Reformpläne der Deutschen Bank:Eine Deutsche Bank für Großkunden - und eine für den Rest

Frankfurt's Financial District As German Business Confidence Falls Due To Sanctions Against Russia

Die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)
  • Unter dem Druck niedriger Renditen berät der Aufsichtsrat der Deutschen Bank drei Szenarien für die Zukunft des Instituts: einen Verkauf der Postbank, ihre volle Integration oder die Abspaltung des gesamten Privatkundengeschäfts im Konzern.
  • Noch ist keine Entscheidung gefallen, Konkretes soll es spätestens bis zur Hauptversammlung im Mai geben.
  • Unabhängig von diesen Plänen könnte einem Bericht zufolge mehr als ein Drittel der Filialen demnächst geschlossen werden.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Postbank-Chef Frank Strauß dürfte in diesen Tagen ein Déjà-vu-Erlebnis haben: Er war vor gut 15 Jahren an verantwortlicher Stelle bei der "Deutschen Bank 24". In ihr bündelte Deutschlands größtes Geldhaus damals sein Geschäft mit den normalen Privatkunden, während das Investmentbanking, das Firmenkundengeschäft und die Vermögensverwaltung bei der Kernbank blieben.

Drei Szenarien für die Zukunft

Eine Strategiegruppe der Deutschen Bank hat dem Aufsichtsrat drei Modelle für die Zukunft des Instituts präsentiert. Eines davon sieht vor, das Privatkundengeschäft von Deutscher Bank und Postbank abzuspalten und binnen zwei Jahren an die Börse zu bringen. Die Kernbank würde sich auf das Investmentbanking sowie das Geschäft mit großen Firmenkunden und reichen Privatkunden konzentrieren. Was für ein Schritt: Die Deutsche Bank würde sich aufspalten. Das Symbol der deutschen Finanzindustrie wäre kaum wiederzuerkennen. Es klingt nach einer neuen "Deutschen Bank 24". Und deren damaliger Chef Strauß steht nun als Verantwortlicher bei der Postbank wieder im Mittelpunkt des Geschehens.

Die mögliche Privatkunden-Sparte soll auch offen sein für Partner, zum Beispiel für ausländische Großbanken wie die spanische Santander, die schon länger ein Auge auf Deutschland geworfen hat. Mindestens 51 Prozent aber sollen bei der Deutschen Bank bleiben. Nach allem, was aus der Bank zu vernehmen ist, bevorzugt eine Mehrheit im Aufsichtsrat derzeit das Modell mit der Abspaltung des Privatkundengeschäfts. Ein zweites Modell sieht vor, dass die Postbank, die 2009 gekauft wurde, voll in die Deutsche Bank integriert würde, was einen starken Abbau von Mitarbeitern und Filialen zur Folge hätte. Ein drittes Modell favorisiert den Verkauf der Postbank.

"Die Bank muss aufpassen, dass sie es sich nicht mit den Kunden verdirbt"

Aufsichtsrats-Chef Paul Achleitner betonte am Montag, es gebe noch keine Präferenz: "Die Bank arbeitet seriös und detailliert daran, eine nachhaltige Strategie zu entwickeln", sagte er. Konkretes wird es erst in Wochen geben, spätestens bis zur Hauptversammlung Ende Mai.

Es soll jedenfalls ein großer strategischer Wurf werden, nichts wird so bleiben wie zuvor. Nötig ist er, weil die Bank schlecht dasteht und die Großaktionäre immer unzufriedener werden. Die Rendite ist niedrig, die Kosten sind zu hoch, und wegen der Regulierung werden sie immer höher. Die Deutsche Bank kann es sich nicht mehr leisten, überall alles zu machen. Sie muss unrentable Geschäfte eindampfen oder abstoßen. Und besonders unrentabel ist in Zeiten niedriger Zinsen das Privatkundengeschäft. Das aber bedeutet nichts anderes als den Abschied vom Universalbanken-Modell, das die beiden Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen propagieren, seit sie 2012 an die Spitze kamen.

"Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln - die Deutsche Bank muss aufpassen, dass sie es sich bei solch abrupten Strategie-Schwenks nicht mit den Kunden verdirbt", sagt ein Kenner der deutschen Bankenbranche. Wenn man das Privatkundengeschäft jetzt ausgliedere, könne das zu einem Reputationsschaden führen. Zahlreiche Fragen seien ungeklärt, etwa die, was künftig auf den Schildern der Filialen stehen soll: Deutsche Bank, Postbank, ein völlig neuer Name? "Eigentlich kann man es dann nicht mehr Deutsche Bank nennen, aber eine Deutsche Bank ohne Filialen ist kaum vorstellbar", sagt der Experte.

250 Filialen könnten wegfallen

Ob Verkauf der Postbank oder Ausgliederung der gesamten Sparte - sicher ist, dass es im Filialgeschäft massive Einschnitte geben wird. Damit folgt das Geldhaus anderen Instituten wie der Hypo-Vereinsbank, die fast jede zweite Filiale schließt. Im Zeitalter von Banking per Internet verliert die Filiale immer mehr an Bedeutung. Auch bei der Deutschen Bank soll es Pläne geben, 250 der 700 Filialen zu schließen, berichtet die Welt.

Der Plan sei unabhängig von den Strategie-Modellen, könnte aber damit umgesetzt werden. So lange wird die Unruhe groß sein in der Bank. Die Parallelen zur Deutschen Bank 24 sind jedenfalls nicht dazu angetan, für Ruhe zu sorgen. Damals bekam ein Teil der Filialen neue Schilder mit der Zahl "24". Auch eine neue Bankleitzahl wurde eingeführt: die 370 707 24. Außerdem war geplant, die Deutsche Bank 24 ganz oder teilweise an die Börse zu bringen. Und sie war explizit offen für die Beteiligung anderer Banken. Doch die normalen Privatkunden fühlten sich abgeschoben, sie wollten lieber ihre alte Bankleitzahl behalten. Von einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft" war die Rede. Obendrein gab es viele technische Probleme. Die Konkurrenz, vor allem Sparkassen und Volksbanken, schlachtete die Probleme für die eigene Werbung aus. 2002 beendete der neue Chef Josef Ackermann das Experiment und integrierte die Bank 24 in den Konzern. Auf einmal war das Privatkundengeschäft wieder attraktiv, fünf Jahre später kaufte er sogar die Postbank dazu.

Nun also die Rolle rückwärts. In der Politik hält sich die Begeisterung für die Pläne in Grenzen. "Sollten die Meldungen zutreffen, verabschiedet sich die Deutsche Bank vom klassischen Privatkundengeschäft", sagte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider. Die Investmentbanker um Anshu Jain hätten sich durchgesetzt, der angekündigte Kulturwandel würde ad absurdum geführt. Zudem stiegen mit dem Umbau in eine reine Investmentbank die Risiken für die Finanzstabilität.

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