Asam-Gymnasium in München:Warum Eltern die Bundeswehr nicht an der Schule haben wollen

  • Zehntklässler des Asam-Gymnasiums veranstalten eine Podiumsdiskussion zum Thema "Braucht Deutschland eine neue Außen- und Sicherheitspolitik?".
  • Sie selbst haben einen Jungoffizier als Diskutanten eingeladen.
  • Einige Eltern sind empört - sie befürchten unzulässige Werbung für die Bundeswehr.

Von Melanie Staudinger

Eine unreflektierte Werbung für Kriege und Militarismus oder doch ein Beitrag zur politischen Bildung? Wenn die Jugendoffiziere der Bundeswehr an Schulen kommen, löst dies meist Diskussionen aus - wie jetzt am Obergiesinger Asam-Gymnasium. Dabei sind solche Besuche vom bayerischen Kultusministerium sogar erwünscht, selbst das Bundesverfassungsgericht entschied 1977, dass staatliche Stellen einen Beitrag zur Bürgerinformation leisten müssen.

Jugendoffiziere stehen als Experten zu Themen wie dem internationalen Terrorismus, religiösem Extremismus, gescheiterten Staaten und dem Aufkommen neuer Mächte zur Verfügung. Pazifisten sehen das Angebot als unzulässige Einmischung, die Vermittlung von aktuellen politischen Zusammenhängen sei nicht Aufgabe der Bundeswehr.

Podiumsdiskussion mit einem Jugendoffizier

Im Asam-Gymnasium findet an diesem Dienstag in den zehnten Klassen eine Diskussionsrunde zum Thema "Braucht Deutschland eine neue Außen- und Sicherheitspolitik?" statt. Auf dem Podium werden Doris Wagner, Bundestagsabgeordnete von den Grünen, und der Jugendoffizier Philipp Specht mit sechs Schülern und zwei Lehrern sprechen.

Organisiert haben die Veranstaltung die Jugendlichen selbst. In vier Unterrichtsstunden haben sie sich mit ihren Lehrern in beiden Fächern vorbereitet, anschließend ist eine abschließende Betrachtung geplant. "Das Thema ist hochaktuell, wenn wir sehen, was gerade zum Beispiel im Osten Europas passiert", sagt Schulleiter Peter Heinz Rothmann. Die Schüler könnten mit Experten diskutieren, was einer besseren inhaltlichen Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Aspekten diene. "Und sie können kritisch nachfragen, sowohl bei der Politikerin als auch beim Jugendoffizier", sagt der Direktor. Als Werbeveranstaltung sieht er die Diskussion nicht.

Eltern befürchten Rekrutierung

Einige Eltern allerdings befürchten genau das. "Durch puren Zufall", schreibt Renate Bayer in einem Brief an Direktor Rothmann sowie die Fachschaften Geschichte und Sozialkunde, habe sie erfahren, dass "ausgerechnet der zehnte Jahrgang der Demagogie eines Jugendoffiziers ausgesetzt werden soll". Die Mutter eines Schülers ist Mitglied im Arbeitskreis "Friedliche Schule" der Gewerkschaften Verdi und GEW. Bayer vermutet, dass der Bundeswehrvertreter bei der Veranstaltung versuchen werde, die Schüler für den Dienst an der Waffe zu begeistern.

Ihre Forderung: Eine Debatte, bei der ein Soldat die Lehrerrolle übernehme, dürfe nicht stattfinden. Auch ein weiterer Vater wandte sich schriftlich an die Schulleitung: "Wenn Werbeoffiziere einer international agierenden Armee auf einem Podium sitzen und versuchen, Verständnis für die Interessen der Bundeswehr zu erreichen, so ist das ein Rekrutierungsversuch."

Peter Heinz Rothmann vom Asam-Gymnasium in München, 2013

Seine Schüler sollen sich eine eigene Meinung über die Bundeswehr bilden: Direktor Peter Heinz Rothmann.

(Foto: Claus Schunk)

Schon im Schuljahr 2009/10 beschwerte sich Bayer über "eine Einflussnahme der Bundeswehr am Asam-Gymnasium", wie sie es bezeichnet. Im Schuljahr 2009/10 trat sie gegen eine Bundeswehranzeige im Jahrbuch der Schule ein. "Das war damals ein Versehen", sagt Direktor Rothmann. Das Inserat sei im ersten Entwurf durchgerutscht. Als es auffiel, habe er es umgehend aus dem Bericht genommen.

Bundeswehr soll Experten an die Schulen schicken

Tatsächlich sind Besuche von Jugendoffizieren an Bayerns Schulen erlaubt. Im Juni 2010 unterzeichneten Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) und Generalmajor Gert Wessels eine entsprechende Vereinbarung. Bundeswehrangehörige sollen in staatlichen Schulen über die Vermeidung von internationalen Konflikten und eine möglichst friedliche Bewältigung von Krisen berichten. Verboten ist ihnen aber die Werbung für Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr.

Auch an städtischen Schulen sind Gespräche mit Experten erwünscht. Der Unterricht müsse aber ausgewogen bleiben: "Es darf keine einseitigen Darstellungen geben", sagt eine Sprecherin des Bildungsreferats. Einen Vertrag mit der Bundeswehr gebe es nicht.

Nicht nur das Militär gerät mit ihren Jugendoffizieren in die Kritik. Im Sommer 2013 forderten SPD und Grüne im Landtag, dass der Verfassungsschutz keine Mitarbeiter ihrer Informationsstelle gegen Extremismus an Bildungseinrichtungen mehr entsenden dürfe. Die Opposition sah einen Widerspruch zwischen der Vertrauensposition von Schülerberatern und der eigentlichen Aufgabe des Inlandgeheimdienstes, nämlich der Strafverfolgung und dem Sammeln von Informationen. Er könne nicht erkennen, "was an der wichtigen Aufklärungs- und Präventionsarbeit kritikwürdig sein soll", sagte hingegen Innenminister Joachim Herrmann.

Direktor Rothmann jedenfalls will an seinem Asam-Gymnasium keine Bundeswehr-Werbung. "Wir haben im Vorfeld darauf hingewiesen", sagt er. Auch sonst habe er keine Bedenken bei seinen Schülern. "Das sind intelligente Jugendliche, die sich eine eigene Meinung bilden können", sagt er.

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