Anti-Doping-Experte Werner Franke:"In der zweiten Halbzeit wirkt sich Epo fantastisch aus"

Werner Franke

Glaubt an Doping im Fußball: Werner Franke, 70.

(Foto: dpa)

Jürgen Klopp, Mehmet Scholl und Robin Dutt sagen: Doping im Fußball bringt nichts. Der Anti-Doping-Experte Werner Franke findet: Sie haben zu wenig Ahnung. Er widerlegt ihre kruden Thesen.

Von Lisa Sonnabend

BVB-Trainer Jürgen Klopp, Stuttgarts Sportvorstand Robin Dutt und TV-Experte Mehmet Scholl glauben nicht daran, dass im Fußball gedopt wird. Es würde nichts bringen. Der Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke aus Heidelberg vertritt eine ganz andere Ansicht.

SZ.de: Herr Franke, Robin Dutt sagte vor ein paar Tagen: "Ich glaube fest daran, dass wir einen flächendeckend sauberen Sport haben." Gibt es im Fußball womöglich gar kein Doping?

Werner Franke: Es gibt genug Vorfälle, es gibt genug Erwischte. Das sind Fakten. Doping im Fußball hat eine lange Geschichte. Die Epo-Doping-Affäre von Juventus wurde vor Gericht behandelt. Es gab das Buch von Toni Schumacher, der beschreibt, wie es zuging. Der Fall Fuentes reichte in den Fußball hinein. Und bei der Frauen-WM in Deutschland flogen Spielerinnen der nordkoreanischen Mannschaft wegen Doping auf.

Laut Mehmet Scholl macht Doping im Fußball aber gar keinen Sinn. "Fußball ist so eine komplexe Sportart", sagte er am Dienstag im Fernsehen. "Nehmen wir mal an, du nimmst was zum Muskelaufbau. Darunter leidet die Koordination." Stimmt das?

Anders als beim Kugelstoßen oder Sprint ist Fußball keine Sportart, die nur von der Kraft abhängt. Da ist ein bisschen was dran. Was man an Muskelmasse gewinnt, muss man wieder koordinativ integrieren. Aber natürlich wirken auch im Fußball Dopingmittel nachweislich.

Wie genau?

In der zweiten Halbzeit wirken sich Epo und sogenannte Epo-Mimetika fantastisch aus. Die Spieler sind so gut wie in der ersten Hälfte. Keine Ermüdungserscheinungen mehr. Wenn Sie heute eine Partie sehen, wie die Spieler am Ende noch rumflitzen, das war früher nicht so.

Was ist noch vorstellbar?

Bei den sogenannten "Zweite-Halbzeit-Drogen" waren in Ballsportarten immer schon klassische Aufputschmittel dabei. Die amerikanische Anti-Doping-Agentur hat zum Beispiel seit den frühen Achtzigern sehr häufig Kokain gefunden. Kokain ist eine "awareness drug". Man ist vielleicht ein bisschen hektisch, aber hellwach, schnell und erwartet schon das Zuspiel des Mitspielers. Auch in den letzten, vielleicht entscheidenden Minuten der Partie. Heute gibt es da andere Substanzen.

"Klopp hat offenbar viel zu wenig Ahnung"

Warum wird dann niemand erwischt im deutschen Fußball?

Es gibt zahlreiche Substanzen, die von keinem Labor der Welt gefunden werden können. Im Fußball sind die Vereine reich genug - wie auch im Radsport - und sie können sich Ärzte leisten, die alles Mögliche vertuschen. Die vor einem offiziellen Test kontrollieren, ob bei einem Fußballer etwas nachweisbar ist. Oder nur Substanzen verabreichen, die nicht nachweisbar sind. Das System ist darauf angelegt, die Kontrollen auszutanzen.

Müsste mehr kontrolliert werden?

Bei den Wettkämpfen brauche ich eigentlich gar keine Kontrollen. Denn wer ist schon so doof! Im Fußball wird sicherlich weitgehend in Aufbauphasen gedopt. Also im Trainingslager in Südafrika, auf Mallorca oder in Katar. Da müsste man kontrollieren - und zwar überraschend. Aber da kommt mit ziemlicher Sicherheit kein Kontrolleur vorbei.

Auch BVB-Trainer Jürgen Klopp glaubt nicht an Doping im Fußball. Er sagt über die Vorfälle beim VfB Stuttgart in den Achtzigern: "Wenn sie etwas gekriegt haben, dann haben sie es sicher nicht gewusst." Die Worte des BVB-Trainers klingen ziemlich naiv.

Er hat offenbar viel zu wenig Ahnung davon. Es wäre für Dutt, Scholl oder Klopp nicht schlecht, wenn sie Grundlagen der Biologie und Medizin kennen würden. Das müsste allen Sportlern beigebracht werden. Das ist fehlende Bildung. Die Äußerungen zeigen auch: Die wollen ihr System schützen.

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