Bayern-Verteidiger Holger Badstuber:"Ich wusste gar nicht, wie ich jubeln soll"

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Erzielt das 5:0: Holger Badstuber gegen Donezk

(Foto: AFP)

Bayern-Verteidiger Holger Badstuber war lange verletzt - gegen Donezk schießt er sein erstes Tor in der Champions League. Das Bemerkenswerte an der Geschichte: Während der Leidenszeit hat sich die Beziehung zwischen dem Klub und seinem tragischen Patienten sogar gefestigt.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

In der 67. Minute war sich auch Pep Guardiola sicher, dass der FC Bayern dieses einseitige Champions-League-Achtelfinale gegen Donezk gewinnen würde. Die Ukrainer hatten sich ohnehin seit 63 Minuten aufgegeben, es stand 5:0, der Abend trudelte gemütlich dahin - was sollte hier noch passieren? Also schickte der Trainer der Münchner den Verteidiger Dante aufs Feld. Guardiola hält Dante nach eigenem Bekunden für einen "unglaublich überragenden" Fußballspieler, aber es gibt eben Profis, die findet der Katalane noch überragender.

Holger Badstuber zum Beispiel. Ihm wollte der Coach diesen Moment gönnen, den Applaus des ganzen Stadions, in dem sich reihenweise Menschen erhoben. Soeben hatte der Allgäuer Verteidiger seinen Kopf in eine Flanke von Rafinha gewuchtet, der Ball landete im Tor. Es war sein erster Treffer in der Champions League. Guardiola grinste den Abwehrmann bei der Auswechslung zufrieden an, dann streckte er ihm seine Hände zum Abklatschen hin. Badstuber gab brav Pfote, auf emotionalen Firlefanz verzichtete er.

An solche Szenen muss er sich erst wieder gewöhnen, er war ja lange weg - und Tore schießt er eben nicht allzu oft. "Das Tor war nur die Zugabe. Wichtig war, dass wir weiterkommen", sagte er später, nachdem er mit dicker Wollmütze auf dem Kopf aus der Kabine geschlurft kam. Als ein Reporter ihm eine umständlich lange Frage stellte, musste er lachen. Und alle Herumstehenden lachten mit. Badstubers Abend brachte eine Überdosis Feelgood-Potenzial mit sich. "Es war ein super Gefühl, heute zu spielen und zu treffen. Ich wusste gar nicht, wie ich jubeln soll", gab der Linksfuß zu.

Dabei hatte er gar nicht so unglaublich überragend gespielt. Es war ein solider, manchmal noch etwas ungelenker Auftritt. Während sein Verteidigerkollege Jérôme Boateng streckenweise einen verkappten Mittel- und Flügelstürmer gab, hielt sich Badstuber zurück. Ein paar Kopfbälle, strategisch wertvolle Pässe, gut stehen - Handwerkszeug eben. Trotzdem prasselte Lob auf ihn ein. "Er ist mein persönlicher Held des Abends. So einen Auftritt hat er sich verdient", meinte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Bastian Schweinsteiger sagte: "Holger ist eine große Persönlichkeit. Dass er so geduldig und sicher spielt, tut uns gut."

Das mit der Geduld musste der 25-Jährige lernen, gerade in den vergangenen drei Jahren. Zwei Kreuzbandrisse zwangen ihn zu 533 Tagen Pause, zuletzt legte ihn ein Sehnenriss für weitere 113 Tage lahm. Wer solches Pech hat und trotzdem zurückkommt, braucht einen starken Willen - das schätzen sie beim FC Bayern an Badstuber. "Die Zeit mit den Verletzungen gehört zu mir, das habe ich akzeptiert", sagte er, "wenn es jetzt so weitergeht, bin ich zufrieden."

Das Erstaunliche an seinem Werdegang: Die Beziehung zwischen dem Klub und seinem tragischen Patienten scheint sich während dessen Leidenszeit eher gefestigt zu haben. Im Leistungsgeschäft Profifußball ist das nicht selbstverständlich. Bevor er in die Nacht verschwand, sagte Badstuber sogar noch einen bemerkenswerten Satz über dieses Vertrauensverhältnis: "Ich will dem Verein etwas zurückzahlen."

Wie es aussieht, wird er von Guardiola dazu reichlich Gelegenheit bekommen. Holger Badstuber ist derzeit nämlich das, was er seit Jahren nicht mehr war: gesund und Stammspieler beim FC Bayern. Unglaublich. Und überragend.

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