Solidaritätszuschlag:SPD wirft Merkel "180-Grad-Wende" vor

Kabinettssitzung

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (links) und Bundeskanzlerin Merkel sind sich uneinig in Sachen Soli.

(Foto: dpa)
  • Die SPD kritisiert den Plan der Union, den Solidaritätszuschlag von 2020 an zu senken.
  • Lieber sähen die Genossen den usprünglichen Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble in die Tat umgesetzt, der den "Soli" abschaffen und dafür die Einkommenssteuer anheben wollte, um die Einnahmen für den Staat zu erhalten.
  • Die CSU sperrte sich gegen Schäubles Plan, weil sie dadurch Wahlversprechen gebrochen sieht und höhere Beiträge Bayerns zum Länderfinanzausgleich fürchtet.
  • Die Einnahmen durch den "Soli" betragen derzeit 15 Milliarden Euro. Sie stehen dem Bund zu. Im Falle einer Erhöhung der Einkommenssteuer würden auch die Länder profitieren. SPD-regierte Länder lehnen deshalb den Vorschlag der Union ab.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die SPD lehnt das Vorhaben der Union ab, den Solidaritätszuschlag vom Jahr 2020 an zu senken. SPD-Chef Sigmar Gabriel beklagte, die Union habe damit eine "180-Grad-Wende vollzogen". Er bezog sich dabei auf frühere Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese hatte noch im Dezember gesagt, die Regierung werde "auf jeden Fall" auch nach dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 auf den Soli angewiesen sein. Man könne auf die Einnahmen "nicht einfach verzichten". Trotz dieser Ankündigung haben sich die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, sowie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jetzt darauf verständigt, den Soli von 2020 an senken zu wollen.

Nach Ansicht der SPD ist die CSU für die Kehrtwende verantwortlich

Gabriel sagte, Schäuble sei gezwungen worden, den auch von der SPD unterstützten Vorschlag, den Soli in die Einkommensteuer zu integrieren, fallen zu lassen. Nach Ansicht der SPD ist für die Kehrtwende die CSU verantwortlich. Die finanzpolitische Linie der Union werde "nun schon seit geraumer Zeit aus München diktiert", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Carsten Schneider. Es sei "erschreckend", dass sich in diesen zentralen Fragen die Kanzlerin und der Finanzminister "am Gängelband von Seehofer führen lassen". Gabriel verlangte von Schäuble, einen neuen Vorschlag zu präsentieren, der drei Ziele erfülle: Keine neuen Schulden, die Fortsetzung des Aufbaus Ost und einen solidarischen Länderfinanzausgleich.

Schäuble befürchtet, dass der Solidaritätszuschlag mit dem offiziellen Ende der Ostförderung im Jahr 2019 verfassungsrechtlich angreifbar wird, da der Staat eine derartige Ergänzungsabgabe nicht endlos erheben darf. Er wollte den Solidaritätszuschlag deshalb ganz abzuschaffen, im Gegenzug aber die Einkommensteuersätze aufkommensneutral erhöhen.

Kurswechsel der Union erschwert Einigung mit den Ländern

Die CSU sperrte sich aus mehreren Gründen gegen diesen Vorschlag. Zum einen würde ihrer Ansicht nach dadurch das Versprechen der Union gebrochen, keine einzige Steuer zu erhöhen. Außerdem ist eine für jeden einzelnen Steuerzahler neutrale Überführung des Soli in die Einkommensteuer in der Praxis nur schwer zu erreichen.

Die CSU befürchtet zudem, dass eine Erhöhung der Einkommensteuer die erheblichen Unterschiede in der Finanzkraft der Bundesländer verstärkt, da arme Länder von dieser Lösung weniger profitieren würden als reiche. Damit liefe Bayern Gefahr, noch mehr als bisher in den Länderfinanzausgleich einzahlen zu müssen.

Die Einnahmen aus dem Soli stehen dem Bund zu, sie belaufen sich derzeit auf 15 Milliarden Euro jährlich. Der Kurswechsel der Union erschwert eine Einigung bei den Gesprächen des Bundes mit den Ländern. An dem Aufkommen an der Einkommensteuer sind auch die Länder beteiligt, eine Überführung des Soli in die Einkommensteuer hätte den Ländern daher Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe gebracht. Am Mittwoch lehnten deshalb zahlreiche SPD-regierte Bundesländer den Vorschlag der Union ab. Seehofer bekräftigte trotzdem die Haltung der Union. Er sagte, Merkel und er seien sich einig, dass der Solidaritätszuschlag schrittweise abgesenkt werden sollte.

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