Landkreis:Parktourismus am Bahnhof

An S-Bahn-Stationen an den Tarifzonengrenzen des MVV stehen zu viele Fahrzeuge. Die betroffenen Gemeinden suchen nach kreativen Lösungen. Taufkirchen will Auswärtige stärker als Einheimische zur Kasse bitten

Von Iris Hilberth, Landkreis

Zum "Parken und Reisen" fordert das blaue Straßenschild mit den Buchstaben "P"und "R" am Bahnhof offiziellauf. Wenn allerdings zu viele reisen, kann es auf den Park-and-Ride-Plätzen unangenehm eng werden. Das muss auch Maria Bremer aus dem Taufkirchner Ortsteil Potzham immer wieder feststellen. Zwar würde sie mit dem 225er Bus zur S-Bahn fahren. Doch der verkehrt nur bis 19.30 Uhr. Wie also zurückkommen? So ist es morgens eine echte Herausforderung, wenn nicht gar ein unmögliches Vorhaben, das Auto am Bahnhof zu parken. "Von acht Uhr an ist kein Parkplatz frei", sagt Bremer und ist davon wohl recht genervt. Bei der Bürgerversammlung hatte sie "um Abhilfe" gebeten - für Taufkirchner Bürger.

Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) kennt das Parkplatzproblem genauso wie die Bürgermeister anderer Gemeinden entlang der S-Bahn. Taufkirchen trifft es besonders, weil hier die Tarifzone endet und der Innenraum des MVV beginnt. Mit zwei Streifen der Zehnerkarte kommt man ins Stadtgebiet. Das ist auch finanziell attraktiv für Pendler. Sander ist über den "Parkraumtourismus" nicht glücklich und hat bereits darüber nachgedacht, wie man Auswärtige davon abschrecken könnte, hier alles zuzuparken, ohne die Einheimischen allzu sehr zur Kasse zu bitten. Im Gemeinderat hat er bereits eine Idee geäußert: Ein Parkautomat für Auswärtige und Jahresausweise zu 10,20 Euro für Taufkirchner Bürger. Noch ist die Sache nicht spruchreif, es soll erst ein Konzept entwickelt, mit den Anliegern gesprochen und vor allem geprüft werden: Geht das überhaupt? David Grothe von den Grünen ist skeptisch: "Das klingt wie die Autobahnmaut für Ausländer."

Beim Bayerischen Gemeindetag kann man sich durchaus vorstellen, dass diese Lösung für die eigenen Bürger rechtens wäre. "Ich glaube nicht, dass dies jemanden diskriminiert", so Sprecher Wilfried Schober. Er verweist auf das Einheimischenmodell beim Wohnungsbau. Gleichwohl bezeichnet er die Idee als "ungewöhnlich". Das Landratsamt München ist anderer Ansicht. Die Experten im Sachgebiet Verkehrsrecht verweisen auf die Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung, die "Sonderparkberechtigungen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel" vorsehen, die in "ortsüblich fußläufig zumutbarer Entfernung von ihrer Wohnung" keine ausreichende Möglichkeit hätten, einen Parkplatz zu finden. Die Parkmöglichkeiten am Bahnhof Taufkirchen seien hingegen für die Pendler bestimmt.

Auch im benachbarten Oberhaching sind die stark frequentierten Parkplätze am Bahnhof regelmäßig Thema im Rathaus. Immer wieder gibt es Beschwerden über die zahlreichen Fahrzeuge vor allem mit Tölzer Kennzeichen an der S-Bahnstation Deisenhofen, da hier neben der S3 auch der Meridian abfährt. Doch stehen derzeit weder die Erweiterung der Stellplätze noch die Einführung von Parkscheinen zur Debatte. "Wenn zwanzig Plätze hinzukämen, wären die doch auch spätestens um acht Uhr belegt", ist Alexander Maierhöfer, persönlicher Referent des Bürgermeisters, sicher. Man dürfe sich freilich auch nicht die Illusion machen, dass alle mit dem Rad zum Bahnhof kommen. Auch der Hinweis, der Gemeinde, dass es in Oberhaching eine Mitfahrzentrale gebe, habe nicht wirklich zur Entlastung beigetragen. Dabei seien an der zweiten Oberhachinger S-Bahn-Station in Furth auch am Vormittag durchaus noch Parkplätze frei, da die Anfahrt etwas umständlicher sei als nach Deisenhofen. Investiert hat die Gemeinde kürzlich in Fahrradständer am Bahnhof. 50 zusätzliche Plätze werden für Radler geschaffen.

Auch die Gemeinde Unterhaching setzt darauf, dass ihre Bürger vor allem mit dem Rad zum Bahnhof fahren. Es gibt auch einen Park-and-Ride-Platz auf der Westseite der Station. Der werde zwar gut genutzt, doch seien dort laut Rathaussprecher Simon Hötzl durchaus immer ein paar Plätze frei. "Das hängt zum einen sicher damit zusammen, dass wir nicht am Ende der Tarifzone liegen. Außerdem ist dieser Platz etwas versteckt im Ort." Unterhaching hat außerdem vor fünf Jahren die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder von 75 auf über 140 Plätze aufgestockt. Doch selbst diese Doppelparklösung ist bereits wieder völlig ausgelastet, sodass über eine erneute Erweiterung nachgedacht wird.

Auch Haar liegt an der MVV-Innenraumgrenze und wird daher ähnlich gerne wie Taufkirchen von Pendlern angefahren. "Vor etwa drei Jahren haben wir auch schon mal über eine Parkraumbewirtschaftung nachgedacht", erinnert sich Rathaussprecherin Ute Dechent. Nachdem der MVV jedoch der Gemeinde davon abgeraten hatte, die Autofahrer am Bahnhof für das Parken zahlen zu lassen, sei diese Idee wieder verworfen worden. Im nahen Feldkirchen sind jegliche Mautpläne für Fremde auch kein Thema. "Parkplatzprobleme haben wir sicher, nicht nur am Bahnhof", gibt Geschäftsleiter Heinz-Josef Reiser zu. Doch hoffe man mit der geplanten Erschließung der Station von Norden auch die Parkplatzsituation zu verbessern.

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