"Amazon Prime":Windeln zum Film

"Amazon Prime": Was, wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten? Darum geht es in der Serie "The Man in the High Castle" (im Bild Alexa Davalos und Luke Kleintank).

Was, wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten? Darum geht es in der Serie "The Man in the High Castle" (im Bild Alexa Davalos und Luke Kleintank).

(Foto: David Berg)
  • Mit "Prime Instant Video" verbindet Amazon seit einem Jahr bessere Lieferbedingungen mit einer großen Auswahl an Filmen und Serien im Streamingdienst.
  • Wollen die Kunden Filme schauen - oder nur schneller an ihre Einkäufe kommen?
  • Mit Fernsehsendungen und eigenen Formaten wie The Man in the High Castle will Amazon weiterhin Kunden an sich binden.
  • Ob es künftig auch Produktempfehlungen passend zum Lieblingsfilm geben wird?

Von Karoline Meta Beisel

"Darm mit Charme" passt zu "Klüger werden und Demenz vermeiden", und wer den neuen Roman von John Grisham mag, dem könnten auch Thriller von David Baldacci gefallen. Amazon, das war mal ein Buchversand mit virtuellem Bibliothekar.

Seit einer Weile setzt man aber noch auf einen anderen Zusammenhang: Wer für schnelle Lieferung zahlt, der guckt auch Filme und Serien. Amazons Dienst "Prime Instant Video", seit einem Jahr auch in Deutschland erhältlich, vermischt beides: bessere Lieferbedingungen und eine recht große Auswahl an Filmen und Serien im Streamingdienst.

49 Euro kostet das im Jahr. Man kann den Streamingdienst zwar auch separat buchen - aufs Jahr gerechnet ist das aber sogar teurer als das Kombiangebot. Aber wer zahlt hier eigentlich was wofür? Wollen die Kunden Filme schauen - oder nur schneller an ihre Einkäufe kommen?

Über Nutzerzahlen redet Prime-Geschäftsführer Christoph Schneider nicht, aber er verweist auf eine Studie aus dem Februar, derzufolge Prime Instant Video in Deutschland der meistgenutzte Streamingdienst ist - weit vor Apples iTunes oder Netflix.

Was weder die Studie noch Schneider verraten: Wie viele Kunden sich nun tatsächlich wegen der Filme und nicht wegen der schnelleren Lieferung für das Angebot entschieden haben. "Kann sein, dass es am Anfang Leute gab, die den Dienst wegen der Lieferbedingungen abonniert hatten, und sich dann über den Video-Dienst obendrauf gefreut haben", sagt Schneider. "Wer heute Prime-Kunde wird, weiß, dass er beides bekommt, und will auch genau das."

Eigene Formate

Das Ziel dürfte sein, die Nutzer möglichst lange im eigenen Universum zu halten - und das klappt eben nicht nur beim Shoppen, sondern auch beim Seriengucken.

Um ins Gespräch zu kommen, reicht es aber nicht, reine Abspielstation zu sein. Amazon wirbt wie Netflix und Co mit eigenen Formaten um Kunden. Zuletzt wurde etwa die Serie The Man in the High Castle in Auftrag gegeben, eine Dystopie: Was, wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten?

Außerdem trommelt der Dienst gerade für den Start der deutschen Synchronfassung von Transparent, der Geschichte über einen transsexuellen Familienvater, die im April den Golden Globe als beste Comedy-Serie bekam. Im April wird Premiere gefeiert - obwohl Transparent auf Englisch schon seit Monaten zu sehen ist. "Wenn wir eine Serie auf Deutsch und auf Englisch zeitgleich zur Verfügung stellen, entscheiden sich mehr als 90 Prozent der Zuschauer für die deutsche Synchronfassung", sagt Schneider.

Eigene deutschsprachige Inhalte fehlen noch. Stattdessen lizenziert der Dienst Formate aus dem Fernsehen. Sogar ein paar Traumschiff-Episoden gibt es im Stream - auch ältere Zuschauer, Kinder und Familien, sollen sich auf der Seite wiederfinden.

Die große Welt von Amazon - mit Fantasie tun sich da noch andere Möglichkeiten auf: "Kunden, die Die Biene Maja schauen, haben auch diese Windeln gekauft." Produktempfehlungen, passend zum Lieblingsfilm? Amazon hält sich traditionell bedeckt, was Zukunftspläne angeht. Immerhin soviel verrät Schneider: "Das ist eine interessante Idee, die wir auch auf dem Schirm haben."

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