Kriminalität im Netz:Heiratsanträge an die Polizisten

In einem Vortrag über Netzkriminalität erzählt ein Kripobeamter von Ermittlungserfolgen und mahnt: Passt auf eure Kinder auf

Von Julian Erbersdobler

Katscherly hat ein sehr hübsches Gesicht. Und dann noch die langen blonden Haare dazu. Die junge Frau ist frisch nach München gezogen und sucht hier neue Freunde. Und die findet sie in einem sozialen Netzwerk auch schnell, erzählt Kriminalhauptkommissar Josef Dietz den Zuhörern im Sparkassensaal, die gespannt auf die Pointe warten. Acht Heiratsanträge seien nach nur drei Tagen in ihr virtuelles Postfach geflattert. Acht Heiratsanträge an drei männliche Polizisten, die hinter der fiktiven Schönheit stehen.

Es ist eine seiner Lieblingsgeschichten, das kann Dietz nicht verbergen. Aber sie hat auch einen ernsten Hintergrund: den Überfall auf einen 17-jährigen Jungen. Drei Täter sollen es gewesen sein, ein "Ilya" (Name geändert), vermutlich russischer Herkunft, daran konnte sich das Opfer noch erinnern. Mehr brauchen die Ermittler nicht. Sie suchen sein Profil, bieten ihm die Freundschaft an und vereinbaren ein Treffen. Als junge, blonde, hübsche Katscherly. Dietz: "Das steht übrigens für catch early, also schnell fassen. Die Kollegen haben Humor."

Am Ende stellen fünf SEK-Beamte den Täter. Über einen Beamer wirft Dietz einen Steckbrief an die Wand. Ilya hat ein Sony Ericsson Handy. Und einen Kampfhund. Am liebsten hört er Hip Hop. Das hat er alles in sein Profil geschrieben. Es wurde ihm zum Verhängnis. Viele der Geschichten des Hauptkommissars klingen wie das Drehbuch für eine RTL-Nachmittagsserie. Aber im Gegensatz zu den frei erfundenen, geht es an diesem Abend um reale Fälle aus dem Berufsalltag der Kripo. Fälle, über die ein Mann berichtet, der seit 37 Jahren bei der Polizei ist. Besonders aktuell: Cyberkriminalität. Zu diesem Thema hat ihn die Sparkasse Dachau eingeladen. Mit dem Vortag von Josef Dietz beginnt eine ganze Reihe, die gemeinsam mit der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck ins Leben gerufen wurde.

Die wichtigste Botschaft des Abends erleichtert viele Zuhörer: Onlinebanking ist grundsätzlich sicher, wenn man sich als Benutzer drei Dinge zu Herzen nimmt. "Achten Sie immer darauf, dass eine sichere Verbindung besteht", sagt Dietz. Das könne man am sichtbaren Schloss vor der Internetadresse überprüfen. Außerdem wichtig: das "https" in der Adresszeile. "Und dann müssen sie natürlich vor allem darauf achten, dass Ihr Computer virenfrei bleibt." Das Risiko "gehackt" zu werden, bestehe allerdings immer, gesteht der Kriminalhauptkommissar ein. Man könne das Risiko allerdings so aber minimieren.

Der gebürtige Niederbayer hinterlässt beim Publikum einen bodenständigen Eindruck, Computer werden "gehackt" nicht "gehacked". Josef Dietz bringt seine Zuhörer auch immer wieder zum Lachen, ohne dabei die Ernsthaftigkeit des Themas zu verdrängen. An einer Stelle wird er sehr deutlich. Es geht um Kinder und Jugendliche. Auch hier erzählt er von einem Fall, den er selbst aufgeklärt hat. Die Geschichte spielt sich in einem Germeringer Hotel ab. Gemeinsam mit zwei Kollegen überführt Dietz einen 18-Jährigen, der auf zwei Computern mehr als 100 000 Kreditkartendaten gesammelt und weiterverkauft hat. Und das sei bei weitem nicht sein jüngster Internettäter gewesen, sagt er. Sein Appell: "Liebe Eltern, schauen Sie doch bitte, was ihr Kind am Computer oder am Handy macht."

Damit es nicht soweit kommt wie bei einer Familie in Gauting, die nun 1,7 Millionen Euro zahlen muss. Der 12-jährige Sohn hatte jeden Tag mindestens drei Pakete verschickt, Pakete mit illegal gebrannten Filmen. Und das Geschäft scheint sich gelohnt zu haben. Nur nicht für die Eltern. Sie müssen jetzt für den entstandenen Schaden aufkommen.

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