Neue Strukturen:Zwischen Fluch und Segen

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Kritischer Geist: Josef Riedl freut sich schon auf die Dekanatskonferenz Mitte März, bei der er viel Kritik an der Obrigkeit erwartet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Ebersberger Kreisdekan Josef Riedl fühlt sich vom Ordinariat mit der Nachricht überrumpelt, dass die Pfarreien mit Verwaltungsleitern unterstützt werden sollen. Schließlich gebe es noch viele ungeklärte Faktoren

Von Anja Blum, Ebersberg

"Von meinen Kollegen hat es sicherlich viele kalt erwischt, als sie heute Morgen die Zeitung aufgeschlagen haben", sagt der Ebersberger Dekan Josef Riedl. Denn die meisten hätten von den Plänen des Ordinariats, die darin verkündet werden, noch nichts gewusst: Das Erzbistum München und Freising will noch in diesem Jahr mehrere Verwaltungsleiter einstellen, um die pastoralen Mitarbeiter in den Pfarreien zu entlasten. Sie sollen wieder mehr Zeit für ihre seelsorgerischen Aufgaben haben. Auch Riedl, als Dekan der oberste Katholik im Landkreis und zugleich Pfarrer in der Kreisstadt, wurde über diesen Vorstoß erst Mitte Februar auf der Dekankonferenz informiert - allerdings, so betont er, "nicht in der Eindringlichkeit", die die neuste Presseerklärung des Ordinariats biete. Die Gelegenheit, das Thema mit seinen Kollegen aus dem Landkreis zu besprechen, habe sich bislang ebenfalls noch nicht geboten: Die nächste Dekanatskonferenz findet erst Mitte März statt.

Den Plan, mit Fachleuten in der Verwaltung der Pfarreien und Pfarrverbände für Entlastung zu sorgen, hält Riedl grundsätzlich für eine gute Idee. "Das ist eine Perspektive mit vielen positiven Aspekten", sagt er, werde die personelle Not an der Basis doch zunehmend größer. Und doch kann Riedl den Plänen des Ordinariats derzeit nicht uneingeschränkt zustimmen, ganz im Gegenteil: Die Liste seiner Bedenken ist lang.

Dabei hapert es Riedls Meinung nach vor allem an der Umsetzung. "Das fängt schon mal damit an, dass ich es sehr unglücklich finde, dass diese Sache jetzt so groß in der Öffentlichkeit ist, wo doch noch so viel interner Kommunikationsbedarf besteht", klagt der Dekan. Schließlich seien nach wie vor viele Fragen ungeklärt - und diese Tatsache führe in den Pfarreien freilich zu Diskussionen, Verunsicherung und Ängsten. "Schon bei der Dekankonferenz gab es viele, viele kritische Nachfragen - und all diese Dinge hätte man unbedingt vorher klären sollen", so Riedl.

Zum Beispiel sei noch überhaupt nicht klar, wie der Plan konkret umgesetzt werden soll. Der Stellenschlüssel sieht vor, dass die Pfarreien pro tausend Katholiken 1,5 Arbeitsstunden eines Verwaltungsleiters geltend machen können. Eine Pfarrei mit 12 000 Mitgliedern beispielsweise hätte also Anspruch auf 18 Arbeitsstunden eines Verwaltungsleiters. "Aber wie soll das funktionieren?", fragt Riedl, der befürchtet, dass mit der Neuerung auch eine weitere Zentralisierung der Kirchenverwaltung einhergeht. Welche Pfarrei im Landkreis wie viel Unterstützung bekommen könnte, kann der Dekan demnach beim besten Willen noch nicht sagen. "Überlastet sind sie alle", so Riedl. Er selbst jedoch könne auf eine zusätzliche Verwaltungskraft in Ebersberg gerne verzichten, trotz seiner derzeitigen Zusatzbelastung als Pfarradministrator für das verwaiste Grafing: "Mein Büro hat die Sachen alle gut im Griff, das läuft."

Ebenfalls noch nicht geklärt ist für den Ebersberger Dekan die Frage der Zuständigkeiten: "Es heißt zwar, dass der Pfarrer der Chef bleiben soll, aber es besteht die berechtigte Sorge, dass der Verwaltungsleiter die Hand auf den Finanzen haben wird. Aber Geld ist auch für die Seelsorge manchmal unerlässlich." So eine Aufgabenteilung könne nur funktionieren, wenn die Beteiligten miteinander könnten. "Wenn nicht, ist da doch von Anfang an der Teufel drin." Problematisch findet der Dekan zudem, dass das Anforderungsprofil für die neuen Verwaltungsstellen noch nicht klar definiert ist - gerade mit Blick auf die jetzigen Mitarbeiter. Schließlich gebe es in den Pfarrbüros bereits viele kompetente Leute, die gute Arbeit leisteten.

"Im Februar hat es auch noch geheißen, dass man diese weiterqualifizieren wolle. Jetzt hört es sich so an, als denke man dabei nur noch an externe Fachleute", sagt Riedl. "Aber das gibt natürlich Ärger." Schließlich komme so bei den Mitarbeitern schnell die Sorge auf, wegrationalisiert zu werden. Überhaupt findet der Dekan es etwas befremdlich. dass das Ordinariat in seiner Pressemitteilung nur von Verwaltungsleitern in der männlichen Form spricht. "Dabei sind die Mitarbeiter in den Pfarrbüros wahrscheinlich zu 90 Prozent Frauen", sagt er, "aber das scheint man nicht im Blick zu haben".

Gespannt ist Riedl schon auf die Ebersberger Dekanatskonferenz am Donnerstag, 12. März, zu der sich der Generalvikar sowie der Finanzdirektor des Ordinariats angekündigt haben. "Da werden sicher einige von uns ein bisschen lospoltern", prophezeit der Dekan. Doch dieses Schauspiel mitzuerleben wird nur wenigen vergönnt sein: Die Veranstaltung ist nicht öffentlich.

© SZ vom 04.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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