Neues Anti-Terror-Gesetz in Ägypten:Lizenz zum Illegalisieren

Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi gives a speech at the presidential palace in Cairo

Dekret gegen Protest: Der ägyptische Präsident Sisi schafft setzt ein Anti-Terror-Gesetz in Kraft.

(Foto: REUTERS)
  • In Ägypten wurde ein neues Anti-Terror-Gesetz per Dekret in Kraft gesetzt. Damit können die Staatsorgane noch schärfer als bisher gegen jede Form von Protesten und Opposition vorgehen.
  • Die Folgen einer Einstufung als terroristisch sind schwerwiegend: Der Staat kann Organisationen verbieten und auflösen, ihr Vermögen einfrieren oder einziehen. Einzelpersonen kann der Pass entzogen werden.
  • Ägyptische Menschenrechtler kritisieren das Gesetz scharf.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat per Dekret ein neues Anti-Terrorismus-Gesetz in Kraft gesetzt, das es den Staatsorganen ermöglicht, noch weit schärfer als bisher gegen jede Form von Protesten und oppositionelle Gruppen und Personen vorzugehen.

Laut dem seit Mittwoch geltenden Gesetz können alle "Vereinigungen, Organisationen, Gruppen oder Gangs" als terroristisch eingestuft werden, die "es unternehmen, darauf zielen oder dazu aufrufen, die öffentliche Ordnung zu destabilisieren, die Sicherheit oder das Wohlergehen der Gesellschaft zu gefährden". Näher ausgeführt werden die Tatbestände nicht.

Auch die Gefährdung des sozialen Friedens und der Einheit, der Umwelt oder der natürlichen Ressourcen, historischer Monumente oder Kommunikationseinrichtungen erfüllt die Kriterien, ebenso wie jede Behinderung des öffentlichen oder privaten Verkehrs oder der Arbeit staatlicher Institutionen.

Menschenrechtler kritisieren vage Begriffe

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Die Staatsanwaltschaft wird damit betraut, Listen von Personen und Organisationen zu erstellen, die als terroristisch eingestuft werden sollen; ein Gericht muss dies binnen sieben Tagen bestätigen oder ablehnen. Einspruch können Betroffene beim Kassationshof erheben, der höchsten juristischen Instanz.

Die Folgen einer Einstufung sind schwerwiegend: Der Staat kann Organisationen verbieten und auflösen, ihr Vermögen einfrieren oder einziehen. Die Maßnahmen können sich auf die Führungspersonen solcher Organisationen erstrecken und ihre Mitglieder, aber auch ausgeweitet werden auf Personen, die einer Gruppe "Unterstützung oder Informationen" zukommen lassen. Einzelpersonen kann der Pass entzogen oder Ausländern die Einreise verweigert werden.

Menschenrechtler in Ägypten hatten den Entwurf des Gesetzes scharf kritisiert. Er enthalte vage Begriffe, um terroristische Gruppen zu definieren und ermögliche, Oppositionelle und Aktivisten zu unterdrücken, die im Zuge zivilgesellschaftlichen Engagements Wandel forderten, hieß es in einem im Dezember veröffentlichten Bericht des Kairoer Instituts für Menschenrechtsstudien. Das Gesetz ermögliche es, eine breite Palette von Nichtregierungsorganisationen zu verbieten.

Restriktives Gesetz aus der Mubarak-Zeit

Der Entwurf wurde nur in dem Punkt entschärft, dass eine Anordnung der Staatsanwaltschaft alleine nicht ausreicht, sondern ein Gericht über die Einstufung entscheiden muss. Eine Anwendung des Gesetzes ist von Studentenprotesten an den Universitäten über Ausschreitungen von Fußballfans bis hin zu politischen Demonstrationen denkbar.

Ägypten hat mit einem Gesetz aus der Mubarak-Zeit die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen weitgehend der Kontrolle der Regierung unterworfen. Das Ministerium für soziale Solidarität löste jüngst 169 Organisationen auf, die in Verbindung mit der verbotenen Muslimbruderschaft stehen sollen. In der Vergangenheit sind aber immer wieder Gruppen liberaler oder linker Aktivisten verboten worden. Etliche Prozesse zum Verbot weiterer Organisationen sind anhängig.

Zudem schränkt ein sehr restriktives Demonstrationsrecht jegliche Proteste ein. Dem Militär hat Sisi das Recht gegeben, die Polizei beim Schutz staatlicher Einrichtungen zu unterstützen. Angriffe auf sie - oder das, was die Sicherheitskräfte dazu erklären -, werden von Militärgerichten geahndet.

Menschenrechtler und westliche Regierungen kritisieren vehement, dass die Regierung keinerlei Unterschied mehr macht zwischen Terroristen wie der Gruppe Ansar Beit el-Maqdis, die sich zum Islamischen Staat bekannt hat, politisch motivierter Gewalt jenseits des Terrorismus und friedlichen Protesten gegen das Regime.

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