Ex-CSU-Fraktionschef vor Gericht:Unerwartete Solidarität für Georg Schmid

Prozess gegen den früheren CSU-Landtagsfraktionschef

Pranger oder nicht? Dass Georg Schmid zu Prozessauftakt unter aller Augen und im Hemd kontrolliert wurde, stößt auf heftige Kritik.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Laut Grundgesetz sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach Ansicht des früheren CSU-Chefs Erwin Huber wurde der Angeklagte Georg Schmid schlechter behandelt als andere. Er spricht von einem multimedialen Pranger.

Von Stefan Mayr und Frank Müller

Viele Freunde hat der nun vor Gericht stehende Ex-CSU-Fraktionschef Georg Schmid in seiner Partei eigentlich nicht mehr - die Umstände beim Prozessauftakt in Augsburg bescheren ihm nun jedoch noch einmal unerwartete Solidarität. In der Fraktion habe es einigen Unmut darüber gegeben, dass Schmid prangerartig vorgeführt worden sei, heißt es im Landtag.

Auch während einer Fraktionssitzung sei das Thema angesprochen worden, Fraktionschef Thomas Kreuzer, Nach-Nachfolger Schmids, habe sich ebenfalls kritisch geäußert. Der Augsburger Justiz wurde vorgehalten, den Prozess und Schmids Auftritt unprofessionell organisiert zu haben. Am deutlichsten ging öffentlich Ex-Parteichef Erwin Huber auf Distanz. "Ich dachte, der Pranger ist abgeschafft", schrieb Huber auf seiner Facebook-Seite.

Schlimme Stunden für Georg Schmid

Was Schmid am Montag erlebte, waren wohl die schlimmsten Stunden seines Lebens. Gleich zu Beginn des ersten Prozesstages musste er durch die Sicherheitsschleuse des Augsburger Strafjustizzentrums. Da stand er nun im weißen Hemd, streckte beide Arme von sich und musste quälend lange die Metalldetektor-Prozedur über sich ergehen lassen. Ohne Sakko, ohne Schutz vor den 20 Fotografen und Kameraleuten, die aus nächster Nähe gnadenlos draufhielten.

Später, im Schwurgerichtssaal, wurde es kaum besser: Das Gericht ließ Ausschnitte des TV-Politmagazins "Kontrovers" aus dem Jahr 2013 an die Wand projizieren, als die sogenannte Verwandtenaffäre hochkochte. Die Bilder waren so groß wie beim Public Viewing. Davor kauerte Schmid im abgedunkelten Raum. Wie ein Fußballer, der soeben per Eigentor in letzter Minute eine Endspiel-Niederlage verschuldet hat.

Hängende Schultern, hängender Kopf. Der Film hinter ihm zeigte Auszüge aus Internet-Foren. Sekundenlang leuchteten zwei Wörter auf: "Schmarotzer = Verbrecher". Der Beitrag zeigte auch Ausschnitte aus einer Landtags-Debatte. Der Zwischenruf eines Abgeordneten hallt durch den vollbesetzten Gerichtssaal: "Amigo!"

Wie andere Angeklagte behandelt werden

War das ein multimedialer Pranger? Oder die notwendige Aufarbeitung einer Straftat? Eine unnötige öffentliche Demontage eines gestürzten Politikers oder schlichtweg Ausdruck der Gleichbehandlung aller Angeklagten? Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, sagt Artikel 3 des Grundgesetzes.

Erwin Huber zieht in seinem Facebook-Beitrag auch Vergleiche zu anderen Prozessen. Der wegen Kinderpornos angeklagte Ex-SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy habe den Gerichtssaal durch die Hintertür betreten dürfen, die NSU-Angeklagte Beate Zschäpe dürfe in München nur mehr an bestimmten Verhandlungstagen fotografiert werden. "Gibt es denn noch Klugheit bei Richtern in Bayern?", fragt Huber. Am 16. März wird der Prozess fortgesetzt. Es darf mit Spannung erwartet werden, ob die Kritik der Parteikollegen Konsequenzen haben wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: