Ex-CSU-Fraktionschef vor Gericht:Welche Strafe Georg Schmid droht

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Verteidiger Nikolaus Fackler (links) beharrt auf seiner Position, dass Georg Schmid bei mehr als einem Jahr Haft alle Ansprüche verlieren würde. (Foto: Imago)
  • Der ehemalige CSU-Fraktionschef Georg Schmid ist wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung angeklagt.
  • Bereits am zweiten Verhandlungstag sind die Plädoyers vorgesehen, schon am Mittwoch könnte das Urteil fallen.
  • Dass der 61-Jährige ins Gefängnis muss, scheint äußerst unwahrscheinlich. Offen ist dagegen, ob der frühere Spitzenpolitiker seine Pensionsansprüche verliert.

Von Stefan Mayr, Augsburg, und Frank Müller, München/Augsburg

Im Prozess gegen den ehemaligen CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid vor dem Amtsgericht Augsburg soll noch in dieser Woche das Urteil fallen. Am Montag sind die Plädoyers vorgesehen, die Urteilsverkündung ist für Mittwoch geplant. Der 61-jährige ehemalige Staatssekretär ist wegen Sozialbetrugs und Steuerhinterziehung angeklagt, er muss womöglich den Verlust seiner Pensionsansprüche fürchten. Fragen und Antworten in einem komplizierten Verfahren.

Verliert Georg Schmid seine Pensionsansprüche?

Das ist die entscheidende Frage, die sich der Richter vor seinem Urteil stellen muss: Ab welcher Strafe gehen Pensionsansprüche verloren? Und wenn ja, wie viele genau? Diese Zahlen spielen bei der Strafzumessung eine große Rolle. Einerseits soll eine Strafe ja weh tun - aber eben nur so weh, wie es der Angeklagte auch verdient hat. Doch die Rechtslage zu Schmids Ansprüchen ist umstritten.

Sein Anwalt Nikolaus Fackler beharrt nach wie vor auf seiner Position, dass Schmid alle Pensionsansprüche aus seiner Tätigkeit als Oberregierungsrat, Abgeordneter und Staatssekretär verliert, sofern er zu einer Haftstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wird. Dieser Darstellung widersprechen aber sowohl das Finanzministerium als auch der Landtag. Ihnen zufolge sind die Altersbezüge überhaupt nicht gefährdet: Die Ansprüche aus der Abgeordnetenzeit blieben ihm, weil er nicht eines Verbrechens, sondern nur eines Vergehens angeklagt ist. Und die Staatssekretärspension verlöre er erst von zwei Jahren Haft an.

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Wer hat nun recht? Richter Walter Hell, der Sprecher des Amtsgerichts Augsburg, antwortet kurz und knackig: "Ich weiß es nicht." Die Frage werde in den Büros und auf den Fluren des Justizzentrums eifrig diskutiert, aber Fakt sei lediglich: "Im Zweifel muss ein Richter zu Gunsten des Angeklagten entscheiden." Das heißt: Solange Amtsrichter Michael Nißl nicht sicher ausschließen kann, dass Schmid am Ende ohne Pension da steht, muss er in seinem Urteil vom schlimmsten Fall ausgehen. Fest steht somit nur eines: Es wird bis Mittwoch spannend bleiben.

Wie viel Pension erhält Schmid?

Für die Berechnung sind Finanzministerium und Landtag gleichermaßen wichtig: Das Ministerium ist zuständig für Schmids Altersruhegeld aus seiner Zeit als Staatssekretär. Und das Landtagsamt für die Jahre als Abgeordneter. Beide Phasen überschneiden sich, die Summen werden ohnehin zum Teil verrechnet - nach einem komplizierten Mechanismus, der die Astrophysik zu einer vergleichsweise leichten Wissenschaft mache, wie ein Insider spottet.

Vom Landtag erhält Schmid schon jetzt Altersgeld, weil er noch zu jenen Altfällen gehört, die bereits von 60 Jahren an bei einem Ausscheiden ruhegeldberechtigt sind. Laut Auskunft des Landtags bekommt Schmid mit seiner 23-jährigen Landtagszugehörigkeit den Maximalsatz von 71,75 Prozent einer aktuellen Diät - das sind monatlich 5328 Euro. Vom Ministerium fließt noch kein Geld. Die Altersgrenze lag bei 65 und wird analog zur Rente mit 67 schrittweise auf dieses Alter erhöht.

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Schmid war neun Jahre lang Mitglied des Kabinetts auf zwei Staatssekretärsposten. Er erfüllt also die Mindestgrenze von fünf Jahren, nach denen es 30 Prozent Ruhegehalt gibt. Für jedes weitere Dienstjahr gibt es 2,4 Prozent zusätzlich - es wird bei Schmid aber, wie gesagt, angerechnet werden auf die Abgeordneten-Gelder.

Außerdem steht Schmid auch noch Geld für seine Zeit als Beamter zu, bevor er 1990 erstmals in den Landtag gewählt wurde. In München wundert man sich also über die Aussagen von Schmids Anwalt. Es heißt, von einem drohenden finanziellen Absturz könne keine Rede sein.

Muss Georg Schmid ins Gefängnis?

Nein. Die Staatsanwaltschaft Augsburg wirft ihm zwar Sozialbetrug und Steuerhinterziehung von insgesamt fast einer halben Million Euro vor. Und in den Sondierungsgesprächen vor Prozessbeginn hat Staatsanwalt Karl Pobuda eine Haftstrafe zwischen 18 und 24 Monaten in Aussicht gestellt. Doch diese wird höchstwahrscheinlich zur Bewährung ausgesetzt werden. Dies ist zwar eigentlich nur üblich, wenn die Strafe weniger als ein Jahr beträgt. Bei Strafen bis zu zwei Jahren ist eine Bewährung aber unter "besonderen Umständen" möglich. Zum Beispiel, wenn sich der Verurteilte bemüht, den verursachten Schaden wiedergutzumachen. Aus diesem Grund hat Schmid kurz vor Prozessbeginn 450 000 Euro an die Deutsche Rentenversicherung freiwillig zurückbezahlt.

Erhält Gertrud Schmid eine Rente?

Ja. Die Deutsche Rentenversicherung hatte von Georg Schmid zwischenzeitlich 780 000 Euro (Rentenbeiträge plus Säumniszuschläge) gefordert. Er hat bereits eingeräumt, als Landtagsabgeordneter knapp 22 Jahre lang seine Ehefrau Gertrud nicht als Angestellte, sondern als Scheinselbstständige beschäftigt zu haben. Allerdings nicht wissentlich - wie sein Anwalt stets betont. Zudem hat Schmid 450 000 Euro an die Rentenversicherung überwiesen.

Der Streit um die Höhe der Säumniszuschläge ist kompliziert und langwierig, dennoch hat Gertrud Schmid nun Anspruch auf eine Rente. Sobald Beiträge nachgezahlt wurden, wird daraus eine Rente berechnet. Die Forderung eventueller Säumniszuschläge hat auf diese Rechnung keinen Einfluss.

Gertrud Schmid war ursprünglich wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 262 Fällen mitangeklagt. Kurz vor Prozessstart akzeptierte sie einen Strafbefehl über 240 Tagessätze. Damit musste sie 13 200 Euro zahlen und ist somit vorbestraft. Beobachter werten das Vorgehen als taktischen Fehler, da es als Schuldeingeständnis der Schmids gewertet werden kann. Wenn sie wegen Beihilfe verurteilt wird, muss auch ihr Ehemann als Haupttäter bestraft werden, heißt es.

Dem widerspricht sein Anwalt vehement: "Jeder, der schon einmal an einem StPO-Kommentar vorbeigelaufen ist, weiß, dass so etwas in kein-ster Weise präjudizierend wirkt." Aber ein Freispruch ist dennoch ausgeschlossen - ansonsten wären die Sondierungsgespräche anders verlaufen.

© SZ vom 16.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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