Justiz in München:Neonazis demonstrieren gegen NSU-Prozess

  • Vor dem Münchner Justizzentrum, in dem der NSU-Prozess stattfindet, demonstrieren am Dienstagmorgen etwa ein Dutzend Neonazis für die Freilassung des Angeklagten Ralf Wohlleben.
  • Der Protest der 100 Gegendemonstranten ist so laut, dass von den Reden der Rechten kaum etwas zu verstehen ist.
  • Kurz zuvor scheiterte die Stadt München mit dem Versuch, die Demonstration zu verlagern - etwas weiter weg vom Verhandlungsort.

Von Bernd Kastner

Etwa ein Dutzend Neonazis haben am Dienstagvormittag neben dem Eingang des Münchner Justizzentrums gegen den NSU-Prozess protestiert. Sie forderten unter anderem die Freilassung von Ralf Wohlleben, einem der Angeklagten. Das seit zwei Jahren laufende Verfahren kritisieren sie als "Schauprozess". Gut 100 Gegendemonstranten begleiteten die Kundgebung mit Pfiffen und Rufen wie "Mörderbande, Bombenleger" oder: "Ihr seid so lächerlich."

70 Polizeibeamte im Einsatz

Angemeldet hatte die Kundgebung der Münchner Kreisvorsitzende der Partei "Die Rechte", Philipp Hasselbach, der zuletzt immer wieder bei den Märschen des Münchner Pegida-Ablegers Bagida dabei war. Auch ein anderer Rechtsextremist, den man regelmäßig bei Bagida sieht, stand innerhalb der Polizeiabsperrung auf dem Fußweg der Nymphenburger Straße. "Freiheit für die politischen Gefangenen in der BRD", stand auf einem der Transparente der Rechtsextremisten.

Von ihren Reden war so gut wie nichts zu verstehen, so laut war der Protest der Gegendemonstranten. Unter ihnen waren zum Beispiel die Landtagsabgeordneten Katharina Schulze (Grüne) und Florian Ritter (SPD). Die Polizei war mit etwa 70 Beamten im Einsatz, alles blieb friedlich. Nach eineinhalb Stunden zogen die Neonazis wieder ab.

Verwaltungsgericht genehmigt Rechten-Kundgebung vor dem Gericht

In der Nacht zuvor war die Stadt München in zwei Gerichtsinstanzen mit dem Ansinnen gescheitert, die Kundgebung etwa 60 Meter weg vom Gerichtseingang zu verlegen. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) sah Würde und Ehre der Angehörigen von NSU-Mordopfern durch die unmittelbare Nähe zum Gerichtseingang verletzt, man wertete die Aktion als "Provokation".

Die Rechtsextremisten zogen dagegen vor Gericht. Sowohl Verwaltungsgericht als auch Verwaltungsgerichtshof gaben ihnen recht und genehmigten die Kundgebung wenige Meter neben dem Eingang. Die Belange der Angehörigen würden zwar tangiert, aber nicht so stark, dass eine Verlegung der Kundgebung gerechtfertigt wäre, so laut KVR der Tenor der Richterentscheidungen.

Verhandlungstag im NSU-Prozess abgesagt

Die für diesen Tag geplante Verhandlung im NSU-Prozess fand dann aber gar nicht statt. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ist erneut erkrankt. Das Gericht sagte darum den 189. Verhandlungstag am Dienstag überraschend ab. Am Mittwoch soll das Verfahren planmäßig weitergehen. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Gericht das Verfahren wegen einer Erkrankung Zschäpes unterbrochen.

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