraine und Russland geschlossener Kompromiss über Gaslieferungen aus.

Von Markus Balser, Berlin

Russland warnt vor Lieferengpässen

Russlands Rohstoffriese Gazprom verschärft in der Auseinandersetzung mit der Ukraine den Ton und droht erneut mit einem Lieferstopp. Die Ukraine habe fällige neue Zahlungen nicht pünktlich geleistet, heißt es in einem Statement von Gazprom-Chef Alexej Miller. Damit seien nur noch Vorauszahlungen für zwei Tage geleistet. Falls keine weitere Zahlung eingehe, führe das unweigerlich zum Stopp russischer Gaslieferungen in die Ukraine in zwei Tagen. "Das schafft erhebliche Risiken für Gaslieferungen nach Europa", warnte Miller weiter.

Damit wächst in Europa erneut die Angst vor Lieferengpässen. Mehrmals hatte Russland damit gedroht, die Gaslieferungen nach Westeuropa wegen des Streits zu drosseln. Schon jetzt kommt bei vielen Energieversorgern zehn bis zwanzig Prozent weniger Gas an als bestellt. Beobachter sehen darin eine Machtdemonstration Moskaus.

Verschärfung des Konflikts kommt zur Unzeit

Ein neuer Gasstreit würde die deutsche Wirtschaft an einer empfindlichen Stelle treffen. Denn die Bundesrepublik ist auf Erdgas-Importe aus Russland angewiesen. Fast 40 Prozent des Erdgases in Deutschland flossen in den vergangenen Jahren aus Russland ins deutsche Netz, die Hälfte davon durch die Ukraine.

Die Verschärfung des Konflikts kommt zur Unzeit. Denn in diesen Tagen sollen eigentlich neue Gespräche über die Zeit nach dem im Dezember mühsam errungenen Kompromiss um Gaslieferungen in die Ukraine beginnen. Das sogenannte Winterpaket war nach monatelangen Verhandlungen zwischen der EU, der Ukraine und Russland vereinbart worden. Es läuft schon Ende März aus. Darin ist unter anderem die Begleichung von Altschulden der Ukraine für russisches Gas geregelt, aber auch der Preis für weitere Lieferungen, damit das Land über den Winter kommt. Nun will Gazprom wieder höhere Preise fordern. Die Ukraine lehnt das ab.

Der Streit zwischen Russland und der Ukraine ist verfahren. Längst geht es um gewaltige Summen. Vor einem internationalen Schiedsgericht in Stockholm überziehen sich beide Seiten mit Milliardenklagen. Gazprom fordert mehr als zehn Milliarden Dollar wegen nicht eingehaltener Verträge. Naftogaz geht den gleichen Weg und hat Gazprom auf die Rückzahlung von sechs Milliarden Dollar wegen zu hoher Preise verklagt. Weitere sechs Milliarden Dollar will der Konzern aus Kiew offenbar für entgangene Transitgebühren von Gazprom einklagen. "Wir fordern rund 13 Milliarden Dollar", bestätigt Konzernchef Alexij Kobolew.

Kiew soll Gas für Ostukraine zahlen

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Regierung in Moskau den Osten der Ukraine bereits auf eigene Faust beliefert. Die Rechnung soll Kiew bekommen. Das Gas, das Gazprom seit vergangener Woche in die Ostukraine liefere, soll nach Ansicht des Kremls die ukrainische Regierung bezahlen. "Gemäß den Verträgen muss Kiew für russisches Gas zahlen", erklärte Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew vergangene Woche. Angesichts der Menge, die auch nach Donezk und Luhansk geliefert werde, "reicht das ukrainische Geld nur für einige Tage". Aus "humanitären Gründen" werde Russland aber weiter Gas in die selbstproklamierten "Volksrepubliken" liefern.

Der ukrainische nationale Gasversorger Naftogaz wehrt sich bereits gegen die Forderungen. "Wir haben keine Möglichkeit, die Menge oder die Verwendung zu überprüfen", sagt Kobolew. Sein Unternehmen habe seit Beginn der Waffenruhe die Lieferungen in die Ostukraine, die wegen der Kämpfe unterbrochen worden seien, selbst wieder aufgenommen. Dass Gazprom seinerseits Gas in die Rebellengebiete liefere, sei "nicht hinnehmbar und ein Verstoß gegen die Verträge".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: