Leben im Container:Eine Familie in Not

Ein Neufahrner Ehepaar aus Nigeria mit sechs Kindern sucht nach Eigenbedarfskündigung dringend eine Wohnung. Ihnen droht die Zwangsräumung. Beide haben einen Job, eine Miete von bis zu 1200 Euro warm wäre kein Problem. Gesucht wird ein Vermieter, der ihnen eine Chance gibt.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Justina ist eigentlich eine fröhliche Frau, und man traut ihr zur, dass sie auch in schwierigen Situationen nicht so schnell den Mut verliert. Doch momentan wissen sich Justina (30) und ihr Mann Keneth (45) keinen Rat mehr: In wenigen Wochen müssen sie aus ihrer Wohnung in der Nähe des Neufahrner Bahnhofs ausziehen, weil der Besitzer Eigenbedarf angemeldet hat. Trotz intensiver Suche ist einfach kein Ersatz zu finden. Wenn sie nicht doch noch fündig werden, müssen sie mit ihren sechs Kindern in die Notunterkunft umziehen - also in Container ohne Küche und nur mit Gemeinschaftsbad. "Für Familien ist das besonders schwierig", weiß Felizitas Schmitz, die sich für Neufahrn um die Betreuung von Obdachlosen und um die Vermeidung von Obdachlosigkeit kümmert.

Hinzu kommt, dass in den Containern momentan gar nicht genug Platz frei ist. Die Sozialpädagogin unterstützt Justina und Keneth deshalb auch mit einem öffentlichen Aufruf und der dringenden Bitte, der achtköpfigen Familie zu helfen. Denn diese gehöre eigentlich nicht in eine Notunterkunft, betont Schmitz, sie sei durchaus "mietfähig" und verfüge über ein festes Einkommen. Bis zu 1200 Euro Warmmiete kann sie bezahlen. Geschichten wie diese gehören für Felizitas Schmitz fast zum Alltag. 16 der 18 Notunterkunft-Container sind aktuell belegt - keineswegs nur mit "klassischen" Obdachlosen. Viele Bewohner haben Arbeit, aber keine Chance auf dem angespannten Immobilienmarkt. Menschen mit Migrationshintergrund haben es dort noch einmal schwerer. Justina und Keneth stammen aus Nigeria, doch Keneth hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Als er mit seiner Frau 2008 in der Drei-Zimmer-Wohnung an der Carl-Orff-Straße eingezogen ist, hatte das Paar nur ein Kind. Inzwischen sind es sechs, im Alter von vier bis 19 Jahren. Die drei ältesten stammen aus einer früheren Ehe von Keneth in Nigeria. Die Eltern arbeiten bei einer Reinigungsfirma am Flughafen - "ich in der Früh, mein Mann in der Nacht", erzählt Justina. Nie seien sie die Miete schuldig geblieben, betont sie, der Umzug lässt sich trotzdem nicht mehr verhindern. "Alle rechtlichen Mittel sind ausgeschöpft", sagt Felizitas Schmitz, bald stehe die Zwangsräumung an. In solchen Fällen ist die Gemeinde verpflichtet, mit einer Notunterkunft helfen. Doch es gibt auch gar keine Container für acht Personen, wie Nicole Dobner vom Büro des Bürgermeisters erklärt. Die Familie müsste also auf bis zu drei Container aufgeteilt werden. Inzwischen hat Felizitas Schmitz sogar schon bei Hotels angefragt, doch die sind ausgebucht. Ein Umzug aufs Land ist auch keine Alternative. Die Familie hat kein Auto, die Eltern würden ihre Arbeit verlieren.

Dabei wollten Justina und Keneth selbst schon lange in eine größere Wohnung umziehen. Seit drei Jahren seien sie auf der Suche, erzählt Justina. Internet, Telefonanrufe, Zeitungsanzeigen, Aushänge - nichts hätten sie unversucht gelassen: "Aber wenn die Vermieter hören, wie viele Kinder wir haben, sagen sie ab." Inzwischen könnten die beiden ältesten, volljährigen Töchter auch eine eigene Wohnung beziehen - eine von ihnen arbeitet in einem Münchner Krankenhaus, die andere geht noch zur Schule. Vielleicht wär die Suche ein bisschen einfacher. Schmitz: "Wir wünschen uns einfach, dass wir jemand finden, der ihnen eine Chance gibt." Melden kann man sich unter obdachlosenhilfe@neufahrn.de.

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