Argentinien:"Sie haben ihn umgebracht"

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Die Richterin Sandra Arroyo Salgado war mit dem verstorbenen Staatsanwalt Alberto Nisman verheiratet. (Foto: AFP)
  • Die Exfrau des verstorbenen argentinischen Staatsanwalts Alberto Nisman, Sandra Arroyo Salgado, will beweisen, dass ihr Mann ermordet wurde.
  • Salgado ist selbst Richterin, kann auf die offiziellen Ermittlungen aber wegen Befangenheit keinen Einfluss nehmen.
  • Die zuständige Staatsanwältin sagt, die Indizien reichten nicht aus, um festzustellen, ob es sich um einen Mord oder Suizid handelt.

Von Boris Herrmann

Der Staatsanwalt Dr. Alberto Nisman ist ermordet worden. Das behauptet jedenfalls die argentinische Richterin Sandra Arroyo Salgado. Man muss diese Nachricht mit Vorsicht genießen. Die Richterin ist Nismans Exfrau.

Arroyo Salgado hat am Donnerstag zu einer Pressekonferenz in einem Kleinkunst-theater in Buenos Aires eingeladen. Sie sitzt an einem Tischchen auf der Bühne, unter grünlichem Scheinwerferlicht. Das Szenario passt gut, denn der Fall Nisman ist neben all seiner menschlichen Tragik auch ein großes politisches Theaterstück.

Der Staatsanwalt war am 18. Januar tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Einen Tag, bevor er eine Anklageschrift gegen die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner im Parlament präsentieren wollte. Seither überschlagen sich in dem Land allerlei Theorien und Verschwörungstheorien. Viele Argentinier glauben, dass die Präsidentin den unbequemen Staatsanwalt aus dem Weg räumen ließ. Kirchner bestreitet das vehement.

Schweigemarsch für Staatsanwalt Nisman
:Zehntausende demonstrieren in Buenos Aires

Einen Monat nach dem mysteriösen Tod von Staatsanwalt Nismán fordern in Argentiniens Hauptstadt Zehntausende eine unabhängige Aufklärung des Falls. Präsidentin Kirchner verlässt die Stadt.

Das neue Gutachten basiert auf Fotos und Videos vom Tatort

Offiziell ist die Staatsanwältin Viviana Fein für die Ermittlungen zuständig. Die behauptet weiterhin, dass die bisherig vorliegenden Indizien nicht ausreichen würden, um zweifelsfrei sagen zu können, ob es sich um einen Mord oder einen Suizid handelte. Fein wird von allen Seiten dafür kritisiert, dass ihre Ermittlungen so langsam voranschreiten. Sandra Arroyo Salgado versucht nun offenbar auf eigene Faust, die Sache anzuschieben. Sie hatte von Anfang an öffentlich erklärt, dass sie nicht an einen Suizid glaubt.

Arroyo Salgado hat vor einigen Tagen den renommierten Gerichtsmediziner Ovaldo Ruffo damit beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Ruffo war bei der Autopsie nicht dabei, Nisman ist längst beerdigt worden. Das neue Gutachten basiert deshalb vor allem auf der Auswertung von Fotos und Videos vom Tatort. Gleichwohl behauptet Ruffo, "ohne jeden Zweifel" ausschließen zu können, dass es sich bei Nismans Tod um einen Suizid oder einen Unfall handelte.

Salgado tritt wie eine Richterin auf, nicht wie eine Angehörige

Arroyo Salgado verkündete in Ruffos Anwesenheit: "Sie haben ihn umgebracht, das ist jetzt wissenschaftlich nachgewiesen." Die ausgewerteten Bilder werden nicht veröffentlicht - aus Rücksicht auf die Angehörigen, wie es heißt.

Arroyo Salgado tritt auf der Theaterbühne nicht wie eine Familienangehörige auf, sondern wie eine Richterin, obwohl sie für diesen Fall wegen Befangenheit selbstverständlich nicht in Frage kommt. Sie behauptet, sie könne belegen, dass der Fundort der Leiche im Badezimmer nicht mit dem Tatort übereinstimme. "Die Leiche ist bewegt worden", teilt sie mit. Das ist eines ihrer zentralen Argumente für die Mord-These. Ganz am Ende sagt sie: "Die Wahrheit muss ans Licht kommen, auch deshalb, weil Kinder ihren Vater verloren haben". Da kommen der Richterin doch noch die Tränen.

© SZ vom 7.3.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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