Reaktionen auf das Attentat in Moskau:"Ein brutaler Mord"

Lesezeit: 3 min

An dem Ort, an dem Boris Nemzow erschossen wurde, haben Menschen Blumen niedergelegt. (Foto: AFP)
  • Nach den tödlichen Schüssen auf den russischen Putin-Kritiker Boris Nemzow haben sich Politiker weltweit schockiert über die Tat geäußert.
  • Kanzlerin Merkel und US-Präsident Barack Obama fordern eine lückenlose Aufklärung des Attentats vom Freitagabend.
  • Kremlchef Wladimir Putin spricht von einer "außergewöhnlichen Provokation" und kündigt Ermittlungen an.

Reaktionen auf die Ermordung von Boris Nemzow

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bestürzt über den Mord am russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow geäußert. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte mit, die Kanzlerin fordere Russlands Präsidenten Wladimir Putin auf, "zu gewährleisten, dass der Mord aufgeklärt und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden". Merkel sei "bestürzt über die hinterhältige Ermordung" des 55-Jährigen, der als einer der schärfsten Kritiker von Kremlchef Putin galt. "Sie würdigt den Mut des ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten, der seine Kritik an der Regierungspolitik immer wieder auch öffentlich geäußert hat", erklärte Seibert.

Der Friedensnobelpreisträger und frühere Kremlchef Michail Gorbatschow hat vor einer Destabilisierung der Lage in Russland gewarnt. "Das ist ein Versuch, die Situation zu verschlimmern, vielleicht sogar die Lage im Land zu destabilisieren, die Konfrontation zu verschärfen", sagte Gorbatschow Medien zufolge. Es gehe jeden im Land etwas an, wenn gegen Andersdenkende so vorgegangen werde. "Die Verbrecher müssen gefunden werden, aber auf solche Delikte lassen sich Täter ein, die gewöhnlich schwer ausfindig zu machen sind", sagte Gorbatschow.

Der 83-Jährige warnte davor, die Bluttat im Westen zum Schüren antirussischer Tendenzen zu missbrauchen. Die Hintermänner hätten offenkundig darauf gesetzt, den Druck auf Russland zu erhöhen. "Natürlich versuchen gewisse Kräfte, das Verbrechen für ihre Ziele zu nutzen, sie denken doch alle darüber nach, wie sie Putin loswerden können", sagte Gorbatschow.

Zum Tod von Putin-Kritiker Nemzow
:Einer von zu vielen

Der russische Oppositionelle Boris Nemzow wurde in Moskau unweit des Kreml erschossen. Kurz vor seinem Tod hat er in einem Interview das Ende des Ukraine-Kriegs gefordert. Er ist einer von vielen Putin-Kritikern, die ihr Engagement mit dem Leben bezahlen.

Von Hannah Beitzer

Auch US-Präsident Barack Obama hat die russische Führung zu einer raschen, unvoreingenommenen und transparenten Untersuchung des Mordes aufgerufen. Moskau müsse sicherstellen, "dass jene, die für diese bösartige Tat verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden", hieß es in einer in Washington veröffentlichten schriftlichen Erklärung. Nemzow sei ein unermüdlicher Fürsprecher seines Landes gewesen, würdigte Obama den scharfen Kritiker des russischen Präsidenten. Er habe für seine Mitbürger die Rechte zu erreichen versucht, auf die alle Menschen Anspruch hätten. "Ich habe es bewundert, wie mutig sich Nemzow dem Kampf gegen Korruption in Russland hingegeben hat", erklärte Obama. Er sprach den Hinterbliebenen und dem russischen Volk, "das einen der engagiertesten und eloquentesten Verteidiger seiner Rechte verloren hat", sein Beileid aus.

Als "brutalen Mord" bezeichnete ein Sprecher von Russlands Präsident Wladimir Putin die Tat, wie russische Nachrichtenagenturen berichten. Das Attentat habe alle Anzeichen eines Auftragsmordes und stelle eine außergewöhnliche Provokation dar. Putin habe die leitenden Mitarbeiter der obersten Ermittlungsbehörde, des Innenministeriums und des Inlandsgeheimdienstes FSB angewiesen, die Ermittlungen persönlich in die Hand zu nehmen. Auch er sprach den Angehörigen des Oppositionellen sein Beileid aus.

"Mit Empörung und tiefer Trauer habe ich von der brutalen Ermordung von Boris Nemzow erfahren", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini laut einer in Brüssel veröffentlichten Stellungnahme. Sie nannte Nemzow einen "starken Anwalt für eine moderne, blühende und demokratische russische Föderation". Die EU erwarte, dass die russischen Behörden den Fall rasch und umfassend untersuchen würden.

Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland, beklagte "ein Klima von Hass und Intoleranz, das sich in vielen Teilen Europas heutzutage entwickelt, darunter auch in Russland". Die europäischen Staaten müssten gemeinsam dagegen vorgehen.

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Frankreichs Präsident François Hollande hat die Ermordung von Nemzow als "niederträchtig" verurteilt. Es handele sich um einen "abscheulichen Mord" an einem "mutigen und unermüdlichen Verteidiger der Demokratie", erklärte Hollande. Zugleich würdigte er Nemzows "hartnäckigen" Kampf gegen die Korruption.

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Auch der ukrainische Präsident Petro Poroschenko äußerte sich schockiert über den Mord an Nemzow. "Boris wurde umgebracht. Es ist kaum zu glauben. Ich habe keine Zweifel, dass die Täter bestraft werden. Früher oder später", schrieb der prowestliche Staatschef noch in der Nacht zu Samstag bei Twitter.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, er sei "schockiert von der kaltblütigen Ermordung" Nemzows. Russland habe einen "erfahrenen Politiker" verloren, "der bereit war, für sein Land Verantwortung zu übernehmen". "Er trat für seine Überzeugung öffentlich ein und stellte sich gegen Korruption und Willkür, auch wenn seine eigene Freiheit darunter litt", fügte Steinmeier hinzu. Mit diesem Mord sei "dem Wirken einer furchtlosen Stimme ein jähes und feiges Ende" gesetzt worden. Steinmeier begrüßte, dass der Kreml "entschiedene Anstrengungen" zur Aufklärung der Tat angekündigt habe. Die Urheber des Verbrechens müssten in einem "transparenten und rechtsstaatlichen Verfahren" zur Rechenschaft gezogen werden.

Der bulgarische Außenminister Daniel Mitow forderte Moskau auf, dass nach einer "unabhängigen Ermittlung" die Ausführer dieser "kriminellen Handlung" zur Verantwortung gezogen würden.

© SZ.de/dpa/AFP/Reuters/mest - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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