Ein Gespräch über Bienen:Kleine Geschöpfe, ganz große Leistung

Ein Gespräch über Bienen: Ruhig und gelassen sollte man beim Imkern sein, sagt Josef Jositz. Seit mittlerweile 30 Jahren beschäftigt er sich mit Bienen und pflegt 24 Stöcke.

Ruhig und gelassen sollte man beim Imkern sein, sagt Josef Jositz. Seit mittlerweile 30 Jahren beschäftigt er sich mit Bienen und pflegt 24 Stöcke.

(Foto: Marco Einfeldt)

Beim Imkern kennt sich Johann Jositz aus Kranzberg aus. Im Gespräch mit der SZ erklärt der Kreisvorsitzende der Bienenzüchter im Landkreis Freising, warum man dabei auf gar keinen Fall hektisch und gestresst sein sollte.

Von Alexandra Vettori, Freising

Johann Jositz ist Imker aus Leidenschaft und das seit 30 Jahren. Er weiß, was die kleinen, fleißigen Geschöpfe mögen, was ihnen schadet und warum sie für das Gleichgewicht der Natur so wichtig sind. Er weiß auch, warum es den Bienen immer noch nicht gut geht und warum blühende Küchenkräuter im eigenen Garten so nützlich sind.

SZ: Imkern ist in, spürt das auch der Bienenzüchterverband in Freising?

Jositz: Absolut, obwohl es noch einen zweiten, größeren Verein im Landkreis gibt, den Deutschen Imkerbund, steigt auch bei uns die Zahl der Jungimker, wie Anfänger heißen. Ebenso wie der Imkerbund veranstaltet der Bienenzüchterverband jedes Jahr Anfängerkurse. Alleine wir haben in Freising heuer 26 Teilnehmer, darunter Jugendliche und, im Gegensatz zu früher, ein Drittel Frauen. Insgesamt gibt es im Landkreis mindestens 500 Imker, Tendenz steigend. Es fällt aber auf, dass die Imker heute weniger Völker haben. Vor 30 Jahren hatten wir in unserem Kreisverband 145 Imker mit 3000 Völkern, heute sind es 190 Aktive mit 1150 Völkern. Die Zahl der Imker nimmt also zu, die der Bienenvölker erst seit kurzem zögerlich.

Wie geht es den Bienen? Gibt es Zeichen der Entwarnung beim Bienensterben?

Nein, absolut nicht. Es ist immer noch dramatisch. Ich schätze, dass im Landkreis 30 Prozent der Völker gestorben sind. Dabei gibt es aber eine Bandbreite von Null-Ausfaller bis 100-Prozent-Ausfaller. Die Ursache ist klar, es ist die Varroa-Milbe, die weitere Krankheiten nach sich zieht. Die Milben stechen die Larven der Bienen an, das ist der Eingang für verschiedene Viruserkrankungen. Außerdem stören die Milben das Sozialgefüge, schwächen die Verteidigungskraft, sodass sie von anderen Bienen oder Wespen ausgeräubert werden.

Das vergangene Jahr war ein schlechtes Bienenjahr, warum?

Es begann schon mit dem milden Winter, während dem sich die Milben weiter vermehren konnten. Dann war ein kurzes, aber intensives Frühjahr, auf das kühles und regnerisches Wetter folgte und wenig blühte. Man spricht da von einer "Trachtlücke". Die Bienen reagieren auf knappe Nahrung damit, dass sie weniger Brut produzieren. Das Problem: Die Bienen werden weniger, die Milben verdoppeln sich aber pro Monat. Wenn im Sommer vermehrt von den Milben geschädigte Bienen schlüpfen, werden die keine Winterbienen. Diese arbeiten im Spätsommer nicht, sondern fressen sich Fett- und Eiweißpolster an, weil sie damit das Volk über den Winter bringen und die erste Brut ernähren. In den Waben sind Energie und Pollen gelagert, aber die Brut braucht auch die Körperreserven der Winterbienen. Gibt es nur wenige, ist das schlecht für die Brut.

Hauptursache für das Bienensterben ist die Varroa-Milbe. Wie steht es mit Spritzmitteln, vor allem den umstrittenen Neonicotinoiden?

