Nachlese zum Kieler "Tatort":Pass auf, kleine Nachbarin

Tatort Kiel Borowski und die Kinder von Gaarden NDR

Verliebt? Nur vertraut: Sarah Brandt und "Rauschi".

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

In Kiels Problemviertel Gaarden gelten eigene Regeln - für Onnos Jungs, für Borowski und Brandt und für deren Kollege "Rauschi". Warum der Kieler "Tatort" überzeugt: Die Nachlese - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Carolin Gasteiger

Darum geht's:

Soziales Elend im Problemviertel Gaarden. Mitten in einer Plattenbausiedlung feiern verwahrloste Kinder mit dem verwahrlosten Rentner Onno Steinhaus Partys - bis Steinhaus tot aufgefunden wird. Dass er wegen Pädophilie vorbestraft war, scheint in der Nachbarschaft niemanden gestört zu haben. Hier fährt jeder seinen eigenen Film und versucht, über die Runden zu kommen. Und kleine Jungs haben für ihr Alter schon viel mitgemacht. Während Borowski sich die renitenten Bälger vornimmt, hat Sarah Brandt jemand anderen im Visier: Thorsten "Rauschi" Rausch von der Bezirkspolizei. Ein alter Bekannter von früher ("Herr Borowski, das ist doch Rauschi, der beste Freund von Knacki") - oder doch mehr?

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichnender Dialog:

Sarah Brandt und "Rauschi" treffen sich zufällig am Tatort und gehen prompt abends einen trinken, um der guten alten Zeiten willen.

Thorsten Rausch: Ich weiß gar nicht, wie ich Dich damals übersehen konnte.

Sarah Brandt: Lass' stecken. Ich hatte Pickel und Du warst "The Legend".

Thorsten Rausch: Erzähl mir mehr über mich.

Sarah Brandt: Bist Du einer von denen, die sich daran aufgeilen, wie sie mal vor 20 Jahren waren?

Thorsten Rausch: Nur wenn Du's mir erzählst.

Sarah Brandt: Wo soll ich anfangen?

Thorsten Rausch: Na, jetzt mach schon, spuck's aus. Erzähl mal.

Sarah Brandt: Schon blöd, oder? Wenn man nicht weiß, was der andere über einen weiß?

Die besten Zuschauerkommentare:

Die beste Szene:

Sarah Brandt will es wissen. Aus einer Runde Blackjack wird ein Trinkspiel. Wahrheit oder Wahrheit. Mit Fragen wie "Warum bist Du beziehungsunfähig?" tastet sich die Kommissarin vor - und stößt in einer Keksdose auf Rauschis Vergangenheit. Und auf Onno Steinhaus. Als "Rauschi" sie erwischt, zückt Brandt die Waffe, sie rangeln am Boden, schließlich zielt er auf Brandt. Aber dann bricht er in ihren Armen zusammen und weint. Was folgt, ist die Wahrheit.

Top:

Die abgebrühten Jungs aus dem Viertel. Viel Kraftausdrücke, viel Straßenslang, und immer auf Krawall aus. Ihnen kann keiner was. Das wirkt beängstigend überzeugend. Umso mehr, als Regisseur Florian Gärtner tatsächliche junge Laiendarsteller besetzt hat. Gute Entscheidung!

Flop:

Mit cooler Miene, Polizeikappe und Sonnenbrille wirkt "Rauschi" wie die Karikatur eines Vorstadt-Sheriffs. Und dann diese Sprüche! Vor allem dieses "kleine Nachbarin" kann man zum Ende hin einfach nicht mehr hören. In Game of Thrones kommt Tom Wlaschiha besser rüber.

Bester Auftritt:

Amar Saaifan spielt den kleinen Leon Scholz, der sich rührend um Steinhaus' Hund Lassie kümmert, seinen einzigen Freund. Rastlos irren die beiden um den Block, flüchten vor dem hysterischen Gebrüll der Mutter sogar in einen dunklen Keller. Und wenn es sein muss, beißt Leon für Lassie auch die Nachbarin in den Arm. Wirklich berührend.

Die Erkenntnis:

In der tristen, verwahrlosten Welt der Plattenbausiedlung gelten eigene Regeln. Aber Freundschaft gibt es auch dort - und wenn sie nur zu einem vierbeinigen Begleiter besteht.

Die Schlusspointe:

Ängstlich erkundigt sich Leon bei Borowski nach dem Jungen, den er angegriffen hat. "Nein, Hassan ist nicht tot", sagt der Kommissar. Leons Miene hellt sich kurz auf, erleichtert fällt er Borowski um den Hals. Aber eines macht ihm immer noch Sorgen. "Was wird jetzt aus Lassie?" Lassie läuft weg.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: