Entwicklerkonferenz F8:Facebook ist tot und so mächtig wie nie

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Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf der F8 in San Francisco. (Foto: Bloomberg)
  • Facebook stellt seine neue Strategie in San Francisco vor: Der Messenger erhält einen App-Store.
  • Mark Zuckerberg folgt damit Konkurrenten aus Asien.
  • Der Unterschied zwischen den einzelnen Facebook-Apps wird zunehmend unwichtiger.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Offizielle Durchsage: Facebook ist kein soziales Netzwerk mehr. Seine Firma sei "eine Familie von Apps" geworden, verkündete Gründer-CEO Mark Zuckerberg auf der Entwicklerkonferenz F8 in San Francisco.

Gut, dass das nun geklärt ist - ein großes Geheimnis war diese Tatsache ob mehreren Hundert Millionen Nutzern von Whatsapp, Instagram und der App-Auskopplung Facebook-Messenger nicht.

Bekannt ist auch der Hunger von Zuckerbergs App-Familie nach Inhalten, dort verbrachter Zeit und werberelevanten Informationen. Die F8 ist Facebooks jährliches Werben um die Entwickler, neue Rezepte zu entwickeln, um die Nutzer auf seinen Plattformen zu halten.

Der Schritt, den das Ex-Netzwerk dieses Jahr angekündigt hat, wirkt nur auf den ersten Blick revolutionär. Drittanbieter können künftig für Facebook Messenger eigene Apps entwickeln, die Nutzer in einem kleinen Store dort herunterladen können. Erste gezeigte Beispiele sind Programme zum Basteln von GIFs, Comics oder Video-Montagen.

Groß in Japan

Damit ist Facebook kein Vorreiter, sondern bewegt sich in Richtung asiatischer Konkurrenten wie Line oder WeChat, die ihren Messenger schon lange zur Plattform ausgebaut haben. Ihrem Beispiel folgend sollen auch Geschäfte und Marken im Messenger mit Facebook-Nutzern kommunizieren können. Bei der Bestellung eines T-Shirts (die auch per Gefällt-mir-Knopf möglich ist) kann ein Händler zum Beispiel Quittungen und Sendestatus über den Messenger verschicken, Rückfragen beantworten oder mit weiteren Sonderangeboten locken.

Mit 600 Millionen Menschen hat der Messenger einen gewaltigen Nutzerstamm, der für Entwickler und Marken interessant sein dürfte. "Das verkürzt die Zeit, um massiv zu wachsen und eine große Nutzerbasis anzusprechen", erklärte Matt Serletic von Zya, einem Start-up für mit Musik unterlegte Nachrichten der New York Times. Facebook erfährt im Gegenzug mehr über Interessen und Konsumverhalten seiner Mitglieder und kann darauf hoffen, zu einer Shopping-Plattform zu wachsen.

Facebooks geschäftlicher Anker ist mehr denn je die Identität, und hier wird es zunehmend egal, bei welcher der Familienmitglieder ein Nutzer angemeldet ist. Ein Signal: Künftig lassen sich Fotos, Videos und Status-Updates mit einem einzigen Knopfdruck über Facebook, Messenger, Whatsapp und Instagram hinweg teilen.

Das System, an dem niemand vorbeikommt?

Mit einer Entwickler-Software für die Steuerung von Anwendungen im "Internet der Dinge" hat Facebook schon den nächsten Markt zur Verknüpfung der Identität im Blick. Mit der angekündigten Unterstützung von 360-Grad-Videos und der Einbettbarkeit von Facebook-Videos in andere Seiten verstärkt es seine Bewegtbild-Offensive. Und mit der Oculus Rift als Betriebssystem für die virtuelle Realität will die Facebook-Plattform auch in einigen Jahren noch so fesselnd bleiben, dass kein Nutzer auf die Idee kommt, einer der Apps den Rücken zuzuwenden.

Und ganz nebenbei baut Facebook auch noch sein mobiles Werbenetzwerk aus, Anzeigen in Facebook-Apps sollen nun so aussehen können, dass sie von ihrer Umgebung kaum zu unterscheiden sind.

Die Welt jenseits von Facebook schrumpft

Dass es um Werbung geht, wird bei all den Neuerungen häufig vergessen. Hier hat sich der Plan nicht geändert: Facebook will der Eigentümer jener Orte sein, an denen die Welt digital kommuniziert - und damit auch die Bedingungen vorgeben für alle, die Werbung machen oder ihre Ideen, Inhalte und Botschaften präsentieren wollen.

Mit der Marktmacht seiner Apps im Mobilbereich hat das Unternehmen derzeit gute Aussichten, ein schwer ersetzbarer Mittelmann zu bleiben - und notfalls die aufstrebende Konkurrenz weiterhin aufzukaufen. Nebenbei schrumpft der Erfolg der Facebook-Welt auch all das, was unabhängig von ihr existieren möchte.

Erfolg im Netz ist flüchtig, doch ein bisschen ist es mit Facebook wie mit geschäftstüchtigen Familienclans: Erst gehören ihnen ein paar Läden und Restaurants - und irgendwann die ganze Stadt.

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