Bad Tölz:Schade um den Jochberg

Der Innsbrucker Wasserbau-Wissenschaftler Markus Aufleger bedauert bei den Kreis-Grünen die Ablehnung eines Pumpspeicherwerks. Er nennt diese Technik das Mittel der Wahl zur Energiewende im alpinen Raum

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Die Planungen für das umstrittene Pumpspeicherwerk am Jochberg liegen momentan auf Eis. "Sie sind nicht ganz tot, aber eingefroren", sagte Markus Aufleger am Montagabend bei einem Vortrag auf Einladung der Kreis-Grünen. Aufleger ist Leiter des Arbeitsbereichs Wasserbau an der Universität Innsbruck und Experte auf dem Gebiet der Pumpspeichertechnologie. Kürzlich nahm er als Vertreter der Wissenschaft am Energiedialog der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) teil. Seiner Meinung nach sind Pumpspeicherwerke (PSW) in den Alpen die Technologie der Wahl, wenn sie landschaftsverträglich gebaut werden. Die Grünen im Landkreis, die, anders als die Landtagsfraktion, gegen das Jochbergprojekt sind, befürchten, dass das Thema noch nicht vom Tisch ist.

Etwa 40 Interessierte waren am Montag in den Gasthof Kolberbräu gekommen. In den Redebeiträgen wurde häufig die Sorge geäußert, dass die Planungen am Jochberg-Speicher wieder aufleben könnten, wenn sich PSW, anders als unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, wirtschaftlich rechnen würden. Aufleger glaubt nicht, dass der Jochberg noch einmal als Standort diskutiert wird. "Die Politik hat sich wegen der massiven öffentlichen Ablehnung vom Jochberg distanziert". Das habe in der Wasserkraftszene ein "weites Raunen" verursacht. Denn Pumpspeicherwerke seien im Alpenraum sinnvoll: Vergleichsweise niedrige Investitionskosten, hohe Lebensdauer und ein Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent - allerdings nur als Kurzzeitspeicher über einige Stunden. Aufleger ist überzeugt, dass auch im Sinne des Klimaschutzes mehr PSW gebraucht werden. Um Eingriffe in die Landschaft zu reduzieren, würden Modelle entwickelt, bei denen das Oberbecken in den Berg eingebettet und so fast nicht mehr sichtbar sei.

'Energiespeicher - wie weiter'

Markus Aufleger (li.), Professor an der Universität Innsbruck, mit Grünen-Sprecher Klaus Koch.

(Foto: Manfred Neubauer)

In seinem Vortrag stellte der Ingenieur auch Alternativen vor, die beim Energiedialog besprochen worden seien. Etwa die Power-to-Gas-Technologie; ein Langzeitspeicher, bei dem die chemischen Prozesse allerdings teuer und der Wirkungsgrad mit 30 Prozent niedrig seien. Batterien hätten dagegen einen sehr hohen Wirkungsgrad, allerdings handele es sich um Kurzzeitspeicher mit noch unklarer Ökobilanz. Denn das Lithium für die Batterien komme aus Bolivien. Gravity-Power-Anlagen oder Power-Tower mit gleichem Prinzip hätten einen ähnlich hohen Wirkungsgrad wie PSW. Allerdings müssten für Gravity-Power-Anlagen Löcher von 100 Metern Tiefe und 30 Metern Durchmesser gebohrt werden, um nennenswerte Leistungen von zehn Megawattstunden zu erzeugen. Im Innsbrucker Institut forscht man deshalb an Türmen, die unabhängig von der Topografie dort gebaut werden könnten, wo Energie aus Wind und Sonne erzeugt wird. Diese Speicherformen seien allerdings deutlich teurer als ein PSW. Aufleger mahnte eine Zusammenarbeit mit Österreich und der Schweiz an, wo, anders als in Deutschland, neue PSW geplant oder bereits genehmigt seien. "Die Tiroler Projekte finde ich ökologisch in Ordnung und technisch gut", sagte Aufleger. Ein entsprechendes Angebot aus Österreich sei in der bayerischen Politik aber nicht wirklich diskutiert worden.

In der Diskussion verwies Albert Orterer auf Potenziale durch intelligente Stromsteuerung und die bereits beschlossenen Stromtrassen zwischen Deutschland und Norwegen. Speichersysteme seien frühestens vom Jahr 2035 an nötig. Friedl Krönauer, Sprecher des Bunds Naturschutz, plädierte für einen umfassenden Wandel: "Wenn wir heilige Kühe nicht schlachten und stattdessen nur auf Elektromobilität umstellen, wird der Strombedarf noch größer."

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