Bürgerversammlung in Dachau Ost:Für eine lebenswerte Stadt

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Auch Oberbürgermeister Florian Hartmann will das Gebiet zwischen dem alten Feinpappenwerk und der Bajuwarenstraße unbedingt freihalten. (Foto: niels p. Jørgensen)

Weniger Gewerbe, mehr Erholungsfläche: Die Bürger in Dachau-Ost wollen ihre Grünzüge schützen. OB Hartmann bezieht dazu eine klare Position.

Von Petra Schafflik, Dachau

Wie soll sich die Stadt in den kommenden Jahren entwickeln? Wohngebiete bringen Zuzug, aber braucht es auch weitere Gewerbegebiete? Welche Bedeutung kommt Grünflächen zu für die Lebensqualität? Und wie können die Dachauer mitreden, wenn es um die Zukunft ihrer Stadt geht? Diese Grundsatzfragen diskutierten die Anwohner von Dachau-Ost am Dienstag bei der Bürgerversammlung für ihren Stadtteil mit Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Der Rathauschef lobte ausdrücklich die intensive Debatte, die einen echten Gedankenaustausch möglich machte. Das sahen die Zuhörer genauso, die im Adolf-Hölzl-Saal nicht alle einen Sitzplatz fanden, so groß war das Interesse. "Jetzt werden uns langsam die Räumlichkeiten zu klein", sagte der OB mit Blick ins dicht besetzte Plenum. Die vielen Zuhörer hatten auch einige Ausdauer, fast alle verfolgten bis weit nach 22 Uhr aufmerksam die Diskussion.

Es ist kein Geheimnis, dass der Stadt wie vielen Kommunen die Kosten davonlaufen, mittel- bis langfristig die Einnahmen gesteigert werden sollen. "Eine Diskussion, wo wir Gewerbe ansiedeln können, ist unumgänglich", sagte Hartmann in seinem Bericht. Ein Hinweis, der bei Bürgern in Dachau-Ost die Alarmglocken schrillen lässt. "Wir werden umzingelt von Gewerbegebieten", beklagt Gerhard Maier. Das Schielen auf die Gewerbesteuer sei "eine Milchmädchenrechnung". Voraussetzung sei ja, dass angesiedelte Betriebe auch Gewinne erzielten. Er forciere Gewerbeflächen nicht, "ich würde am liebsten keine ausweisen", erwiderte Hartmann. Aber mit dem massiven Baurecht, das noch vor seiner Amtszeit geschaffen wurde, entstünde Zuzug mit allen Folgekosten für Infrastruktur. Neue Einnahmen würden benötigt. "Oder wir sparen bei Kultur und Sport, aber wollen wir das?"

Beim Stichwort Gewerbe denken Bürger von Dachau-Ost sofort an den Grünzug an der Schleißheimer Straße. Dort hätten unter anderem die im Beteiligungsprojekt "Soziale Stadt Dachau-Ost" engagierten Bewohner gerne einen Bürgerpark. "Aber eine Fraktion greift schon nach diesem letzten Feld, das wir noch haben", sagte Michael Volkmann. Wenn diese Grünfläche "versiegelt wird, wo ist dann noch eine lebenswerte Stadt?", fragte Maier. Auch Peter Heller, der dem Dachauer Bund Naturschutz vorsteht, plädierte für einen Schutz von Grünzügen. "Was tut die Stadt dafür?" Mit dem Bürgerpark werde es nichts, die Eigentümergemeinschaft verkaufe den Grund nicht zu einem realistischen Preis, so der OB. Aber auch er wolle das Areal definitiv frei halten. "Ich bleibe dabei." Der Umweltausschuss werde im April dazu beraten. Aber auch wenn in Zukunft ein Konzept der sozial gerechten Bodennutzung Folgekosten für die Stadt abfedern soll, werde man an neuen Gewerbeflächen nicht vorbeikommen. Weil eben viel Baurecht geschaffen wurde und die Folgekosten im städtischen Haushalt da sind, so der OB. "Aber hat die Stadt auch Einfluss, welche Unternehmen sich ansiedeln?", fragte ein Bürger. Und: "Müssen Gewerbeflächen in Dachau-Ost sein?", wollte Angelika Zotz wissen. Tatsächlich werde ergebnisoffen gesucht, so der OB. "Wir nehmen den Stadtplan und zeichnen überall Gewerbefläche ein." Dann würden nach dem Ausschlussprinzip ungeeignete Areale ausgeschieden. "Wir werden einen Kompromiss finden, auch mit Bürgerbeteiligung." Doch Heller, der in der integrativen Stadtentwicklung den engagierten Thementisch Umwelt koordiniert hat, fürchtet um echte Mitsprache. Die Dachauer könnten nur "ja oder nein sagen, eine konzeptionelle Planung wird wohl nicht mehr stattfinden". Stimmt, Bürger werden projektbezogen mitarbeiten, so der OB. Aber auch bei grundsätzlichen Überlegungen, wie einem neuen Flächennutzungsplan. Ein Konzept "Wo in der Stadt sollen Wohnen, Gewerbe, Grünflächen, Schulen hin" müsse dringend erstellt werden. Bisher sei "mal hier, mal da" etwas ausgewiesen worden. Genau diese Planlosigkeit monieren auch die Bürger. Wohngebiete oder das Schulzentrum Augustenfeld wurden geplant. "Aber es gibt keinen Aktionsplan, wo der Verkehr hingeht", sagte Gerhard Maier. Die Schleißheimer Straße sei bereits "mehr als überlastet, alle Grenzwerte sind überschritten."

Neben der städteplanerischen Grundsatzdebatte monierten Bürger auch konkrete Ärgernisse: Angelika Zotz klagt seit Jahren über parkende LKWs am Ende der Roßwachtstraße, ein Bürger kritisierte die fehlende Rechtsabbiegespur am Ende der Sudetenlandstraße, Ampelschaltungen wurden moniert und für die Liegnitzer Straße Tempo 30 gefordert.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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