Fungizide und Herbizide sind kaum bienenschädlich, Isektizide sind ein Problem. Auch Neonicotinoide, hochgiftige Nervengifte, wirken durchaus tödlich. Es kommt aber darauf an, wie sie verwendet werden. Beizmittel, bei denen das Gift am Saatgut klebt, sind, wenn sie richtig in den Boden eingebracht werden, keine Gefahr. Spritzmittel schon, vor allem, wenn sie auf Blühpflanzen ausgebracht werden. Landwirte und Gärtner sollten unbedingt die Bienenschutzauflagen berücksichtigen, nach der blühende Bestände nur abends gespritzt werden dürfen, weil das Gift dann getrocknet ist, bis die Bienen wieder ausfliegen. Eine Gefahr stellt Tau dar, mit dem die Bienen Gift aufnehmen. Aber da sorgt der kluge Imker mit einer Bienentränke vor.

Was kann die Landwirtschaft tun, damit es den Bienen besser geht?

Wir können nicht von den Landwirten erwarten, dass sie die Bienen retten. Im Landkreis haben wir 58 Prozent landwirtschaftliche Fläche, also auch 42 Prozent andere Nutzung. Die Landwirte müssen von ihren Ackerflächen leben, da können sie nicht viel Rücksicht auf die Bienen nehmen. Blühstreifen sind positiv, auch Kulturlandschaftsprogramme, vor allem an Waldrändern. Erster Ansprechpartner beim Bienenschutz aber sind die Kommunen. Sie haben viele Ausgleichs- und öffentlichen Grünflächen, die man bienengerecht gestalten kann. Es sollten verstärkt Straßenbäume gepflanzt werden, die spät Blühen, Linden, vor allem. Ab Ende Mai gibt es außer Himbeer- und Brombeerranken im Wald nur noch wenig, was blüht und Nektar trägt. Früher gab in den Wiesen noch Bärenklau und im Moos Mädesüß und Kohldisteln. Das ist selten geworden, weil es immer weniger Wiesen gibt, vor allem solche, die nicht mehrmals gemäht werden. Gut ist Weißklee in den Wiesen, weil er schon zwölf Tage nach dem Mähen wieder da ist. Und der private Gartenbesitzer, der den Bienen helfen möchte, auf was achtet der?

Im Garten sind Küchenkräuter und Stauden gut. Wichtig ist, keine gefüllten Blumen und Sträucher zu verwenden, weil die kaum Pollen und Nektar haben. Forsythien übrigens, die wir im Frühjahr so gerne haben, bringen Null.

Im von vielen Naturschützern als Neophyt, also eingewanderte Pflanze, verrufenen drüsentragenden Springkraut summt es im Sommer geradezu vor Insekten. Mögen auch Bienen das Kraut?

Ja, sie lieben es und es erspart uns die Einfütterung für den Winter. Aber ja, auch was Neophyten anbelangt - ich sage es mal so: Wenn man Bienen hat, geht man mit anderen Augen durch die Landschaft. Imkern ist ja Trend geworden, vor allem in den Städten. Bleiben all die Begeisterten dabei?

Das kann man noch nicht so genau sagen. Aber nach meiner Beobachtung bleiben gut 50 Prozent dabei. Imkern macht heute auch mehr Arbeit als früher, vor allem wegen der Varroa-Bekämpfung. Wenn man für den Anfang drei bis fünf Völker hat, kann man mit fünf Stunden pro Woche Aufwand rechnen, von April bis September. Dabei reicht aber dann ein Besuch pro Woche. Welche Voraussetzungen muss man als Imker erfüllen und - geht das auch im eigenen Garten?

Eine Voraussetzung ist, dass man nicht hektisch ist. Wenn man mit Bienen arbeitet, dient das dem Stressabbau, weil die merken den Stress, dann werden sie aggressiv. Prinzipiell kann man auch im Garten einen Bienenstock haben, man sollte aber vorher natürlich mit den Nachbarn reden und bei der Gemeinde fragen, ob es nicht etwa einen Bebauungsplan gibt, der das ausschließt. Außerdem muss man einplanen, dass sie einen Flugradius von 1,5 Kilometer haben, das sind 700 Hektar. Am besten sind nach Süden ausgerichtete Lagen.

Was fasziniert Sie an den Bienen?

Ihr Sozialwesen. Diese kleinen Geschöpfe helfen so zusammen, dass sie unwahrscheinlich leistungsfähig werden, wenn man sich mal die Sammelmengen ansieht. Und man darf auch nie vergessen, dass die Biene nach Rind und Schwein unser drittwichtigstes Nutztier ist. Nicht wegen des Honigs, sondern wegen der Bestäubungsleistung.

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