Empörung über Getränkefirma:"Homosexuelle gehören leider nicht in unsere Zielgruppe"

  • Ein Mann bestellt für sein Lokal Getränke - und bekommt vom Lieferanten eine Absage, weil der nicht an eine Schwulenbar liefern will.
  • Als ein Entrüstungssturm auf Facebook ausbricht, zeigt der Getränkelieferant Einsicht.
  • Die neue Waldmeister-Limonade wird es in der Bar künftig trotzdem nicht geben.

Von Sarah Kanning

"Homosexuelle gehören leider nicht in unsere Zielgruppe" - mit diesem Satz hat eine Füssener Getränkefirma abgelehnt, ihre neue Waldmeister-Limonade an eine Stuttgarter Schwulenbar zu verkaufen. Dabei hatte sie ihnen selbst einen Werbeflyer geschickt.

Eine Brause nur für Heteros?

Als Thomas Drewitz, Betreiber der Boots Westernbar, am Montag Antwort auf seine Getränkebestellung bei der Firma TMW Kern GbR erhielt, stockte ihm der Atem. Denn Markus Kern, Geschäftsführer von TMW Kern, schrieb - offenbar schnell und unter Missachtung der Zeichensetzung: "Nach kurzer Recherche bin ich darauf gestoßen, dass die Boots Westernbar eine Schwulenbar ist kann das sein? In dem Fall wäre es für uns nicht sehr sinnvoll dort erhältlich zu sein." Man arbeite momentan daran, die Marke aufzubauen, da sei die Zielgruppe wichtig. "Man rutscht ganz schnell in eine Schiene und wird damit verbunden."

Erst sei er sprachlos gewesen, sagt Drewitz, der die Bar mit seinem Lebensgefährten Günther Anders betreibt, dann wütend: "So etwas kann doch nicht sein im 21. Jahrhundert." Eine Brause nur für Heteros? Diese Frage stellte Drewitz dann auf Facebook, wo ein Sturm der Entrüstung losbrach. Nutzer und andere Barbetreiber riefen zum Boykott des jungen Unternehmens auf, das seine Limo erst seit Februar vertreibt.

Einsicht: Markenbildung unwichtiger als Menschlichkeit

Die 25 Jahre alten Zwillingsbrüder Markus und Thomas Kern haben sich inzwischen auf Facebook und per E-Mail entschuldigt. Die Aussagen sollten "niemanden verletzen oder beleidigen. Hier waren wir wohl zunächst zu blind zu erkennen, dass jede Markenbildung natürlich unwichtiger ist als Menschlichkeit und Würde", schreiben sie und boten an, der Bar 24 Dosen als Versöhnung zu schenken.

Nachdem Drewitz ablehnte - "die Aussagen in der Mail, so etwas schreibt man nicht einfach so" -, wandten sich die Brüder an den Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) und spendeten ihm 600 Euro. Die Boots Westernbar wird auch künftig Brause und Limo anbieten können, sie hat bereits Angebote anderer Firmen. Potenzielle Abnehmer gibt es genug: Seit dem Brause-Streit ist die Bar, die Drewitz eine "ganz normale Kneipe" nennt, auch unter der Woche voll.

Anmerkung der Redaktion: Wir wurden darauf hingewiesen, dass eine Namensgleichheit zwischen dem Geschäftsführer der Füssener Firma TMW Kern GbR und dem Geschäftsführer des Unternehmens "Gourvita Feinkost" besteht. Letzterer ist im obigen Text nicht gemeint.

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