Regierungserklärung:Merkel nimmt Athen in die Pflicht

Regierungserklärung: Die einen helfen, die anderen sehen sich dadurch verpflichtet: Angela Merkel setzt im Verhältnis zu Griechenland auf Deeskalation.

Die einen helfen, die anderen sehen sich dadurch verpflichtet: Angela Merkel setzt im Verhältnis zu Griechenland auf Deeskalation.

(Foto: AFP)
  • Botschaft an Athen: In ihrer Regierungserklärung im Bundestag pocht Angela Merkel auf die Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen. Zugleich betont sie ihren Willen, Griechenland in der Euro-Zone halten zu wollen.
  • Sahra Wagenknecht, Vizechefin der Linksfraktion im Bundestag, wirft der Bundesregierung hingegen vor, die Griechen andauernd zu demütigen.
  • Merkel bekräftigt außerdem ihre Position zu weiteren Themen, die bei einem noch heute anstehenden EU-Gipfel in Brüssel besprochen werden sollen: dem Ukraine-Konflikt, TTIP und der Energieunion.

Merkel verlangt von Athen Einhaltung der Vereinbarungen

Beim EU-Gipfel in Brüssel an diesem Donnerstagabend wird Angela Merkel (CDU) mit Alexis Tsipras zusammentreffen. Der griechische Regierungschef will für eine politische Lösung werben, um rasch an neues Geld zu kommen. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag nahm die Kanzlerin nun Athen in die Pflicht.

Athen müsse seine Zusagen einhalten, forderte Merkel. Die Krise könne nur gelöst werden, "indem die einen helfen und die anderen die Hilfe als Verpflichtung verstehen". "Nur so wird es gehen." Im Hinblick auf das heutige Treffen sowie einen Besuch Tsipras' am kommenden Montag in Berlin stellte Merkel klar: Kein Treffen im kleinen Kreis könne und werde die Vereinbarungen Griechenlands mit den drei Institutionen EU, EZB und IWF sowie der Euro-Gruppe ersetzen.

Die Regierungschefin bekräftigte außerdem ihr Ziel, Griechenland in der gemeinsamen Währungsunion zu halten. Der Euro sei mehr als nur ein Zahlungsmittel, er sei der "stärkste Ausdruck unseres Willens", die Völker Europas zu einen, sagte sie. Es müsse eine gemeinsame Lösung gefunden werden. "Die Welt misst uns daran", sagte Merkel.

Wagenknecht wirft Merkel "Demütigung Griechenlands" vor

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, warf der Bundesregierung andauernde Demütigung Griechenlands in der europäischen Schuldenkrise vor. "Wenn Sie ein einiges Europa wollen, dann hören Sie auf, andere Länder zu demütigen und ihnen Programme zu diktieren, die ihrer jungen Generation jede Perspektive nehmen", sagte Wagenknecht in ihrer Entgegnung auf die Regierungserklärung.

Der Schuldenstreit der EU mit Griechenland hatte sich zuletzt zu einer persönlichen Auseinandersetzung zwischen dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und seinem griechischen Pendant Yanis Varoufakis ausgewachsen. Die Treffen von Merkel und Tsipras könnten zumindest auf dieser Ebene etwas Druck wegnehmen.

Merkel will Dauer der Russland-Sanktionen an Minsker Abkommen knüpfen

Im Vorfeld des Brüsseler Treffens nahm Merkel noch zu weiteren Themen Stellung, die dort behandelt werden. Im Ukraine-Konflikt warf sie Russland vor, durch die Aneignung der Krim und das Agieren in der Ostukraine das "Fundament der europäischen Friedensordnung infrage gestellt" zu haben.

Die Kanzlerin forderte, die Dauer der Sanktionen gegen Russland an die Erfüllung der Vereinbarungen des Minsker Abkommens zu knüpfen. In dem Abkommen, dass unter Vermittlung von Deutschland und Frankreich zustande kam, wurden im Februar mehrere Etappen vereinbart, die letztlich zu einem Frieden in der Ukraine führen sollen.

Die Interessen der Europäer in der Region seien unterschiedlich, sagte Merkel. Sie würdigte, dass die EU-Staaten trotzdem in der Krise zu einer gemeinsamen Linie gefunden hätten: "Wir haben uns nicht spalten lassen."

TTIP und Energieunion

Außerdem bekräftigte Merkel ihre Positionen zum umstrittenen Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und der Energieunion. TTIP berge große Chancen für die deutsche Wirtschaft. Ohne Zölle und unnötige Bürokratie werde es leichter, das enorme Potenzial des US-Marktes zu erschließen, sagte sie. Sie forderte die Beteiligten auf, alles daran zu setzen, dass es wie geplant noch 2015 abgeschlossen werde.

Im Hinblick auf die künftige Energieversorgung erwartet sie von der EU-Kommission Vorschläge für eine Energieunion. Die EU solle sich auf klare Regeln verständigen und so dazu beitragen, dass bei der Klimakonferenz in Paris Ende des Jahres ein neues Klimaabkommen vereinbart werden könne.

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