Britischer Premier:David Camerons Geständnis in der Küche

David Cameron

Der britische Premier Cameron zeigt Anzeichen von Amtsmüdigkeit.

(Foto: AP)
  • Großbritanniens Premierminister Cameron kündigt in einem BBC-Interview an, nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren zu wollen.
  • Der Zeitpunkt der Enthüllung ist unglücklich gewählt: Anfang Mai stimmen die Briten erst einmal über Camerons zweite Amtszeit ab - die er auf jeden Fall antreten möchte.
  • Cameron nennt mögliche Kandidaten für seine Nachfolge: Finanzminister George Osborne, Innenministerin Theresa May und den Londoner Bürgermeister Boris Johnson.

Von Christian Zaschke, London

Beim Halbieren der Kirschtomaten

David Cameron war offensichtlich vollkommen entspannt, als er ohne Not die Debatte um seine Nachfolge entfachte. Der britische Premierminister stand in seiner Küche und bereitete einen Salat zu, er halbierte einige Kirschtomaten, und nebenbei plauderte er mit einem BBC-Reporter, der ihn für eine Homestory begleiten durfte. Er wolle eine volle zweite Amtszeit, sagte Cameron, aber eine dritte wolle er nicht. Es gebe ja so viele Talente in der Konservativen Partei, die im Jahr 2020 seine Rolle übernehmen könnten. Ob ihm nicht bewusst war, dass er das politische London in Aufregung versetzen würde? Wollte Cameron mit seiner Äußerung etwas bezwecken, und wenn ja: was?

Normalerweise ist Cameron sehr gut in solchen Interviews. Es gelingt ihm in der Regel, seine politischen Botschaften zu vermitteln und trotz seiner privilegierten Herkunft zumindest einigermaßen bodenständig zu wirken. Er kann ein charmanter Plauderer sein. In diesem Fall hat er sich allerdings vermutlich zu sehr auf den Plauderton des Interviewers eingelassen.

Beachtlicher Mangel an Gespür

Es ist ohne Zweifel kein besonders kluger Schachzug, wenige Wochen vor den Parlamentswahlen Anfang Mai die Spekulation über seine Nachfolge so konkret zu befeuern. Cameron hat sogar Namen ins Spiel gebracht: Finanzminister George Osborne, Innenministerin Theresa May und den Londoner Bürgermeister Boris Johnson nannte er als mögliche Kandidaten. Seine Berater versuchen nun, die Debatte wieder einzufangen. Der Premier habe vor allem sagen wollen, er stehe für eine volle zweite Amtszeit zur Verfügung.

Das war offenbar tatsächlich, was Cameron ausdrücken wollte, es zeugt jedoch von einem beachtlichen Mangel an Gespür, dass er nicht überblickt hat, welche Folgen seine Äußerung haben würde. Es ist davon auszugehen, dass die Strategen der Tories gerade nicht besonders glücklich über ihren Premier sind, denn das letzte, was sie im Wahlkampf von 2015 brauchen, ist eine Diskussion darüber, wer 2020 antreten könnte. Allein Boris Johnsons Vater Stanley dürfte sich über Camerons Äußerung gefreut haben: Er hatte in der vergangenen Woche 20 Pfund darauf gesetzt, dass sein Sohn in fünf Jahren der nächste konservative Premierminister wird.

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