Frühere Nachbarin über Zschäpe:"So kannte ich sie gar nicht"

  • Beim NSU-Prozess sagt eine ehemalige Nachbarin von Beate Zschäpe aus. Sie beschreibt die Angeklagte als angenehme Person.
  • Kurz bevor der NSU entdeckt wurde, habe Zschäpe jedoch einen fahrigen Eindruck gemacht.
  • Eines Tages soll sie Nachbarn ausgeschimpft haben.

Aus dem Gericht von Tanjev Schultz, München

Der NSU-Prozess springt thematisch oft wild hin und her, am Dienstag tritt als Zeugin eine frühere Nachbarin der Hauptangeklagten Beate Zschäpe auf. Andere Nachbarn aus der Polenzstraße in Zwickau - wo Zschäpe mit ihren Freunden gewohnt haben soll, bevor sie in die Frühlingsstraße zogen - hatten schon vor Monaten ausgesagt.

Zschäpe war den Nachbarn als "Lisa" bekannt, die Zeugin Gabriele S. hat sie ein paar Mal bei gemeinsamen Abenden auf dem Hof getroffen. Man saß zusammen in einer kleinen Runde, trank Alkohol, plauderte. Über Politik habe man nicht gesprochen, sagt die Zeugin. Sie beschreibt Zschäpe als freundliche Frau, die gut zuhören konnte und offen auf andere zugegangen sei. "Man hat sich gerne mit ihr unterhalten, sie war eine angenehme Person."

Zschäpe war vor der Explosion gestresst

Das Bild, das Nachbarn zeichnen, ist oft sehr holzschnittartig. Sie schnappen mal dieses auf, mal jenes. Gabriele S. glaubt wahrgenommen zu haben, dass "Lisa" alias Zschäpe in den Wochen, bevor der NSU entdeckt wurde und das Haus in der Frühlingsstraße explodierte, "unter Druck" gestanden habe. Sie habe "sehr gestresst" gewirkt und mehr Alkohol getrunken als sonst. Obwohl sie nicht mehr in der Polenzstraße wohnte, habe "Lisa" ab und zu die ehemaligen Nachbarinnen besucht.

Der Richter fragt, ob die Zeugin bei Zschäpe nachgefragt habe, was mit ihr los gewesen sei? "Ja, sie sagte, es wäre alles in Ordnung." Sie habe aber einen fahrigen Eindruck gemacht und nicht so locker gesprochen wie sonst.

Plötzlich wurde sie laut und aggressiv

Die Zeugin berichtet, sie habe auch miterlebt, wie Zschäpe einer anderen Nachbarin "eine Standpauke" gehalten haben. Grund dafür war offenbar, dass diese Nachbarin mit ihrem Geld nicht haushalten konnte und sie Zschäpe immer wieder anpumpte. Möglicherweise bezahlte Zschäpe ihr auch regelmäßig die Wocheneinkäufe. Eines Tages habe Zschäpe die andere Nachbarin ausgeschimpft. Sie sei aggressiv gewesen und laut geworden, "so kannte ich sie gar nicht".

Über Zschäpes Alltag wusste die Zeugin nicht viel. Die angebliche "Lisa" soll erzählt haben, sie brauche nicht zu arbeiten. Der Vater ihres Freundes habe genug Geld. Zschäpe sei eine "normale Hausfrau" gewesen. Die Männer - mutmaßlich Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos - habe sie selten gesehen, sagte Gabriele S. Sie war davon ausgegangen, dass Lisa nur mit einem Mann zusammenwohnte. Dass sich Zschäpes Freunde im Hintergrund hielten, hatten auch schon andere Zeugen berichtet. Es könnte sogar sein, dass das Trio nicht die ganze Zeit eine gemeinsame Wohnung hatte.

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