Konzert:Ein ganz normaler Klangkörper

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Weg vom Stub'n-Tisch: Georg Glasl mit moderner Diskantzither und Martina Koppelstetter (links) und Ruth Geiersberger. (Foto: Veranstalter)

20 Jahre lang hat Georg Glasl, Zither-Professor an der Musikhochschule, seinem Instrument ein Festival ausgerichtet. Das zehnte soll nun das letzte sein

Von Rita Argauer

Buh-Rufe und Konzertsaal-Türen-Knallen. Dass während eines Konzerts im Publikum rebelliert wird, ist völlig aus der Mode gekommen. Ein etwas verhaltenes Klatschen am Ende, Husten dazwischen - so drückt der moderne Konzertbesucher sein Missfallen aus. Dass ausgerechnet die aus dem Fokus der Öffentlichkeit weitgehend verschwundene Zither die Gemüter des Publikums so erregen kann, ist überraschend; aber auch ganz im Sinne von Zitherspieler, -professor und Festivalleiter Georg Glasl. "Das ist schön, wenn die Musik so etwas auslösen kann", sagt er, der Protest des Publikums beim vierten Zither-Festival in München hätte performativ gut in die Gesamtinszenierung gepasst. Damals hatten sich verschiedene zeitgenössische Komponisten der berühmten Zithermusik aus "Der Dritte Mann" angenommen und ihren Assoziationen zum Film freien Lauf gelassen. Das Publikum aber vermisste seinen "Dritten Mann" und beschwerte sich.

In diesem Jahr findet nun das Zither-Festival zum letzten Mal statt. Zehn Mal in 20 Jahren brachte Georg Glasl die verschiedenen Ausprägungen, Stile und Zugänge seines Instruments zusammen, seit zehn Jahren koppelt er einen Nachwuchswettbewerb ans Festival. Alles mit dem Ziel das Instrument, das viele noch weitgehend mit alpenländischer Volksmusik assoziieren, in seiner ganzen Bandbreite - und die reicht immerhin von alter Musik bis zu zeitgenössischen Kompositionen - zu zeigen. "Wir haben mit dem Festival viel erreicht", sagt er, für den Wettbewerb wurden in diesem Jahr 46 Teilnehmer zugelassen, für den Workshop gab es sogar 53 Anmeldungen; die Höchstgrenze. Andererseits studieren derzeit nur sechs Menschen Zither in Glasls Klasse an der Münchner Musikhochschule. "Die Zither hat immer noch ein Nachwuchsproblem", sagt er, "es muss eine Basis geschaffen werden, damit sich die junge Generation dieses Instruments wieder annimmt."

Das war nicht immer so: Um die Jahrhundertwende gab es rund 70 Zithervereine in München, fast in jedem Haushalt lernte jemand das Instrument. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind diese Zahlen eingebrochen - weil das Volksmusikinstrument ein wenig von der Nazi-Ideologie belastet war. Aber auch, weil es außerhalb der Haus- und Volksmusik nicht im Musikleben, etwa als Orchesterinstrument, verankert ist. Doch auch das änderte sich; auch wegen Glasls Engagement: Es gibt immer mehr Kompositionen für Zither und Orchester, während beim diesjährigen Festival unter anderem das Landeszitherorchester Baden-Württemberg auftreten wird - um die 20 Musiker, die mit Zithern in allen Lagen, von der Quintzither, über die herkömmliche Diskantzither zur Basszither zeitgenössische Werke von Frederik Schwenk spielen werden. Hinzu kommen Künstler wie Georg Ringsgwandl, Josef Brustmann und Marianne Sägebrecht mit ihren "Sterbeliedern" oder die Zither-Experimentiererin Lissie Rettenwander. Traditionelles Zitherspiel mit dem Duo Hornsteiner-Kriner trifft auf die Vermischung einer mikrotonalen Zither mit Elektronik im "Erratischen Block" von Leopold Hurt.

Über die Jahre gab es etwa um die 70 Uraufführungen, womit Glasl ein weiteres Ziel erfüllt sieht: "Es gibt nun mehr Literatur", sagt er, Noten, die editiert sind, gespielt und weitergegeben werden. Und es steigt die Zahl der jungen Menschen, die sich dem Instrument unvoreingenommen nähern, es als normalen Klangkörper nutzen. Die zehnte Ausgabe des Zither-Festivals ist nicht retrospektiv angelegt, es wird ein Programm präsentiert, das die Gegenwart und die Geschichte des Instruments thematisiert. Höhepunkt ist das "Horizontflimmern" am Samstagabend. Eine Nacht lang wird die Zither in ihrer ganzen Bandbreite gezeigt. Mit von der Partie neben den schon genannten Namen auch die Münchner Volkssänger: "Karl Valentin hat ja viele Instrumente gespielt, aber gelernt hat er nur die Zither", erklärt Glasl den Bezug, den er auch in Valentins Querdenken sieht: "Nur wer das Instrument von verschiedenen Seiten betrachtet, findet den richtigen eigenen, innovativen Weg."

Zither 10 , Freitag, 27. bis Sonntag, 29. März, Gasteig, Rosenheimer Str. 5, Programm unter www.zither10.de

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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