Britische Serie "Fortitude" auf Sky Atlantic:Hier morden nicht nur die Eisbären

Fortitude

An Handlungssträngen und schwermütigen Charakteren wie dem Tierfotografen Henry Tyson (Michael Gambon) mangelt es Fortitude nicht - dafür aber an Humor.

(Foto: Sky Vision. A Tiger Aspect Production/Fifty Fathoms Production)

Wie "Lost", nur frostiger: Schauplatz der britischen TV-Serie "Fortitude" ist eine fiktive Bergwerkkolonie auf Spitzbergen. Gefahr droht den Bewohnern von der Natur - und sehr menschlichen Raubtieren.

Von Nicolas Freund

Am Anfang ist der Eisbär. Und der Eisbär hat Hunger. Deshalb futtert er zwischen Eisschollen und Nordseebrandung - keine Robbe, sondern einen Menschen. Ein anderer Mann streift durch diese Eiswüste, als er den Bären entdeckt, sein Gewehr anlegt und schießt. Nicht auf den Bären, sondern auf den Menschen. Der hat nämlich noch gelebt. Halb angeknabbert. Willkommen in Fortitude.

Das Städtchen Fortitude ist Böhmen am Meer, eine erfundene Bergwerkkolonie auf Spitzbergen, bewohnt vor allem von schrulligen Engländern und knuffigen Norwegern. In der abgelegenen Arktisgemeinschaft kommt es zu einem grausigen Todesfall, es wird ermittelt, jeder scheint irgendwie kriminell zu sein und alles ist sehr mysteriös. Die britische Serie wird von Sky als erstes Format zeitgleich in Großbritannien, Irland, Deutschland, Österreich und Italien ausgestrahlt.

Ein bisschen Humor könnte nicht schaden

Eine einsame Insel mit Eisbären und voller Geheimnisse, auf der jeder etwas zu verbergen hat? Das gab es auch schon vor ein paar Jahren bei Lost. Nur eben an einem denkbar gegensätzlichen Schauplatz: einer tropischen Insel. Damals sah der Eisbär im Trailer so albern aus, dass nachgedreht wurde. Falls bei Fortitude noch mal nachgedreht werden sollte, könnte ein bisschen Humor nicht schaden.

Denn das ist das einzige, woran es dieser vollgepackten Serie fehlt: Wildgewordene Eisbären, zwielichtige Russen, ein Mammut im ewigen Eis, ein schwerkrankes Kind, ein traumatisierter alter Mann und eine übereifrige Bürgermeisterin, die da, wo jetzt das Mammut ist, gern ein Hotel hätte - das sind nur ein paar der Handlungsstränge, die schon in der ersten Episode angerissen werden.

Man braucht ein paar Folgen, um sich als Zuschauer an dieses frostige Klima zu gewöhnen und langsam die Affären, Beziehungen und Bedrohungen im kleinen Fortitude nachzuvollziehen. Christopher Ecclestone, der in der Serie einen Professor mit Designerloft spielt, könnte da vielleicht noch durchblicken. Immerhin war er mal der allwissende Doktor in Dr. Who.

Mordermittlungen sind nur die Spitze des Eisbergs

Leider hält der Feingeist nicht lange durch, auf dem harten Pflaster von Fortitude, wo abends das halbe Dorf in der Heavy-Metal-Bar steil geht. Mit der Serie verhält es sich ganz ähnlich wie mit Stromgitarren: Nicht für jeden was, aber wenn man sich darauf einlässt, dann kann's richtig gut werden.

Fast wie eine Arktisexpedition: Irre, aber bewundernswert und, nach ein paar Folgen, wenn man das komplexe Beziehungsgeflecht langsam durchblickt, von einer ganz eigenen Faszination. Wie die Fjorde, Berge und Schneestürme, die als Kulisse dienen und von der Kamera im Laufe der zwölf Folgen nach und nach erkundet werden.

Dazu sehen manche Einwohner komische Dinge, die gar nicht da sein dürften. Lost lässt noch einmal grüßen. Und die Mordermittlungen sind natürlich nur die Spitze des Eisberges. Denn irgendetwas ist im ewigen Eis versteckt. Und jeder im Dorf scheint etwas im Schilde zu führen. Vielleicht sogar die Eisbären.

Fortitude, dienstags, 21 Uhr, Sky Atlantic, sowie über die Sky-Mediatheken.

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