Erziehungsfragen:Wer darf zum Kindergeburtstag kommen?

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Wer darf zum Kindergeburtstag kommen - und wer nicht? (Foto: Catherina Hess)

Wenn du mich einlädst, sind wir Freunde: Ein Kind setzt ein anderes unter Druck. Soll die Mutter ihrer Tochter erlauben, das Mädchen einzuladen? Experten antworten.

Eine Leserin fragt:

Meine Tochter feiert bald ihren siebten Geburtstag und hat die sieben Kinder aus ihrer Klasse eingeladen, mit denen sie am besten befreundet ist. Nun hat sich noch ein recht beliebtes Mädchen, mit dem sie aber eher aneinandergerät, gemeldet. Es bietet ihr seine Freundschaft an, wenn es auch eingeladen wird. Meine Tochter will das Kind nun unbedingt dabei haben. Soll ich es erlauben? Tanja S. 35, München

Experten Antworten:

Kirsten Boie: Fragen Sie Ihre Tochter nach den Folgen

Sie werden Ihrer Tochter natürlich kaum vermitteln können, dass das "Versprechen" des Mädchens unsinnig ist - so funktioniert Freundschaft nun mal nicht, und die Beziehung der beiden wäre schon kurz nach der Feier dieselbe wie vorher. Aber in der Vorstellung von Siebenjährigen ist Freundschaft noch etwas, das man gegen eine Gegengabe verschenken oder vorenthalten kann. Vielleicht fragen Sie Ihre Tochter, warum sie dieses Mädchen denn vorher nicht eingeladen hat. Und welche Folgen es hätte, das "beliebte Mädchen" nicht einzuladen. Was wäre anders, schlimmer als jetzt? Offenbar ist Ihre Tochter ja nicht isoliert in der Klasse, sondern hat durchaus Freundinnen. Worin liegt also die Macht der kleinen Erpresserin? Dass sie Ihrer Tochter den Zugang zu ihrem Gefolge in der "beliebtesten" Gruppe der Klasse zugesteht? Wie wünschenswert wäre das? Warum hat sie das nicht jetzt getan, ohne Gegengabe? Vielleicht hilft es ja schon, wenn Sie Ihrer Tochter deutlich machen, dass es sich nicht um ein Versprechen handelt, sondern um Erpressung - und der sollte man nicht nachgeben. Trotzdem bedeutet es für Ihre Tochter einen für uns kaum mehr nachvollziehbar großen Zweispalt und Kummer. Aber was wäre, wenn sie das Mädchen einlüde - und drei Tage später wäre doch alles wieder wie bisher? Das wären Kummer und Kränkung.

Jesper Juul: Überlassen Sie die Entscheidung Ihrer Tochter

Familientherapeut Jesper Juul. (Foto: Franz Bischof)

Das ist eine phänomenale Gelegenheit für Sie und Ihre Tochter, einen philosophischen Diskurs zu führen. Ich nenne das so, weil die Philosophie auf Fragen basiert und dem Wunsch danach, die dazu passenden Antworten zu finden. Wie hat sie sich gefühlt, bevor und nachdem das Mädchen ihren Wunsch bekanntgegeben hat? Warum fühlen Sie sich geneigt, da mit Ihrer Erwachsenenmeinung einzugreifen? Nach zwei oder drei solchen Gesprächen können Sie die Entscheidung ruhig Ihrer Tochter überlassen und mit ihr darüber erneut ein paar Wochen nach der Geburtstagsparty sprechen. Es wird Ihre Beziehung mit immer mehr gegenseitigem Vertrauen bereichern.

Katia Saalfrank: Reden Sie mit Ihrem Kind über Freundschaft

Diplom-Pädagogin Katia Saalfrank. (Foto: picture alliance / dpa)

Erlauben oder nicht? Das müssen Sie selbst entscheiden. Ich kann nur sagen, was ich machen würde: Sieben Gäste sind eingeladen und es gibt sicher auch einen guten Grund dafür, dass genau diese Kinder eingeladen sind. Die Gästeliste ist voll und für jedes neue Lebensjahr einen weiteren Gast ist eine klare Regelung. Ich würde jedoch mit meiner Tochter verschiedene Aspekte besprechen: Welche Beweggründe hatte sie, diese Freunde einzuladen? Warum hat sie das neue Kind nicht eingeladen? Was bedeutet es überhaupt, eine Einladung auszusprechen? Welche Bedeutung hat Freundschaft? Vielleicht überlegen Sie, welche Ängste hinter der so überstürzten Zusatzeinladung liegen. Ich würde versuchen, das alles zu besprechen, ohne die getroffene Gästeregelung infrage zu stellen. Und eine nächste Gelegenheit zum Einladen kommt sicher wieder, so dass Sie dann an diese Fragen anknüpfen können, und Ihre Tochter diese wertvolle Erfahrung machen kann.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

© SZ vom 07.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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