IT-Initiative Women Who Code:Gegen die Männerzirkel in der Tech-Industrie

Alaina Percival

Als Alaina Percival merkte, dass sie ein Zwei-Millionen-Dollar-Business abends und am Wochenende führt, machte sie Women Who Code zu ihrem Vollzeitjob.

Das Silicon Valley wird noch immer von Männern dominiert. Alaina Percival will das ändern. Deshalb hat sie Women Who Code gegründet - doch in Deutschland hat es die Initiative schwer.

Von Alexandra Borchardt

Was sie am meisten ärgere? "Wenn Menschen immer nur etwas haben wollen und nicht bereit sind, erst einmal etwas zu geben", sagt Alaina Percival, 34. Sie kann das fordern: ein bisschen weniger Eigennutz, ein bisschen mehr an andere denken. Denn Percival ist Gründerin und Chefin von Women Who Code, einer gemeinnützigen Organisation mit Sitz im Silicon Valley, die Frauenkarrieren in Tech-Berufen vorantreibt. In 50 Städten auf allen Kontinenten hat sie schon Büros eröffnet. Dort werden Sponsoren angeworben und Technologiekonferenzen zum Netzwerken organisiert. 25 000 Mitglieder haben sich bislang der Sache verschrieben, Frauen für eine Branche zu begeistern, in der sich die wenigsten willkommen fühlen. In fünf Jahren sollen es eine Million sein.

Percival ist derzeit in Europa auf Werbetour. Kopenhagen, Hamburg, München - ihre Augen leuchten. Sie ist eine, die einfach mal anpackt. Jetzt, wo sie begonnen hat, scheint sie kaum aufzuhalten zu sein. Das war nicht immer so. Eigentlich sei sie als Schülerin in Mathe viel besser gewesen als in Sprachen, erzählt Percival. Sie wuchs in Atlanta auf, aber ihr sei nicht im Traum eingefallen, sich am prestigeträchtigen Georgia Tech zu bewerben.

Von der Praktikantin zur Produktmanagerin

Das mit der Schwäche in Sprachen mag man ihr nicht ganz abnehmen; hatte sie doch ein Austauschstipendium des Deutschen Bundestages gewonnen und dann ihre Karriere in Nürnberg begonnen. Dort arbeitete sie sich von 2004 an beim Sportartikelhersteller Puma von der Praktikantin bis zur Produktmanagerin hoch. Zurück in den USA blieb sie der Branche treu. Bei der Vermarktung von Spezial-Sportschuhen für Volleyballerinnen und Basketballerinnen erlebte sie, wie viel schwerer es Athletinnen beim Einstieg in eine professionelle Sportkarriere haben als Athleten.

In die Tech-Branche wechselte sie vor vier Jahren und stellte als Marketing-Spezialistin zwei Dinge fest: Erstens, in den meisten Tech-Firmen sei der Umgangston Frauen gegenüber gewöhnungsbedürftig, vorsichtig formuliert. "Es sind diese vielen kleinen Dinge", sagt sie. Zum Beispiel würden gestandene Ingenieurinnen gerne mal um ein Gespräch mit dem Chef gebeten. Und zweitens tue man sich in den Männerzirkeln des Valley schwer, wenn man nicht ein bisschen programmieren könne.

Wer programmieren kann, fühlt sich plötzlich mächtig

Gesagt, getan. "Es ist hart, programmieren zu lernen. Aber es ist aufregend, wie mächtig man sich plötzlich fühlt, wenn man es macht", erzählt sie. Ihr erstes eigenes Programm sei eins gewesen, das jede Stunde eine neue Nachricht aus der Tech-Branche auf ihr Mobiltelefon schob. Frauen sollten keine Berührungsängste haben, sagt sie: "Programmieren ist nichts anderes, als Probleme zu lösen."

Women Who Code entwickelte Percival zunächst in ihrer Freizeit. "Im letzten Sommer habe ich dann festgestellt, dass ich ein Zwei-Millionen-Dollar-Business abends und am Wochenende führe", sagt sie. Daraufhin machte sie es zu einem Vollzeitjob.

Die Expansion laufe besonders in Lateinamerika gut. Da gäbe es ein großes Gemeinschaftsgefühl. In Europa gehe es etwas langsamer. "Man merkt, dass es zum Beispiel in Deutschland keine ausgeprägte Kultur ehrenamtlicher Tätigkeiten gibt." Die meisten Mitarbeiter arbeiten ohne ein Gehalt für Women Who Code, profitieren aber von der Führungserfahrung. Das Engagement beeinflusse Karrieren sehr positiv, sagt Percival. "Innerhalb eines Jahres haben die meisten eine Führungsposition in der Branche."

Sie rät Frauen dringend zu einer IT-Karriere. Der Bedarf an Software-Spezialisten sei gewaltig, es winkten sichere, gut bezahlte Jobs mit flexiblen Arbeitsmöglichkeiten. Programmieren sei auch spät noch erlernbar: "Sie können Ihr Leben mit 55 neu erfinden!"

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