Streit im Handball:"Wir sind die Verlierer, aber Du hast viel mehr verloren"

Rhein-Neckar Loewen v THW Kiel - DHB Cup

Uwe Gensheimer von den Rhein-Neckar Löwen beim Pokalspiel am Mittwoch.

(Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images)
  • DHB-Kapitän Uwe Gensheimer wird nach einem Foul im Spiel gegen Kiel in einem öffentlichen Facebook-Post angeprangert.
  • Urheber ist Kiels Kapitän Filip Jicha, der Gensheimer offen kritisiert.
  • Die Handballgemeinde erlebt einen kuriosen Streit.

Von Korbinian Eisenberger

Gensheimers harte Attacke

Die Szene am Mittwochabend hatte mit Handball wenig gemein. In Mannheim lief gerade die 14. Minute des Pokalspiels zwischen den Rhein-Neckar-Löwen und dem THW Kiel. Plötzlich ging Kiels René Toft Hansen neben Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer zu Boden. Die Fernseh-Zeitlupe zeigte deutlich, wie Gensheimer den Kieler Kreisläufer mit dem rechten Arm attackierte. Es war ein Foul, wie es selbst unter kampferprobten Handballern selten vorkommt. Geahndet wurde es vom Schiedsrichter nicht, die Partie lief weiter. Dem rüden Einsteigen folgte jedoch ein unorthodoxes Nachspiel.

Rekordmeister Kiel verlor die hochspannende Partie 26:29 und verpasste damit die Finalrunde der besten vier Pokal-Mannschaften. Kiels Kapitän Filip Jicha nahm die Ereignisse auf dem Feld zum Anlass, sich via Facebook direkt an Übeltäter Gensheimer zu richten. Der Tscheche veröffentlichte eine Videosequenz vom Foul des DHB-Kapitäns und widmete dem Linksaußen ein paar offene Worte

Jichas offene Worte

"Lieber Uwe Gensheimer, so geht das nicht! Das, was du gemacht hast, darfst du dir in deiner Position mit Vorbildcharakter einfach nicht erlauben", schrieb Jicha. "Aus Respekt zu unserer Sportart und auch, weil du - so wie ich - die Kapitänsbinde im Verein und in der Nationalmannschaft trägst." Und Jicha griff Gensheimer noch weiter an: "In diesem Pokalspiel habt ihr gewonnen, und wir sind die Verlierer. Aber du hast in meinen Augen viel mehr verloren." Seinen Beitrag schloss der Welthandballer des Jahres 2010 mit der Grußformel: "Dein Filip Jicha".

Eine nachträgliche Sperre muss Gensheimer trotz seiner rüden Aktion nicht fürchten. "Es wird keine Sanktion gegen Uwe Gensheimer geben", sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), dem SID am Freitag: "Es gilt die Tatsachen-Entscheidung des Schiedsrichters. Wenn ein Foul nicht im Spielbericht erwähnt wird, haben wir keine Möglichkeit einzugreifen." Bohmann äußerte sich schließlich auch zum öffentlichen Pranger Jichas. "Das ist ein bedenkenswerter Vorgang und die falsche Herangehensweise", sagte Bohmann mit Blick auf die Reaktion des Tschechen und verteidigte Gensheimer: "Bei aller Härte des Spiels: Uwe Gensheimer ist bislang als äußerst fairer Spieler aufgefallen und ist kein Haudrauf. Handball ist ein Kontaktsport, da kann so etwas passieren." Die Rhein-Neckar Löwen und Gensheimer selbst wollten sich zu der umstrittenen Szene auf SID-Anfrage nicht äußern. Es werde "keine Angaben geben, da alle Beteiligten die Sache bereits geklärt haben", hieß es seitens des Vereins.

Eindeutige Angaben machte unterdessen der von Gensheimer angegriffene Hansen. "Er hat mich mit der Faust auf die Brust geschlagen, das war eine klare Rote Karte", zitierten die Kieler Nachrichten den Dänen in ihrer Freitagsausgabe. "Ich habe mich sehr erschrocken, so kenne ich Uwe nicht", sagte derweil THW-Manager Thorsten Storm.

Kritik für den Kritiker

Im Netz gibt es neben vielen Kommentaren in Richtung Gensheimer auch Kritik an Jichas öffentlichem Auftreten in Facebook. Dass der Kieler Kapitän den Vorfall in einem für alle zugänglichen sozialen Netzwerk ausschlachtet, missfällt vielen Usern. In den Postings ist mehrfach von "schlechtem Stil" die Rede. "Facebook ist definitiv das falsche Medium für sowas", moniert ein Nutzer. "Ich glaube, die Aktion sprach für sich, eine mediale Hetze ist völlig unangebracht", lautete selbst der Kommentar eines Kieler Fans.

Ein Facebook-Kommentator gab Jicha schließlich noch einen Rat: "Uwe anrufen, die Situation klären und Schwamm drüber."

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